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# taz.de -- DFB und WM-Vergabe 2006: „Wie ich das sehe, lügt Niersbach“
> Der Druck auf DFB-Präsident Niersbach wächst. Sein Vorgänger lässt
> prüfen, wer sich bei der WM-Vergabe für 2006 strafbar gemacht hat.
Bild: Da war die Welt noch rund: Am 11. November 2013 verleiht Wolfgang Niersba…
Berlin taz | Wer sich die Welt nur mit dem erklären mag, was der Deutsche
Fußball-Bund auf seiner Website verlautbart, der konnte sich am gestrigen
Freitagmittag auf ein geruhsames Wochenende vorbereiten: Wer am Dienstag
beim Topspiel im DFB-Pokal als Schiedsrichter benannt wurde, war genauso zu
lesen wie das Porträt eines Stürmers der 3. Liga und dass es noch Tickets
für das Frauenländerspiel gegen die Türkei in Sandhausen gibt.
Nicht mal die Gala zur Eröffnung des Deutschen Fußballmuseums in Dortmund
am Freitagabend war dfb.de eine Meldung wert, was vielleicht daran liegt,
dass dort Wolfgang Niersbach auftrat. Der hatte sich vorab auf einer
Präsidiumssitzung der Kritik seiner Funktionärskollegen stellen müssen. Vor
allem die gleichermaßen schlechte wie schlichte Informationspolitik wird
ihm angelastet: etwa dass der DFB, einen Tag bevor in der vergangenen Woche
der Spiegel mit seinen Enthüllungen herauskam, in einer Pressemitteilung
behauptet hatte, er selbst habe sich doch „in den vergangenen Monaten
intern“ um Aufklärung bemüht.
Zu vernehmen war nach der Sitzung eine Erklärung des DFB-Vizepräsidenten
Reinhard Rauball, der zugleich dem Ligaverband vorsteht: „Es ist für den
gesamten deutschen Fußball unerlässlich, dass die ganze Wahrheit ans Licht
kommt, auch wenn sie zu schmerzhaften Erkenntnissen führen sollte.“ Das
wurde zwar in einer DFB-Pressemitteilung als Rückenstärkung für Niersbach
dargestellt, aber auf dfb.de tauchte das auch nicht auf.
Vielleicht waren Niersbach und seine bizarren Medienauftritte dem
Onlinedienst seines Verbandes auch deswegen keine Notiz wert, weil man in
der Frankfurter Zentrale so sicher nicht sein kann, wie lange Niersbach
noch präsidiert. Die Buchmacher von betsafe.com rechneten nämlich
Niersbachs Chance, im Amt zu bleiben, nicht gerade optimistisch aus: Wer
darauf setzt, dass Niersbach bis zum Jahresende zurücktritt, kriegt
faktisch gerade mal den Wetteinsatz raus, 1,30 beträgt die Quote. Auch,
wenn Niersbach innerhalb der nächsten Woche abtreten muss, wird dies für
Wetter keinen großen Gewinn bedeuten: Die Quote beträgt 2,00.
## Schwaches Dementi
Und beim Spiegel kam der DFB nicht mal mit dem schwachen Instrument der
Gegendarstellung durch. Er wollte nach Informationen des Onlinedienstes
Meedia durch seinen Medienanwalt Christian Schertz Darstellungen des
Nachrichtenmagazins in gleich vier Fällen dementieren lassen, die alle den
Vorwurf des Stimmenkaufs für die WM betrafen. Der Spiegel-Verlag lehnte
eine Veröffentlichung jedoch ab.
Vielmehr legt der Spiegel nach: In seiner heute erscheinenden Ausgabe
erklärt Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger: „So wie ich das sehe, lügt
Niersbach.“ Es sei, so Zwanziger, „eindeutig, dass es eine schwarze Kasse
in der deutschen WM-Bewerbung gab.“ Davon wisse Niersbach „nicht erst seit
ein paar Wochen“, wie dieser noch in seiner verunglückten Pressekonferenz
am Donnerstag behauptet hatte, „sondern schon seit mindestens 2005“.
Nach Spiegel-Informationen hat Zwanziger ein anwaltliches Gutachten
erstellen lassen, ob sich Niersbach strafbar gemacht hat, als er im Jahr
2005 sein Kürzel unter die umstrittene 6,7-Millionen-Euro-Überweisung
setzte. Ob Niersbach das wirklich abgezeichnet hat, ist bislang unklar.
## Widersprüchliche Aussagen
In dem Dossier von Zwanzigers Anwalt soll es auch um die Rolle von Franz
Beckenbauer gehen. Es heißt dort, Beckenbauer habe dem früheren Adidas-Chef
Robert Louis-Dreyfus einen Schuldschein „auf sich persönlich ausgestellt“.
Dieses Papier habe Beckenbauer „in seiner Tätigkeit im Rahmen der Bewerbung
für die WM 2006“ unterzeichnet.
Genau das hatte Niersbach auf seiner Pressekonferenz eindeutig bestritten:
Der ganze Vorgang der Louis-Dreyfus-Millionen habe definitiv nichts mit der
Bewerbung Deutschlands um die WM zu tun gehabt, sondern sei später erfolgt.
Zwanziger berichtet im Spiegel des Weiteren, er habe mit dem ehemaligen
Vizepräsidenten des Organisationskomitees, Horst R. Schmidt, telefoniert,
der ihm gesagt habe, die ominösen Louis-Dreyfus-Millionen seien an Mohamed
Bin Hammam gegangen. Der Unternehmer aus Katar wollte 2011 für das Amt des
Fifa-Präsidenten kandidieren, wurde aber wenige Monate später wegen des
Verdachts, er habe Stimmen gekauft, lebenslang gesperrt.
23 Oct 2015
## AUTOREN
Martin Krauss
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