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# taz.de -- Razzia beim DFB: Wo ist das Geld geblieben?
> Mehr als 50 Steuerfahnder durchsuchen die DFB-Zentrale – und die
> Wohnungen von Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger.
Bild: Stehen gemeinsam unter Verdacht: Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach
Inhaftierte Fußballfunktionäre – bis vor Kurzem war das etwas nahezu
Unvorstellbares in Deutschland. Im Unterschied zu den korrupten Cliquen im
internationalen Fußball galten die DFB-Vertreter allesamt als Ehrenmänner.
Angesichts der jüngsten Meldungen kann man nun den Eindruck gewinnen, dass
es bald ein Kommen und Gehen in deutschen Gefängnissen geben wird.
Denn gerade hat Uli Hoeneß, der einstige Präsident des FC Bayern München,
den Antrag auf Gewährung der Halbstrafe abgegeben und könnte Anfang März
aus der JVA Landsberg entlassen werden. Knapp 30 Millionen Euro Steuern
hatte er beim Zocken an den Börsen hinterzogen. Unterdessen stehen der
aktuelle DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, sein Vorgänger Theo Zwanziger
und der ehemalige DFB-Generalsekretär Horst Schmidt im Zentrum der
Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft.
Es geht um die rätselhaften 6,7 Millionen Euro, die sich der DFB beim
ehemaligen Adidas-Chef Dreyfus geborgt hatte und die an die Fifa
weitergeflossen sein sollen. Am Dienstagmorgen durchkämmten deshalb um 9
Uhr 50 Beamte der Steuerfahndung die DFB-Zentrale an der
Otto-Fleck-Schneiße in Frankfurt sowie die Privatwohnungen von Niersbach,
Zwanziger und Schmidt.
Die Staatsanwaltschaft wirft den führenden DFB-Akteuren vor, für falsche
Steuererklärungen für das Jahr 2006 verantwortlich zu sein. Körperschafts-
und Gewerbesteuern sowie der Solidaritätszuschlag sollen dadurch „in
erheblicher Höhe“ gekürzt worden sein. Die 6,7 Millionen Euro seien für
eine Kostenbeteiligung an einem Kulturprogramm im Rahmen der WM als
Betriebsausgabe steuermindernd geltend gemacht worden, „obwohl ihr
tatsächlich ein anderer Zweck zugrunde lag und die Zahlung daher nicht als
abzugsfähige Betriebsausgabe hätte geltend gemacht werden dürfen“, wie die
Staatsanwaltschaft schrieb. Bei hinterzogenen Steuern in Millionenhöhe
sieht der Gesetzgeber Haftstrafen vor.
Niersbach hatte kürzlich auf einer Pressekonferenz erklärt, im Zuge der
Ausrichtung der Weltmeisterschaft 2006 habe man sich durch die Zahlung der
6,7 Millionen Euro an die Fifa deren Unterstützung in Höhe von umgerechnet
170 Millionen Euro gesichert. Er stützte sich in seiner Darstellung auf
Aussagen von Franz Beckenbauer, der damals Chef des
WM-Organisationskomitees war.
Theo Zwanziger dagegen hatte berichtet, Günter Netzer habe ihm bei einem
persönlichen Treffen 2012 in Zürich erzählt, mit den ominösen 6,7 Millionen
Euro seien die vier asiatischen Stimmen gekauft worden, um den Zuschlag für
die WM 2006 zu erhalten. Netzer weist diese Behauptung zurück und will nun
gegen Zwanziger juristisch vorgehen, weil dieser sich weigerte, seine
Aussagen zurückzunehmen.
## Sich gegenseitig ins Zwielicht rücken
Niersbach und Zwanziger haben zuletzt keine Mühen gescheut, sich
gegenseitig ins Zwielicht zu rücken. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt geht
nun gegen beide gleichermaßen vor. Allerdings finden die staatlichen
Ermittlungen lediglich auf der Grundlage des Steuerrechts statt. Die
Tatvorwürfe der Untreue sowie der Bestechung im internationalen
Geschäftsverkehr, ließ die Frankfurter Behörde am Dienstag wissen, würden
wegen der Verjährungsfristen nicht weiter verfolgt werden.
Für Niersbach mag der Vorwurf der Steuerhinterziehung indes nicht so schwer
wiegen. Bereits im Fall Hoeneß fiel er durch seine recht liberale Haltung
auf. Als die Staatsanwaltschaft München bereits Anklage erhoben hatte,
erklärte der DFB-Präsident im August 2013: „Ich sage offen: Ich würde ihm
als Freund wünschen, dass er seine großartige Arbeit für den FC Bayern
fortsetzen kann.“ Und vor einem Jahr erklärte er zu den
Zukunftsperspektiven von Hoeneß im deutschen Fußball: „Ich denke, der Tag
kommt, dass sich sprichwörtlich die Türen wieder öffnen.“
Wolfgang Niersbach könnte beim DFB bald vor verschlossenen Türen stehen,
sollte ein Verfahren gegen ihn angestrengt werden. Der Verband selbst
betonte in einer knappen Mitteilung, bei den Ermittlungen ginge es
ausschließlich um eine Steuerstraftat, und der DFB sei nicht Beschuldigter
des Verfahrens. Die Schuldfrage wird also bereits individualisiert. Der
Verband rückt weiter ab von seinen Führungspersönlichkeiten. Ausführlich
dagegen würdigte er auf seiner Website den 70. Geburtstag von Gerd Müller,
dem „Bomber der Nation“. Doch aus der Affäre gibt es kein Entkommen.
Jenseits steuerrechtlicher Vergehen liegt beim Deutschen Fußball-Bund
gewiss noch reichlich Sprengstoff begraben.
3 Nov 2015
## AUTOREN
Johannes Kopp
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