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# taz.de -- Wenn zwei Welten aufeinander treffen.: Behörde trifft Straßenjuge…
> Straßenkinder planen eine eigene Vertretung als Anlaufstelle für
> Notfälle.
Bild: Lauschen gespannt: TeilnerhmerInnen der Bundeskonferenz für Strassenkind…
HAMBURG taz | Als vor zwei Wochen in Berlin die 2. Bundeskonferenz der
Straßenkinder tagte, kam mit 40 Leuten die größte Gruppe aus Hamburg.
Anlass für die Sozialbehörde, die jungen Leute einzuladen. Freitagmittag
überreichten der 20-jährige Lucas und die 19-jährige Trieze dem
stellvertretenden Leiter des Amtes für Familie, Dirk Bange, die in Berlin
erarbeiteten Forderungen und blieben danach zum Gespräch.
Lucas lebte ein halbes Jahr in Hamburg auf der Straße, bevor er mit Hilfe
der Straßensozialarbeit eine Bleibe fand. Trieze war aus einem Heim
geflohen, dass autoritäre Strukturen hatte. Heute lebt sie mit Baby in
einer Mutter-Kind-Einrichtung. Seit der Schließung von Heimen wie
Haasenburg und Friesenhof gibt es bundesweit eine Diskussion um die
Heimpolitik. Es gebe gerade ein Zeitfenster „wo Sie mit ihrer Stimme gehört
werden“, sagte Bange. Er wollte zum Beispiel wissen, ob die Einrichtung von
Ombudsstellen sinnvoll ist.
In ihrem Heim habe das nicht geholfen, sagt Trieze: „Da gab es totale
Überwachung. Ich konnte keinen Schritt allein machen.“ Wichtig sei,
überhaupt gehört zu werden und auf Augenhöhe mit Sozialarbeitern
zusammenzuarbeiten, sagt Lucas. „Eine Beschwerdestelle ist nicht sinnvoll,
wenn dann die Beschwerde nicht anerkannt wird. Da treten wir lieber selber
an die Politik ran.“ Jugendliche, die in solche Heime kommen, würden oft
als schwer erziehbar abgestempelt, ergänzt Trieze. „Da heißt es, der denkt
sich das eh alles nur aus“.
Geschichten wie die von Lucas und Trieze gibt es viele. Bundesweit leben
etwa 7.000 Minderjährige auf der Straße. Seit 2013 gibt es als erste Form
der Selbstorganisation die rund 20-köpfige „ständige Vertretung der
Straßenkinder“, die sich alle zwei Monate im Raum Berlin trifft.
Eine solche „ständige Vertretung“ müsste es auch in Hamburg geben, sagte
Carolin Becker vom Paritätischen Wohlfahrtverband, die gemeinsam mit Ronald
Prieß (Linksfraktion) die Delegation begleitet hatte. Für so eine
Vertretung, „bräuchte man auch Mittel“, setzte Pries nach.
Auch Lucas und Trieze schwebt so eine eigene Vertretung vor. Ohne
Sozialarbeiter mit Notruftelefon, wo sich Jugendliche rund um die Uhr über
ihre Rechte informieren können. „Wenn jemand geschlagen wird in einer
Einrichtung“, sagt Lucas, dann spreche der vielleicht lieber mit
Gleichaltrigen als mit der Polizei.
„Wir sind nicht nur gegen die Jugendhilfe. Vielen von uns hat sie
geholfen“, sagt Lucas. Die Probleme gebe es meist wegen Schule, Ausbildung
und Wohnungsnot.
Hier will die Behörde einiges tun. Man habe einen Masterplan gegen
Obdachlosigkeit von jungen Menschen entwickelt, sagte Banges Mitarbeiter
Wolfgang Pritsching. Man wolle Notschlafplätze schaffen und dafür mit den
Straßenkindern Ideen entwickeln. Auch andere Mitarbeiter ermunterten die
beiden, sich zu melden, wenn sie Ideen haben. Lucas will das tun und ein
Konzept für eine Straßenkinder-Vertretung einreichen.
12 Oct 2015
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Straßenkinder
Soziales Engagement
Sozialarbeit
Schwerpunkt Haasenburg Heime
Jugendheim Friesenhof
Familie
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