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# taz.de -- Kommentar Polizeieinsatz bei Stuttgart 21: Gesten der Reue gefragt
> Das Urteil zum Polizeieinsatz könnte Gegner und Befürworter des
> Bauprojekts zusammenführen. Winfried Kretschmann sollte sich
> entschuldigen.
Bild: Optimistisch: Dietrich Wagner erblindete fast durch den Polizeieinsatz.
Das Urteil hätte kaum klarer ausfallen können: Der knüppelharte
Polizeieinsatz am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten war nicht
nur unangemessen, sondern komplett rechtswidrig. Der Spruch des Stuttgarter
Verwaltungsgerichts in seiner Eindeutigkeit ist ein Signal weit über die
Grenzen von Baden-Württemberg hinaus.
Das Gericht hat sehr deutlich daran erinnert, dass die Versammlungsfreiheit
auch dann gilt, wenn eine Demonstration spontan entsteht und zumindest
teilweise eine Blockade von staatlichem Handeln bedeutet. Das ist zwar
geltendes Recht, war aber offenbar nicht jedem verantwortlichen Polizisten
klar.
Übrigens erinnert uns das Urteil auch daran: Dass Bürger vor Gericht, wenn
auch spät, ihre Bürgerrechte gegenüber der Polizei durchsetzen können, ist
in diesem Land glücklicherweise die Regel. Rechtsstaatlichkeit gehört zu
jenen Werten, die wir trotz Terrorgefahr und des verhängten
Ausnahmezustands in Nachbarstaaten nicht zur Diskussion stellen dürfen.
Vor allem – und eine paar Nummern kleiner – ist das Urteil eine gute
Nachricht für die Gegner und Kritiker von Stuttgart 21. Nach dem
Volksentscheid der grün-roten Regierung und Heiner Geißlers (CDU)
Mediationsversuch ist es der entscheidende Schritt, um Gegner und
Befürworter des Milliardenprojekts ein Stück zusammenzuführen. Der Bahnhof
wird zwar gebaut, aber die Mittel unter einem Ministerpräsidenten Mappus
waren nicht nur politisch falsch, sie waren – zumindest was den Schwarzen
Donnerstag angeht – auch rechtswidrig.
Jetzt wären Gesten der Reue angebracht. Die Regierung Kretschmann hat das
Verfahren mit den gleichen Argumenten und dem gleichen Anwalt geführt wie
zuvor die schwarz-gelbe. Sie bestand darauf, dass die Polizei richtig
gehandelt habe. Das kann man zur Not mit der Schutzpflicht des Staats
gegenüber seinen Polizeibeamten erklären, die ja auch Wähler sind.
Jetzt, nach dem Richterspruch sollte sich Winfried Kretschmann, der selbst
immer ein Gegner des Bahnhofsprojekts war, im Namen des Landes bei den
Opfern entschuldigen und eine schnelle, unbürokratische und angemessene
Schmerzensgeldregelung auf den Weg bringen. Sonst bleibt das Urteil eine
leere Behauptung.
18 Nov 2015
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Schwerpunkt Stuttgart 21
Winfried Kretschmann
Polizei
Bahnhof
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S21
Dietrich Wagner
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