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# taz.de -- Silvio-Meier-Demo in Berlin am Samstag: „Den Burgfrieden in Marza…
> Erstmals zieht die traditionelle Silvio-Meier-Demo durch den fernen
> Osten. Weil die Initiativen dort dringend Unterstützung brauchen, sagen
> die Organisatoren.
Bild: Gilt als traditionell attraktiv für junge Antifas: Silvio-Meier-Demo, hi…
taz: Herr Friedlich, bisher war jedes Jahr klar: Die Silvio-Meier-Demo
findet dort statt, wo Silvio Meier 1992 ermordet wurde, also in
Friedrichshain rund um den U-Bahnhof Samariterstraße. Warum brechen Sie
jetzt mit dieser Tradition und gehen stattdessen nach Marzahn?
Maik Friedlich: Wir sind ja früher schon einmal vom Ostbahnhof und einmal
in Lichtenberg gestartet. Aber richtig: So weit weg von der Samariterstraße
wie am kommenden Samstag waren wir noch nie.
Aber warum in diesem Jahr?
Wir verfolgen die Situation in den Randbezirken schon länger und sind
überzeugt, dass die Situation in Marzahn nach einer antifaschistischen
Intervention verlangt. Schon 2013 gab es in Hellersdorf die
Antiheimproteste; seit dem vergangenen Herbst hat sich das dann in Marzahn
fortgesetzt. Und auch wenn die Proteste kleiner geworden sind, gibt es sie
immer noch. Bekannte Neonazis versuchen, dort den Kiez zu prägen. Fast
täglich gibt es Angriffe auf Geflüchtete oder Linke. Und in diesem Herbst
wurden bereits mehrere Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte unternommen.
Da wollen wir hin, auch um die linken Strukturen vor Ort – die es ja gibt –
zu stärken.
Ist das eine Kampfansage an die Marzahner Bevölkerung?
Nein. Es ist eine Kampfansage an die Neonazis dort und sicher auch eine
Ansage gegen das weit verbreitete Schweigen, das leider viele der rechten
Aktionen dort begleitet. Da geht es schon darum, diesen Burgfrieden zu
stören und die Leute aufzuschrecken. Aber wir wollen natürlich auch mit
Leuten vor Ort ins Gespräch kommen, auch außerhalb der linken Szene.
Eine Antifa-Demo als Gesprächsangebot? Das hört sich nicht gerade sehr
erfolgversprechend an.
Es geht ja nicht nur um die Demo. Wir finden, dass die linken Strukturen in
Marzahn insgesamt ziemlich allein gelassen worden sind von den
Innenstadtlinken, und das wollen wir ändern – dafür ist die Demo quasi der
Startschuss. Wir haben Tausende Flyer in den Häusern entlang der Demoroute
verteilt, und darauf haben wir Reaktionen aus der Anwohnerschaft bekommen –
auch negative natürlich, aber nicht nur. Man darf nicht vergessen, dass die
Silvio-Meier-Demo gerade auch für junge Leute attraktiv und
identitätsstiftend ist. Wir glauben, dass sich auch Jugendliche in Marzahn
davon angesprochen fühlen können. Und: Wir haben den Beginn der Demo extra
vorverlegt, weil wir ja schon wissen, dass wir im Hellen anders wirken als
im Dunkeln.
Trotzdem: Nach der Demo werden die meisten TeilnehmerInnen Marzahn wieder
den Rücken kehren. Welche Ideen haben Sie für eine langfristige Arbeit
dort?
Marzahn ist ein Arbeiterbezirk, in dem knapp 20 Prozent die Linke wählen.
Wir glauben, dass es dort Leute gibt, die für linke Ideen empfänglich sind
– man muss halt nur erst mal ins Gespräch kommen. Und es gibt ja – wie
gesagt – auch schon Leute, die vor Ort antifaschistische Arbeit machen. Die
muss man natürlich unterstützen. Stadtteilversammlungen, die unabhängig von
staatlichen Institutionen durchgeführt werden, könnten da eine Möglichkeit
sein. Außerdem müssen die Willkommensiniativen dort politisiert werden. Die
Leute merken ja gerade, dass vom Staat keine Hilfe zu erwarten ist. Das ist
auch ein guter Ansatzpunkt.
Rechte Gewalt richtet sich momentan vor allem gegen Flüchtlinge. Inwiefern
spielt das auf der Demonstration eine Rolle?
Wir haben uns viele Gedanken gemacht, inwiefern der Fokus dieses Jahr auch
noch mal ein anderer ist, und versuchen das Kernthema der Demo – also die
Gewalt gegen Linke – auf jeden Fall in diese Richtung zu erweitern.
Allerdings ist uns auch klar, dass diese Demo sehr stark im Blick der
Repressionsbehörden steht. Das heißt, wir laden natürlich Geflüchtete ein,
an der Demo teilzunehmen – aber eben mit der Einschränkung, dass zum
Beispiel für Illegalisierte da ein Risiko besteht.
Im Moment gehört die Straße in Marzahn eher den Rechten. Erwarten Sie, dass
es bei Ihrer Demo Auseinandersetzungen geben wird?
Wir denken schon, dass es sehr viel Unmut im rechten Milieu über diese
Aktion gibt. Da kann man damit rechnen, dass es Störversuche und Angriffe
geben wird. Für uns als Bündnis gilt: Wir wollen die Demo bis zum Ende
durchführen, wir werden uns nicht provozieren lassen, und von uns geht
keine Eskalation aus.
21 Nov 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
## TAGS
Silvio Meier
Schwerpunkt Antifa
Demonstrationen
Antifaschismus
Statistik
Schwerpunkt Antifa
Hausprojekt
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