# taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Steinmeier, Sawinkow, Assad | |
> Wenig kontrovers entwickelte sich eine Veranstaltung mit | |
> Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier zum Thema Syrien. | |
Bild: Eine Chronik der verpassten Chancen sah Außenminister Frank-Walter Stein… | |
Von einer Chronik der verpassten Chancen sprach Bundesaußenminister | |
Frank-Walter Steinmeier vergangene Woche in Berlin. Anlässlich einer | |
deutsch-israelischen Gesprächsveranstaltung im Babylon – ein | |
Veranstaltungsort, der derzeit wegen schlechter Bezahlung seiner | |
Arbeitskräfte bestreikt wird – kritisierte der Sozialdemokrat die USA und | |
deren frühere Nahostpolitik. | |
In der Diskussion mit Kulturschaffenden wie Andres Veiel (“Der Kick“) und | |
Ari Folman (“Waltz with Bashir“) meinte Steinmeier, die US-amerikanische | |
Zuordnung zur „Achse des Bösen“ habe Syrien in Richtung Iran getrieben, sei | |
also Teil des Problems. Steinmeier sah 2006 eine Alternative. Damals, in | |
seiner ersten Phase als Außenminister reiste er trotz internationaler | |
Proteste zu Verhandlungen nach Damaskus. Heute, nach 5 Jahren Bürgerkrieg, | |
so Steinmeier, reife die Erkenntnis wieder, das man mit Assad sprechen | |
müsse, wolle man eine Beruhigung des Konflikts erreichen. | |
Selbstverständlich, könnte man ihm antworten – wie es auf dem zerfaserten | |
Podium in Berlin mit der Betroffenheitsprosaistin Esther Dischereit leider | |
niemand tat. Aber im Sinne einer Schriftstellerin wie Samar Yazbek (“Die | |
gestohlene Revolution. Reise in mein zerstörtes Syrien“, Hanser 2015). Der | |
Aufstand brach in Syrien ja los, weil diejenigen die mit Assad über die | |
Probleme seiner Herrschaft reden wollten, Kugeln zur Antwort bekamen. | |
Heute 250.000 Tote, Zehntausende Verschwundene und Millionen Vertriebene | |
später, was gibt es da noch zu verhandeln? Die Modalitäten für Assads | |
Abgang vielleicht. Für alles andere sind die begangenen Verbrechen zu | |
monströs. Bei solch entgrenzter Staatsgewalt wirken die Bezüge auf so | |
unterschiedliche Kunstwerke wie Folmans „Waltz with Bashir“ | |
(israelisch-libanesischer Krieg), Veiels „Kick“ (Neonazi-Gewalt in | |
Brandenburg) oder Dischereits „Blumen für Otello“ (NSU-Komplex) eher | |
merkwürdig. | |
Syrien ist von Thüringen und dem NSU etwa gleich weit weg, wie ein Boris | |
Sawinkow vom IS. Sawinkows „Das fahle Pferd“, ein literarisches | |
Schlüsseldokument der sozialrevolutionären Gewalt um 1900, hat gerade der | |
Galiani Verlag neu veröffentlicht. Aber man hüte sich bitte auch hier vor | |
falschen Vergleichen. | |
10 Nov 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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