| # taz.de -- Flüchtlinge an die Uni: Hürdenlauf zum Studienplatz | |
| > Wissenschaftssenatorin Quante-Brandt und Hochschul-Leitungen wollen | |
| > Flüchtlingen den Zugang zum Studium erleichtern. Noch sind die Barrieren | |
| > groß. | |
| Bild: Der Weg in den Hörsaal ist für viele Flüchtlinge beschwerlich | |
| Eigentlich hätte Shabana Omari gern in Bremen Jura studiert. Vor vier | |
| Jahren floh die 23 Jährige aus Afghanistan. Dort, in Masar-e Scharif, hatte | |
| Omari bereits drei Semester des Studiums absolviert. Doch in Bremen ist der | |
| Weg zum Studium nicht so einfach. Omari lernt Deutsch in mehreren | |
| Sprachkursen, informiert sich, stellt Anträge zur Anerkennung ihres | |
| Schulabschlusses und zahlt die nötigen Gebühren. | |
| „Da hat man ganz schön viele Schwierigkeiten“, sagt Omari. Nach einigen | |
| Monaten Wartezeit kommt dann die schlechte Nachricht: Ihr afghanischer | |
| Abschluss entspräche in Deutschland nur der Mittleren Reife, urteilt die | |
| zuständige „Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen“ in Bonn – d… | |
| Jurastudium kann Omari sich damit abschminken. | |
| Wie ihr geht es vielen Geflüchteten und MigrantInnen, die in Deutschland | |
| studieren wollen: Dem viel beschworenen Facharbeiter-Nachschub stehen in | |
| der Praxis zahlreiche bürokratische Hürden im Weg. Wissenschaftssenatorin | |
| Eva Quante-Brandt (SPD) will Flüchtlingen in Bremen deshalb nun gemeinsam | |
| mit den Hochschulen den Zugang zum Studium erleichtern. | |
| Unter anderem solle eine Clearingstelle eingerichtet werden, bei der die | |
| Kompetenzen studierwilliger Flüchtlinge ermittelt werden sollen. Nach | |
| Schätzung von Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter leben derzeit etwa 500 junge | |
| Flüchtlinge in Bremen, die studieren könnten. Die meisten von ihnen | |
| interessierten sich für technische Bereiche. | |
| Bei einem Treffen sagte Senatorin Quante-Brandt den Leitungen der Bremer | |
| Hochschulen am Donnerstag „zusätzliche Mittel für studierwillige | |
| Flüchtlinge“ zu. Die beträfen unter anderem die Sprachförderung zur | |
| Erlangung der Hochschulzugangsberechtigung. „Im Moment ist das Kursangebot | |
| nicht ausreichend“, erklärte die Senatorin. | |
| Tatsächlich müssen ausländische Studierende das Sprachniveau „C1“ | |
| erreichen, anspruchsvolle Texte lesen und fließend deutsch sprechen können. | |
| Doch schon bei den Integrations-Sprachkursen, die vom Bundesamt für | |
| Migration und Flüchtlinge gefördert werden, gibt es Wartezeiten – teilweise | |
| bis zu anderthalb Jahren. | |
| Omari kennt viele FreundInnen, die ebenfalls studieren wollen und ob der | |
| Hürden zögerlich sind. Denn bei ihr war das Verfahren noch verhältnismäßig | |
| klar: Sie konnte ihre Original-Dokumente aus Afghanistan vorlegen. Viele | |
| andere Menschen aber hatten im Moment ihrer Flucht anderes im Kopf als | |
| Abschlusszeugnisse einzustecken. Einfache Kopien reichen aber nicht und die | |
| Originale im Nachhinein, etwa aus Syrien zu besorgen, ist in vielen Fällen | |
| unmöglich. | |
| Am Donnerstag verständigten sich die Hochschul-Rektoren und Senatorin daher | |
| auf „ein rasches, unbürokratisches und flexibles Handeln“. Sofern nur | |
| unvollständige Zertifizierungen vorlägen, würden „rechtssichere | |
| Prüfungsmechanismen“ eingesetzt – wirklich abrücken von der bürokratisch… | |
| Strenge wollten die Hochschulen in diesem Punkt aber nicht. Stattdessen | |
| würden „schwellensenkende Zugänge zu den Hochschulen“ weiter gefördert �… | |
| etwa Schnupperkurse, Probestudien oder ein kostenloser Gasthörer-Status. | |
| Bereits jetzt gibt es das Gasthörer-Programm „IN-Touch“, an dem 140 | |
| Flüchtlinge teilnehmen und von ebenso vielen MentorInnen begleitet werden. | |
| Ein solches „Mentoringprogramm“ soll nun auch für den Regelstudienbereich | |
| ausgebaut werden. | |
| Laut Claudia Jacob, die im Rahmen des Bremer und Bremerhavener | |
| Integrations-Netz beim Paritätischen Bildungswerk Flüchtlinge auf ihrem Weg | |
| in den Beruf berät, besteht neben der Anerkennung eines ausländischen | |
| Abschlusses auch das Problem, dass etwa Flüchtlinge, deren | |
| Asyl-Anerkennungsverfahren noch läuft, gar nicht studieren dürften. | |
| „Teilweise kann das Jahre dauern“, so Jacob. Oft werde auch vergessen, dass | |
| Menschen, sobald sie ein Studium anfangen, keine Sozialleistungen mehr | |
| bekommen. | |
| Bafög-berechtigt sind Flüchtlinge bislang allerdings erst nach vier Jahren | |
| Aufenthalt in Deutschland. Ab dem 1. Januar soll sich diese Frist nun auf | |
| 15 Monate verkürzen. Wissenschaftssenatorin Quante-Brandt erklärte, es | |
| müsse im Bund geklärt werden, wie diese Zeit überbrückt werden könne. Dass | |
| der Status der „Duldung“ kein Hindernis zum Hochschulzugang darstellt, | |
| darüber sollen in Bremen entsprechend Vereinbarungen mit der | |
| Ausländerbehörde getroffen werden. Weitere Maßnahmen wollen | |
| Hochschul-Leitungen und Senatorin nun alle vier bis sechs Wochen gemeinsam | |
| beraten. | |
| Omari allerdings nützt das alles nichts. Sie hat stattdessen nun | |
| umgesattelt und eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin begonnen. | |
| 8 Oct 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Jean-Philipp Baeck | |
| ## TAGS | |
| Flüchtlinge | |
| Minderjährige Geflüchtete | |
| Universität Bremen | |
| Schwerpunkt Afghanistan | |
| Flüchtlinge | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Flüchtlinge | |
| Flüchtlinge | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Deutsche Flüchtlingspolitik in Afghanistan: „Haben Sie sich das gut überleg… | |
| Die deutsche Botschaft versucht, Afghanen mit einer Plakatkampagne von der | |
| Flucht nach Europa abzuhalten. Sie geht an der Realität vorbei. | |
| Hochschulzugang für Flüchtlinge: Die Sache mit dem Zeugnis | |
| Bildung ist der Schlüssel zur Integration, heißt es. Aber was, wenn ein | |
| Flüchtling aus Syrien in Deutschland sein Wirtschaftsstudium fortsetzen | |
| will? | |
| Online-Universität für Flüchtlinge: „Wir wollen etwas zurückgeben“ | |
| Die Kiron-Universität verspricht jedem Flüchtling einen Studienplatz – ohne | |
| Dokumente. Ein Gespräch mit dem Gründer und einem afghanischen Studenten. | |
| Geflüchtete auf dem Weg nach Westen: Der Himmel in Wien | |
| Willkommen mit Essenspaketen und Hilfe bei der Weiterreise: Hunderte | |
| Menschen erreichen mit ersten Sonderzügen Wien. | |
| Berlin und die Flüchtlinge: „Sand im Getriebe“ | |
| Der Bezirksbürgermeister von Mitte Christian Hanke kritisiert das Tempo des | |
| Koordinierungsstabs Flüchtlingsmanagement. Czaja selbst schwänze Sitzungen. | |
| Initiative zeigen für Flüchtlinge: Das Gefühl, willkommen zu sein | |
| Viele wollen Flüchtlingen helfen, wissen aber nicht, wie, wo und was | |
| sinnvoll ist. Ein Abc von Augenhöhe bis zu Hause. | |
| Flüchtlingsunterkunft an der Bremer Uni: Zelte am Elfenbeinturm | |
| An der Uni Bremen leben bald bis zu 420 Flüchtlinge in Zelten. Eine | |
| Studenten-Gruppe will sie unterstützen – aber nicht von „oben herab“. Ni… | |
| immer haut das hin. |