| # taz.de -- Sexsklaverei im Japan der Kriegszeit: Aufarbeitung soll beschleunig… | |
| > Tausende Frauen aus Südkorea mussten sich prostituieren. Der Streit über | |
| > die Vergangenheit belastet die Beziehungen beider Länder. | |
| Bild: Lee Ok-sun, ehemalige Zwangsprostituierte in Japan, hält ein Bild von si… | |
| SEOUL taz | Als der deutsche Bundespräsident vor wenigen Wochen Südkorea | |
| besuchte, säumten Hunderte schwarz-rot-goldene Flaggen das Zentrum von | |
| Seoul. An diesem Montagmorgen dominiert jedoch vor allem das Neongelb der | |
| Polizeiwesten. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe ist in der Stadt – und | |
| die südkoreanischen Gastgeber wollen die ohnehin angespannte Beziehung | |
| nicht noch durch eskalierende Proteste verschlimmern. | |
| Um den miserablen Ruf der japanischen Regierung in Südkorea zu begreifen, | |
| reicht ein Blick auf die regelmäßigen Umfragen, in denen Abe meist weniger | |
| Zustimmung erhält als Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un. Auch militärisch | |
| wird Japan als größere Gefahr gesehen als die nuklear gerüstete Diktatur im | |
| Norden. Die Gründe dafür reichen über 70 Jahre zurück. Doch erst am | |
| Mittwoch wurden sie erneut in Seouls Regierungsviertel in Erinnerung | |
| gerufen. | |
| In einem Park ließ die Stadtregierung eine Bronzestatue einweihen: Zwei | |
| Schulmädchen sitzen dort mit anklagendem Gesichtsausdruck auf einem Stuhl. | |
| Sie sollen an das Schicksal der bis zu zweihunderttausend Mädchen erinnern, | |
| die Japans kaiserliche Armee im Zweiten Weltkrieg meist aus Korea mit | |
| falschen Versprechungen oder Gewalt in die Zwangsprostitution getrieben | |
| hatte. | |
| Inzwischen leben nur noch 50 von ihnen, die meisten in einem Heim bei | |
| Seoul. Längst ist das Schicksal der Zwangsprostituierten wissenschaftlich | |
| dokumentiert, doch eine grundlegende Entschuldigung und eine Entschädigung | |
| blieb ihnen von Japan verwehrt. Politiker aus Abes Partei diffamierten die | |
| Frauen immer wieder als gewöhnliche Prostituierte. | |
| ## Ökonomischer Zugzwang | |
| Beim ersten bilateralen Treffen seit über dreieinhalb Jahren haben sich | |
| Südkoreas konservative Präsidentin Park Geun-hye und Abe am Montag darauf | |
| geeinigt, die Gespräche zur Aufarbeitung der Sexsklaverei und weiterer | |
| japanischer Kriegsverbrechen zu beschleunigen. Viel mehr an Substanz gab | |
| das eineinhalbstündige Gespräch nicht her. Doch allein, dass sich die | |
| beiden zivilisiert an einen Tisch gesetzt haben, gilt als kleiner Erfolg – | |
| zumal sie sich dabei auch zur Absicht durchgerungen haben, die Gespräche | |
| weiter aufrechtzuerhalten. | |
| Lange konnten es sich Park und Abe in ihren Animositäten bequem machen. Sie | |
| bedienten damit auch Ressentiments im Volk. Doch je düsterer Südkoreas | |
| Wirtschaftsprognosen ausfielen, desto mehr wuchs der Druck auf Park, | |
| zumindest den ökonomischen Austausch mit der früheren Kolonialmacht zu | |
| verbessern. Ausgerechnet China könnte dabei als Katalysator dienen: Nachdem | |
| sich das sinojapanische Verhältnis kürzlich etwas entspannt hat, fürchtete | |
| Südkorea das Nachsehen. | |
| Und doch wurde Japans Regierungschef alles andere als warm empfangen: Im | |
| Gegensatz zu dem Sonntag aus China angereisten Li Keqiang gab es für Abe | |
| keine Fanfaren und keinen offiziellem Staatsempfang. Selbst ein | |
| anschließendes Mittagsessen, nach dem Abe anfragen ließ, wurde ihm vom | |
| Gastgeber verwehrt – offiziell aus Zeitgründen. | |
| 2 Nov 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Fabian Kretschmer | |
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