# taz.de -- Eile bei Freihandelsabkommen: TTIP-Verhandler unter Zeitdruck | |
> 2016 soll das Abkommen fertig sein - noch vor dem Ende der Amtszeit | |
> Obamas. In Miami einigen sich USA und EU auf weniger Zölle. | |
Bild: Tausende schwangen ihre Fahnen bei der TTIP-Demo in Berlin | |
New York taz | Am Ende der elften Verhandlungsrunde für ein | |
transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) steht vor allem eines fest: | |
Die Zeit wird knapp. Wenn sich die USA und die EU nicht bis Januar 2017 | |
handelseinig werden, übernimmt in Washington eine neue Präsidentin oder ein | |
neuer Präsident mit einer ganz anderen Haltung zu TTIP das Ruder: Auf | |
demokratischer Seite haben sich schon jetzt alle drei verbleibenden | |
Kandidaten – Hillary Clinton, Bernie Sanders und Martin O’Malley – gegen | |
neue Freihandelsabkommen ausgesprochen. | |
Auf republikanischer Seite sind die Vorstellungen sämtlicher Anwärter von | |
Umwelt- und Datenschutzstandards sowie überhaupt vom Arbeitsrecht noch | |
weiter von der EU-Praxis entfernt als die der gegenwärtigen US-Regierung. | |
„Es ist wichtig, diese Verhandlungen unter Präsident Obama zu beenden“, | |
sagt US-Unterhändler Dan Mullaney am Ende der einwöchigen 11. | |
Verhandlungsrunde mit der EU am Freitag in Miami. Die kommenden vier Monate | |
seien „entscheidend“, wenn man die Verhandlungen 2016 abschließen wolle. | |
Bis zur nächsten Verhandlungsrunde im Februar ist geplant, sich häufiger | |
als bislang auf einer niedrigeren Ebene treffen. | |
In der Woche in Miami sind sich Amerikaner und Europäer offenbar bei der | |
Abschaffung von Warenzöllen nähergekommen. Die jetzigen Vorschläge zur | |
Beseitigung bestehender Abgaben deckten 97 Prozent aller Zölle ab, die | |
verbleibenden 3 Prozent seien Teil eines „Endspiels“, sagte | |
EU-Verhandlungsführer Ignacio Garcia Bercero. Welche Zölle noch offen sind, | |
sagte er nicht. | |
## Nur mit den RepublikanerInnen | |
Allerdings haben USA und EU die vielen besonders heiklen Kapitel – darunter | |
Nahrungsmittelkontrolle und Genmanipulation – weiter zum Schluss | |
verschoben. Und Unterhändler Garcia Bercero sprach auch bereits von der | |
Zeit nach Obama: Er sagte, selbst wenn es kein Abkommen gebe, wenn Obama | |
das Weiße Haus verlässt, sei die EU „ziemlich sicher“, dass es eine | |
„Kontinuität in den Verhandlungen“ geben werde. | |
In den USA wachst indes die Skepsis gegen die beiden großen | |
Freihandelsabkommen, die Obama durchsetzen wollte. Die Verhandlungen über | |
das Abkommen mit elf anderen Pazifikanrainerstaaten, TPP, sind zwar Anfang | |
Oktober zum Abschluss gekommen. Aber die meisten Demokraten im US-Kongress | |
sind genauso gegen TPP wie die Präsidentschaftswärter und die | |
Gewerkschaften – eine wichtige Basis für die Partei. Durchsetzen kann | |
Barack Obama TPP also – wenn überhaupt – nur mit den Stimmen der | |
RepublikanerInnen. | |
Die Verhandlungen über TTIP, die bislang unter Ausschluss der | |
Öffentlichkeit stattfinden, werden in den USA gegenwärtig nicht so stark | |
debattiert wie in Europa. Aber Insider aus Politik, Gewerkschaften und | |
Umweltgruppen machen dieselben Bedenken geltend wie gegen TPP. Die Kritiker | |
weisen darauf hin, dass die USA nur zwei der acht zentralen Regeln der | |
internationalen Arbeitsorganisation ILO anerkannt haben. | |
## Erinnerungen an Nafta | |
In den USA gibt es deshalb weder das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung | |
im Betrieb noch auf Streik noch auf kollektive Verhandlungen von Löhnen und | |
Arbeitsbedingungen. Eine Angleichung dieser Standards mit der EU würde zu | |
heftigen Konflikten führen. | |
Die Skepsis gegen neue Freihandelsabkommen nährt sich vor allem aus der | |
Erfahrung mit Fabrikschließungen und Arbeitsplatzvernichtung nach dem | |
Inkrafttreten von Nafta, dem Abkommen mit Mexiko und Kanada im Jahr 1994. | |
Auch in den USA ärgert viele die Geheimniskrämerei. In Florida kritisierte | |
Celeste Drake vom Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO, dass die | |
US-Handelsvertretung USTR ihr und anderen Gruppen der „Zivilgesellschaft“ | |
erst am Freitag vor Verhandlungsbeginn den Treffpunkt verraten hat. | |
25 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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