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# taz.de -- Transparenz-Expertin über Sepp Blatter: „Er hat keine Macht mehr…
> Sepp Blatter ist erledigt, erklärt Sylvia Schenk, Sportbeauftragte bei
> Transparency Deutschland. Sie fordert einen Bewusstseinswandel.
Bild: Es wird eng für den Patron: Sepp Blatter in seinem Zürcher Büro.
taz: Frau Schenk, wie lange kann Sepp Blatter sich noch halten?
Sylvia Schenk: Er hätte spätestens mit Eröffnung der Ermittlungen
zurücktreten müssen. Im Grunde ist die Fifa schon seit Mai führungslos.
Ginge es um die Außenwirkung und darum, die Fifa zu stabilisieren, müsste
er sofort gehen.
Er hängt an der Macht.
Macht hat er nicht mehr. Niemand führt die Fifa. Es geht für Blatter nur
noch darum, ob er mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt wird oder ob er
einen Abschied mit Applaus hinkriegt.
Blatter dürfte vor sich selbst sicherlich so argumentieren: 1999, als ich
als Präsident angetreten bin, war der Laden praktisch pleite, heute ist es
ein gesundes, liquides Unternehmen.
Deswegen haben ihn auch alle bis zuletzt gestützt. Er hat den Laden
zusammengehalten. Wer auch immer im Februar 2016 sein Nachfolger wird, wird
merken, dass das nicht so einfach ist. Blatter hat aus der Fifa ein
prosperierendes Unternehmen gemacht. Das kann man ihm auch nicht
absprechen, allerdings stellt sich die Frage, mit welchen Mitteln er das
erreicht hat. In den 90er Jahren waren solche Fifa-Methoden ja auch noch in
Deutschland gang und gäbe, aber die Welt hat sich seit Ende der 90er Jahre
dramatisch verändert. Auslandsbestechung war bis 1996 in Deutschland noch
von der Steuer absetzbar. Seitdem hat sich viel getan.
Michel Platini will Nachfolger von Blatter werden. Jetzt gerät er unter
Druck, weil er von Blatter ein Beraterhonorar über 2 Millionen Schweizer
Franken angenommen hat. Ist Platini damit aus dem Rennen um die
Fifa-Präsidentschaft?
Das ist schwer einzuschätzen. Er hat von 1999 bis 2002 für die Fifa
gearbeitet. Wenn er dort beraten hat, dann war die Bezahlung möglicherweise
gerechtfertigt. Was ich nicht verstehe, ist, dass die Bezahlung erst so
viel später erfolgte, 2011. Dass es seiner Glaubwürdigkeit nicht nutzt, ist
offensichtlich. Man kann nur hoffen, dass die Schweizer Staatsanwälte so
schnell arbeiten, dass alles vor der Fifa-Präsidentschaftswahl im Februar
2016 auf dem Tisch liegt. Derzeit geht es schon sehr chaotisch in der Fifa
zu.
Wenn Blatter zurücktritt, wer sollte dann übernehmen. Rein formal müsste
das Issa Hayatou aus Kamerun, der aber ein Funktionär alten Schlags ist?
Hayatou ist meines Wissens schwer krank. An seiner Stelle könnte der
Dienstälteste in der Fifa-Exekutive zum Zug kommen. Das wäre wohl der
Spanier Ángel María Villar. Das wäre aber auch nicht viel besser. Mein
Appell wäre jetzt, dass diejenigen im Exekutivkomitee, also dem
Führungsgremium der Fifa, die neu und unbelastet sind – und auch nicht fürs
Präsidentenamt kandidieren, jetzt handeln. Das sind Wolfgang Niersbach vom
DFB, der US-Amerikaner Sunil Gulati und meinetwegen auch wegen seiner
Machtposition Scheich Ahmad al-Sabah aus Kuwait. Die müssten den Übergang
managen.
Der Reformbedarf der Fifa ist evident, aber wie soll das möglich sein, wenn
ein Gutteil der Fifa-Mitglieder kein westliches Verständnis von
Unternehmensführung haben?
Reformen sind das eine, belastete Personen das andere. Die Fifa hat nicht
gründlich aufgeräumt, das rächt sich jetzt mit den Ermittlungen zu
Vorfällen aus der Zeit vor Beginn der Reformen. Wichtiger als einzelne
Änderungen für die Zukunft ist es jetzt, dass endgültig die Vergangenheit
bereinigt wird.
Wie kann das gehen?
Es ist ein Reformpaket geschnürt worden. Es fehlen aber noch wichtige Dinge
wie die Amtszeitbegrenzung. Es geht auch um die Offenlegung von
Aufwandsentschädigungen oder des Präsidentengehalts. Das ist ein Versagen
der Fifa-Reformkommission um Mark Pieth (Schweizer Antikorruptionsexperte;
d. Red.). Was wirklich notwendig ist, ist ein Bewusstseinswandel bei den
Kontinental- und Landesverbänden. Es gibt ja bereits Compliance-Schulungen
für hauptamtliche Fifa-Mitarbeiter. Das Gleiche hätte die Fifa längst für
Ehrenamtliche einführen müssen. Nur so verändert man die Kultur im Verband.
Was müsste sich noch tun?
Wer ein Regierungsamt innehat, darf keine Funktion in der Fifa wahrnehmen.
Das beträfe zum Beispiel den russischen Sportminister Witali Mutko, der
auch in der Fifa-Exekutive sitzt. Das wäre auch gut für die Autonomie des
Sports.
Sie haben Niersbach als Hoffnungsträger benannt. Was erwarten Sie sich von
ihm und vom DFB?
Nicht Hoffnungsträger, aber Verantwortung muss er übernehmen. Kluge
Verbandspolitik machen. Man darf nicht wie das Kaninchen auf die Schlange
starren. Wenn ich Mitglied der Fifa-Exekutive wäre und es wird bekannt,
dass gegen Blatter ermittelt wird, dann hätte ich dieses Gremium
zusammengetrommelt und wir hätten weiter beraten über ein cleveres
Krisenmanagement und darüber, wie es weitergeht. Das haben sie nicht getan.
Mark Pieth hat jetzt den Vorschlag gemacht, Theo Zwanziger solle Fifa-Chef
werden, dann würde es zumindest keine WM 2022 in Katar geben.
Zwanziger ist der Letzte, der das übernehmen könnte. Man muss ja auch
sagen, dass es bisher keinen Nachweis der Bestechung im Rahmen der
Stimmvergabe an Katar gibt. Auch da muss man sich an Recht und Gesetz
halten. Es gibt einen Vertrag mit Katar, der seit 2011 exekutiert wird. Man
muss erst einmal gerichtlich feststellen lassen, dass es Bestechung gegeben
hat. Das kann Jahre dauern.
28 Sep 2015
## AUTOREN
Markus Völker
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