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# taz.de -- Biografie eines Kinderpsychiaters: Ein Leben für psychisch kranke …
> Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen hat den Essener Psychiater und
> langjährigen Klinikdirektor Christian Eggers geprägt.
Bild: Ein von Kinderhand gezeichnetes Haus mit einer Familie davor.
Es sind die Lebenserinnerungen eines renommierten Kinderpsychiaters, es ist
ein Stück Psychiatriegeschichte und es ist das Vermächtnis eines Mannes,
der sein Leben seiner Arbeit gewidmet hat – der Kinderpsychiater und
Wissenschaftler Christian Eggers lässt in seiner Biografie „Ein Lebenswerk
für psychisch kranke Kinder und Jugendliche“ noch einmal die wichtigen
Stationen seines Lebens Revue passieren.
Dabei ist er auch Zeitzeuge wichtiger Entwicklungen in der
bundesrepublikanischen Gesellschaft, der unter anderem durch Begegnungen
mit Künstlern, darunter Pablo Casals sowie Max Frisch, oder Gelehrten wie
Fritz Pringsheim und Hans-Georg Gadamer geprägt wird.
Christian Eggers war 25 Jahre lang Direktor der Rheinischen Kliniken für
Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und Inhaber des
gleichnamigen Lehrstuhls in Essen. Beruflich wegweisend waren für ihn die
Begegnungen mit jungen an Schizophrenie erkrankten Menschen in den 60er
Jahren.
„Sie haben mein Leben als Arzt und Forscher geprägt und waren Anlass für
die Gründung meiner Stiftung“, sagt der 77-Jährige heute, „sie gewährten
tiefe Einblicke in die persönlichen leidvollen Erfahrungen und deren
Versuche, sie in ihr Leben zu integrieren und zu bewältigen. Dabei
offenbarten sie oft ein hohes Maß an Offenheit, Empfindsamkeit, Zutrauen
und Feinfühligkeit.“
## Die Brandstiftung von Solingen
Das stellte Eggers zu einer Zeit fest, in der solche Menschen auch von der
Fachwelt gerne noch als „Schwachsinnige“ diffamiert wurden. Und gerne auch
von denen, die schon vor 1945 in der Psychiatrie wirkten oder in der
Tradition derer standen, die „lebensunwerte“ Patienten auswählten und damit
die Euthanasie-Morde der Nazis unterstützen.
„Das hat mich persönlich sehr beschäftigt, die Auseinandersetzung mit der
unheilvollen Verstrickung unseres Fachgebiets in die
nationalsozialistischen Verbrechen, die quasi ausblieb“, so Eggers. Dazu
hat er sich dann auch immer wieder geäußert.
Die persönlichen Begegnungen und Erfahrungen mit den ehemaligen Patienten
hat er jedenfalls stets als wertvolles Geschenk erlebt, für das er noch
heute dankbar ist: „Es waren die Gespräche mit den Patienten und ihren
Angehörigen, die dazu geführt haben, dass die Beschäftigung mit dem
Krankheitsbild mich nie losgelassen hat.“
Christian Eggers spart in seinen Memoiren auch die erschütternden Momente
seiner Laufbahn nicht aus, etwa die Ermordung des Vorbildes und bedeutenden
Mainzer Psychiaters Nikolaus Petrilowitsch im Jahr 1970. Oder die
Brandstiftung von Solingen mit der Begutachtung des Haupttäters.
Seine Schilderungen jedenfalls dürften nicht nur für Betroffene, Angehörige
und auch Interessierte eine spannende Lektüre sein, sie wirken gleichfalls
als Ermahnungen an einen technisierten und bürokratischen
Psychiatriebetrieb, wider aalglatte Funktionäre und für mehr Humanität in
den Einrichtungen und Kliniken.
4 Nov 2015
## AUTOREN
Wlfried Urbe
## TAGS
Psychotherapie
Holocaust-Mahnmal
Schwerpunkt Haasenburg Heime
Psychiatrie
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Kinder- und Jugendpsychiater Christian Eggers.
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