# taz.de -- Gerichtsurteil in Brasilien: Der Haushalt ist illegal | |
> Ein weiterer Rückschlag für Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff: Ein | |
> Gericht erklärt den Regierungshaushalt für illegal. Nun droht ein | |
> Amtsenthebungsverfahren. | |
Bild: Demonstrantin in Brasilia: Präsidentin Dilma Rousseff ist in der Bevölk… | |
BRASÍLIA afp | Ein Gericht erklärte am Mittwochabend den brasilianischen | |
Haushalt 2014 für illegal. Die Parlamentsabgeordneten sollten den Etat | |
deshalb zurückweisen, empfahl das für die Kontrolle der Staatsfinanzen | |
zuständige Bundesrechnungsgericht TCU. Es gebe in dem Haushalt viele | |
Unregelmäßigkeiten, kritisierten die Richter. | |
Die Entscheidung liefert der Opposition neue Argumente für ein | |
Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff, die wegen des | |
Petrobras-Skandals und der schweren Wirtschaftskrise unter Druck steht. | |
„Die Bücher sind in einem Zustand, in dem sie nicht genehmigt werden | |
können“, sagte der Vorsitzende Richter Augusto Nardes nach der einstimmigen | |
Entscheidung des Gerichts. „Wir empfehlen ihre Ablehnung.“ Nach Überzeugung | |
der Richter hat Rousseffs Regierung die Zahlen absichtlich manipuliert, um | |
im Wahljahr das Ausmaß des Staatsdefizits zu verschleiern. | |
Die Empfehlung des Gerichts, die allerdings nicht bindend ist, war in | |
Brasilien mit Spannung erwartet worden. Sie bringt neue Argumente für die | |
Opposition, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen die Präsidentin anstrebt. | |
Mit einer Abstimmung über den umstrittenen Haushalt im Kongress wird | |
allerdings nicht vor Anfang 2016 gerechnet. | |
Rousseff steht bereits seit längerem erheblich unter Druck. Ihre | |
Zustimmungswerte sind auf weniger als zehn Prozent gesunken. Erst Ende der | |
Woche hatte sie ihr Kabinett umgebildet und acht von 31 Ministerien | |
gestrichen. Damit versuchte sie, politisch wieder in die Offensive zu | |
kommen – nach Meinung vieler Beobachter vergeblich. | |
## Kein ausreichender Verdacht – bis jetzt | |
Erst am Dienstag hatte der Oberste Wahlgerichtshof TSE entschieden, gegen | |
Rousseff wegen Korruptionsverdachts zu ermitteln. Konkret soll geprüft | |
werden, ob Rousseff ihren Wahlkampf 2014 illegal mit Spenden von | |
Zulieferern des Energiekonzerns Petrobras finanziert hatte. | |
Die Petrobras-Affäre erschüttert seit vergangenem Jahr die brasilianische | |
Politik. Bislang sah die Justiz aber keinen ausreichenden Verdacht, | |
möglichen Verwicklungen der Staatspräsidentin in den Skandal nachzugehen. | |
Nun aber machte das Wahlgericht den Weg für Ermittlungen frei. | |
Im schlimmsten Fall für Rousseff könnte die Justiz die Wahl der | |
Staatschefin und ihres Vizepräsidenten Michel Temer für ungültig erklären. | |
Bei einem erfolgreichen Amtsenthebungsverfahrens würde Temer bis zur | |
nächsten Wahl das Präsidentenamt übernehmen. | |
## Sieben Jahre im Petrobras-Aufsichtsrat | |
Temer gehört der Mitte-rechts-Partei PMDB an, dem wichtigsten | |
Koalitionspartner von Rousseffs gemäßigt linker Arbeiterpartei. Auch | |
Abgeordnetenhauspräsident Eduardo Cunha der die Anträge zur Absetzung | |
Rousseffs prüft, ist Mitglied der PMDB. Er liegt jedoch seit Monaten mit | |
Rousseff im Clinch. | |
Bei der Präsidentschaftsstichwahl im Oktober 2014 war Rousseff im Amt | |
bestätigt worden – mit einem Vorsprung von knapp drei Prozentpunkten vor | |
ihrem konservativen Herausforderer Aécio Neves. Zwar sind außer Rousseffs | |
Arbeiterpartei weitere Parteien von der Korruptionsaffäre betroffen, doch | |
da die jetzige Präsidentin zwischen 2003 und 2010 dem | |
Petrobras-Aufsichtsrat vorstand, trifft sie die Affäre besonders hart. | |
Die Arbeiterpartei soll umgerechnet bis zu 177 Millionen Euro an | |
Schmiergeldern von dem Staatskonzern erhalten haben. Insgesamt geht es in | |
der Affäre um rund 3,5 Milliarden Euro. | |
8 Oct 2015 | |
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