| # taz.de -- Offensive der Propagandabteilung: China setzt nun auf Konter statt … | |
| > Die chinesische Führung versucht ihre Bürger über soziale Netzwerke zu | |
| > beeinflussen. Sie heuert Blogger an, die regierungsfreundliche Einträge | |
| > schreiben. | |
| Bild: Vor allem junge Chinesen informieren sich ausschließlich über die sozia… | |
| PEKING taz | Twitter und Facebook sind in China zwar gesperrt. Und doch | |
| gibt es kein Land, in dem sich so viele Menschen in sozialen Netzwerken | |
| tummeln wie in der Volksrepublik. Die Chinesen nutzen dabei ihre eigenen | |
| Plattformen. Das chinesische Twitter-Pendant nennt sich Weibo. Der | |
| Kurznachrichtendienst WhatsApp ist zwar nicht blockiert. Durchgesetzt hat | |
| sich aber ebenfalls eine chinesische Variante: Weixin, im Ausland auch | |
| bekannt unter der Bezeichnung WeChat. Bei beiden Diensten wird die Zahl der | |
| Nutzer auf täglich mehr als eine halbe Milliarde geschätzt. | |
| Längst ist auch die Propagandamaschine der chinesischen Führung auf den | |
| Geschmack von „Zwitschern“ und anderen Kurzmitteilungen gekommen und | |
| versucht die sozialen Medien für ihre Zwecke zu nutzen. Zum Teil mit | |
| aufwendigen Grafiken und lebensnahen Alltagstipps inszeniere sich die | |
| Regierung „als paternalistische, aber ideologisch unaufdringliche Führung“, | |
| heißt es in der jüngsten Untersuchung des Berliner China-Instituts Merics. | |
| Das Problem, vor dem die chinesische Führung jedoch stehe: Sie versteht die | |
| Sprache ihrer Netizens nicht. | |
| Vor allem die chinesische Zentralregierung halte sich in ihren „Tweets“ | |
| ausschließlich an bürokratische Formeln, schreiben die China-Experten von | |
| Merics. Sie nutze die Plattformen ausschließlich zur einseitigen | |
| Informationsvermittlung und scheue zudem den Austausch mit den Bürgern. | |
| Eine der größten Stärken von sozialen Medien wisse die Führung gar nicht zu | |
| nutzen: die schnelle Verbreitung. Wie es bei offiziellen Verlautbarungen | |
| seit Jahrzehnten in China üblich ist, werden vorab auch sämtliche Einträge | |
| in den sozialen Medien daraufhin geprüft, ob sie den ideologischen Vorgaben | |
| entsprechen. Doch diese Prozedur dauert. | |
| Chinas Medienlandschaft ist groß. Allein die Zahl der Zeitungen liegt bei | |
| über 2.000. Und auch an Fernseh- und Rundfunkstationen mangelt es im Reich | |
| der Mitte nicht. Doch bei allen diesen Medien gibt die Propagandaabteilung | |
| der Kommunistischen Partei vor, wie die Journalisten über das Geschehen zu | |
| berichten haben. Das sorgt dafür, dass die Bürger den staatlichen | |
| Nachrichtenquellen kaum mehr Glauben schenken. Vor allem junge Chinesinnen | |
| und Chinesen informieren sich ausschließlich über die sozialen Netzwerke. | |
| ## Konter statt Zensur | |
| Die chinesische Führung hat diese Entwicklung bereits vor geraumer Zeit | |
| erkannt. Sie setzt längst nicht mehr nur auf Zensur, sondern versucht auf | |
| regierungskritische Einträge mit Gegeneinträgen zu kontern. Landesweit in | |
| Verruf geraten sind die sogenannten Fünf-Mao-Armeen. Mao ist eine | |
| Währungseinheit und entspricht etwa 7 Cent. Für umgerechnet rund 35 Cent | |
| pro Eintrag hat die KP angeblich Zehntausende Blogger angeheuert, die mit | |
| regierungsfreundlichen Einträgen und Kommentaren die Debatten in den | |
| sozialen Medien beeinflussen sollen. Doch viele dieser Schreiber sind | |
| entlarvt und werden in der Netzwelt nicht mehr ernst genommen. | |
| Parallel dazu versucht die chinesische Führung daher mit offiziellen | |
| Einträgen in den sozialen Medien Einfluss zu nehmen. Der Merics-Studie | |
| zufolge haben auf dem Twitter-ähnlichen Dienst Sina Weibo 180.000 | |
| Behördenvertreter Profile. Deren Texte seien jedoch meistens nicht dem | |
| neuen Medium angepasst, sondern die Sätze oft genauso lang und offiziös | |
| formuliert wie die der traditionellen Medien. Das liest keiner mehr. | |
| Es gibt offensichtlich Ausnahmen: Anlässlich des Besuchs von | |
| Staatspräsident Xi Jinping vergangene Woche in London stellte Chinas | |
| amtliche Nachrichtenagentur Xinhua auf Weibo den Satz ins Netz: „Die | |
| Vertiefung der Beziehungen zwischen Großbritannien und China hilft beiden | |
| Staaten ebenso wie der Weltgemeinschaft insgesamt.“ Ein Nutzer fand sich, | |
| der diesen Eintrag kommentierte: mit einem gähnenden Smiley. | |
| 25 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Felix Lee | |
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