Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Marode Schulgebäude in Berlin: Schwamm drüber
> Eine Sanierung wäre zu teuer, daher wird eine Grundschule in Kaulsdorf
> abgerissen. Der Neubau ist ein Provisorium – für 50 Jahre.
Bild: Hier muss jetzt was neues aufgebaut werden.
Serpula lacrymans hat gesiegt: Die Franz-Carl-Achard-Grundschule in
Kaulsdorf ist derart massiv vom Holzschwamm befallen, dass sie abgerissen
werden muss. Lediglich ein Gebäudeteil, in dem bisher die Hortkinder
untergebracht waren, könne erhalten bleiben und werde nun von der
Schulleitung genutzt, sagte der Bezirksamtssprecher von
Marzahn-Hellersdorf, Frank Petersen.
Eine Sanierung des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes hätte laut Bezirk bis
zu 16 Millionen Euro gekostet. Nun wird für 6 Millionen Euro abgerissen und
neu aufgebaut. Allerdings nicht aus massivem Stein, sondern aus schnell
zusammenbaubaren und weitaus billigeren Fertigbetonteilen. Zudem sollen
bereits Ende 2017 die SchülerInnen, die derzeit in der benachbarten
Marcana-Schule untergekommen sind, wieder in ihre neue, alte Schule
einziehen können.
## Modulare Fertigbauten
Bisher haben die Fertigschulbauten, im Senatssprech heißen sie modulare
Ergänzungsbauten, herkömmliche Schulbauten lediglich um zusätzliche
Klassenräume erweitert. Nun werden sie bei der Achard-Grundschule aber zur
Hauptsache: In den architektonisch wenig ästhetisch an Container
erinnernden Gebäuden sollen die Unterrichts- und Horträume für alle 380
SchülerInnen Platz finden.
Damit wird in Berlin erstmals eine Schule beinahe komplett – mit Ausnahme
der Büros für die Verwaltung und die Schulleitung – als Ergänzungsbau neu
errichtet. Dabei ist die Fertigschule keinesfalls eine kurzfristige
Zwischenlösung: Man rechne mit einer „Standzeit von ungefähr 50 Jahren“, …
Bezirkssprecher Petersen.
Der Kaulsdorfer Fall könnte Schule machen. Die Bezirke klagen seit Jahren
über fehlende Gelder für Schulsanierungen. Hinzu kommen steigende
Schülerzahlen, bis 2030 wächst Berlins Schulbevölkerung um mindestens 20
Prozent. Die Bezirke sind also gehalten, möglichst kostengünstig und
schnell zu bauen.
Wie das aussehen wird, hatte bereits Bildungssenatorin Sandra Scheeres
(SPD) zu Anfang des Schuljahres vorgerechnet: Im nächsten Jahr sollen sich
die Ausgaben für die Fertigschulen von derzeit 37 Millionen Euro für zehn
Bauvorhaben auf 66 Millionen für 17 Baustellen mehr als verdoppeln.
## Schüler müssen nicht mehr pendeln
Berlins oberster Elternvertreter Norman Heise lobte die Baupläne: „Wir
brauchen die Schulplätze dringend im Bezirk, die Kinder können nicht sechs
Jahre auf eine Sanierung warten.“ Insbesondere das Pendeln mit den
BVG-Bussen zur 10 Kilometer entfernten Marcana-Schule sei für die
SchülerInnen eine tägliche Belastung, sagt der Chef des
Landeselternausschusses (LEA), der auch Mitglied im Bezirkselternausschuss
Marzahn-Hellersdorf ist.
Eine Belastung ist die Pendelei übrigens auch für die Haushaltskasse des
Bezirks: Pro Tag koste der Chauffeurdienst 2.730 Euro, sagt Bezirkssprecher
Petersen. Unklar ist derzeit noch, wo das Mittagessen genau stattfinden
soll. Denn die Fertigbauten bieten lediglich Platz für Klassen- und
Horträume – je nach Modulgröße entweder für 12 oder für 24 Räume.
„Wahrscheinlich wird aber die Mensa auch in dem ehemaligen Hortgebäude
eingerichtet werden“, sagt Petersen.
Auch auf eine eigene Turnhalle müssen die Achard-SchülerInnen wohl
weiterhin verzichten: Die alte Halle ist bereits seit 2013 wegen
Baufälligkeit gesperrt und werde nun gleich mit abgerissen, wie der Bezirk
mitteilt. Ein Neubau habe jetzt mit Blick auf die fehlenden Klassenräume
„nachgeordnete Priorität“. Zudem verfüge die Schule ja über einen
Außensportplatz.
## Erstmal nur ein Einzelfall
Als Blaupause für künftigen Schulneubau will LEA-Chef Heise den Fall
Achard-Schule aber nicht denken. „Das war die richtige Lösung – im
Einzelfall“, betont er. Bei den Ergänzungsbauten fehlten strukturell
Räumlichkeiten für Mensa und Ruheräume – und auch die architektonische
Anmutung sei wenig ansprechend. Sanierungszeiten von sechs Jahren seien
aber auch nicht hinnehmbar: „Da muss man überlegen, ob man nicht das
Konzept der Ergänzungsbauten erweitern kann, sodass vollwertigere
Schulbauten entstehen.“ Das wolle man nun zunächst in den Elterngremien und
dann auch mit den politisch Verantwortlichen in Bezirk und Senat
diskutieren.
Im September war die Kaulsdorfer Schule nur drei Tage nach Ende der
Sommerferien gesperrt worden: Nachdem nach drei Klassenräumen auch ein
Treppenhaus wegen Schwammbefalls geschlossen werden musste, fehlte ein
Fluchtweg, der Brandschutz war nicht mehr gegeben. Zufällig war in der 10
Kilometer entfernten Marcana-Gemeinschaftsschule gerade ein Gebäudeteil
fertig saniert worden. Und die Marcana-SchülerInnen? Die rückten im alten
Gebäudeteil ein bisschen enger zusammen.
19 Nov 2015
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Grundschule
Wohncontainer
Neubau
Schule
Bildungspolitik
Schulstart
Schule
Schule
## ARTIKEL ZUM THEMA
Sanierung der Berliner Schulen: Sauber durchgerechnet
Fünf Milliarden Euro beträgt derzeit der Sanierungsbedarf. In zehn Jahren
sollen die schlimmsten Probleme behoben sein.
Grundschulen in Berlin: Mischung? Kommt nicht in die Tüte!
Mitte weicht die sogenannte Sprengellösung bei der Einschulung weiter auf.
Das Projekt, das mehr soziale Durchmischung bewirken sollte, hat nicht
funktioniert.
Unterrichtsbeginn in Berlin: Schulen noch im Ferienmodus
Am Montag steckten viele Schulen noch in Reparaturarbeiten fest. Das
verschärft vielerorts das Platzproblem durch die gestiegenen Schülerzahlen.
Interview mit Rektorin zum Schulanfang: „Wir sind am Limit“
Am Montag beginnt die Schule – und es wird eng in den Klassenzimmern. Ein
Gespräch über Lernen in der Garderobe und Mittagessen am Nachmittag.
Schulbeginn in Berlin: Schülern fällt die Decke auf den Kopf
Wenn am Montag das Schuljahr beginnt, wird es genügend Raum und
Lehrpersonal geben, verspricht die Bildungssenatorin. Doch viele Gebäude
sind baufällig.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.