# taz.de -- Flüchtlinge in Südosteuropa: Vom Flüchtlingszoff zum Handelskrieg | |
> In den Hauptstädten der EU atmet man nach den Beschlüssen von Brüssel | |
> auf. Entlang der Balkanrouten bahnt sich neues Ungemach an. | |
Bild: Im Stau: Serbische Lkws warten darauf, die Grenze zu Kroatien überqueren… | |
SZEGED taz | Nach dem EU-Sondergipfel zu Flüchtlingen in Europa hat auf | |
regionaler Ebene die Umsetzung des gemeinsamen Plans begonnen. Eine | |
besonders heikle Mission kam dabei am Donnerstag auf Erweiterungs- | |
Kommissar Johannes Hahn zu: er wurde in Belgrad zu Gesprächen erwartet, um | |
im Rahmen des „Hot Spots“-Konzeptes neue EU-finanzierte Auffanglager zu | |
errichten. | |
Serbien, ein Schlüsselland auf dem Weg über den Balkan, ist bislang mit den | |
Flüchtlingen überfordert. Mitte der Woche kamen an einem Tag 5.000 | |
Flüchtlinge aus Mazedonien ins Land. Nach Berichten von Helfern vor Ort | |
strandeten rund 4.000 von ihnen zunächst auf Feldern vor der kroatischen | |
Grenze, die zu diesem Zeitpunkt geschlossen war. | |
Auch die kroatisch-serbischen Beziehungen standen am Donnerstag auf der | |
Agenda des Kommissars. Aus dem Disput über die Zuständigkeit für | |
Flüchtlinge ist seit Wochenbeginn ein Handelskrieg geworden. | |
Zunächst hatte Zagreb Serbien vorgeworfen, Flüchtlinge absichtlich nach | |
Kroatien zu schicken. Als Reaktion verweigerte Kroatien serbischen | |
Transporten die Einreise. Serbien, seit 2012 offiziell EU- | |
Beitrittskandidat, sieht darin eine Verletzung des Stabilitäts- und | |
Assoziationsabkommens. Premier Aleksandar Vucic protestierte schriftlich in | |
Brüssel gegen die Maßnahme. Handelsminister Rasim Ljajic beklagte eine | |
„beträchtliche Schädigung der serbischen Wirtschaft. | |
## Kurzzeitige Entspannung | |
Am Mittwoch gab es zwischenzeitlich Entspannung, als Kroatien die LKWs | |
wieder ins Land ließ. Am frühen Donnerstag Morgen wurden die Grenzen jedoch | |
erneut geschlossen – diesmal auch für serbische PKW‘s und Bürger. | |
Die Verknüpfung der Handelsbeschränkungen mit der Flüchtlingsfrage wird | |
weiter forciert. Die kroatische Zeitung Vecernji list zitierte | |
Innenminister Ranko Ostojic, die Grenzen blieben geschlossen, bis Serbien | |
Flüchtlinge wieder nach Ungarn schicke. Kroatien beschuldigt Serbien und | |
Ungarn, sich zusammengetan zu haben, um Kroatien zu schaden. Serbien lässt | |
seinerseits keine Güter und LKWs aus Kroatien ins Land. | |
Unklar ist das weitere Vorgehen Ungarns. Laut einer dpa-Meldung habe | |
Ministerpräsident Viktor Orban nach dem Brüsseler Gipfel angekündigt, die | |
Grenze zu Kroatien zu schließen. Dem Bericht eines niederländischen | |
Korrespondenten zu Folge sagte auch der der Partei Jobbik nahestehende | |
Bürgermeister Laszlo Toroczkai am Dienstag in einem Interview, die Grenze | |
werde geschlossen, sobald der im Bau befindliche Zaun fertig sei. Damit | |
wird am Wochenende gerechnet. Orbans Sprecherin Mariann Buzás wollte sich | |
am Donnerstag nicht zum Thema äußern. | |
Die ungarische Polizei gab Mittwoch Nacht bekannt, an diesem Tag seien rund | |
10.000 Flüchtlinge ins Land gebracht worden. Seit einer Woche werden diese | |
in einem Korridor mit Zügen weiter an die österreichische Grenze | |
transportiert. | |
## Rumänien im Fokus | |
Möglicherweise wird damit das Nachbarland Rumänien künftig in den Fokus | |
rücken. Präsident Klaus Iohannis erklärte sich auf dem Brüsseler Gipfel | |
bereit, eine erhöhte Flüchtlingsquote zu akzeptieren. Ungeachtet dessen | |
liegt das Land bislang abseits der Hauptrouten, zumal Ungarn auch hier | |
einen Zaun errichtet hat. | |
Alternativ führt der Weg nach Westen über die Ukraine und die Slowakei. | |
Dennoch wurde nahe der serbischen Grenze vor einer Woche ein kleines | |
Auffanglager gebaut. Ein zweites soll bei einem anderen Übergang folgen. | |
Das rumänische Innenministerium nannte die Maßnahme „präventiv“. | |
24 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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