# taz.de -- Fifa-Präsidentschaft: Sauberer Fußball gesucht | |
> Chung Mong-Joon will Präsident der Fifa werden. Deren Ethikkommission | |
> beschuldigt den reichen Koreaner der Korruption. | |
Bild: Wird er Blatters Nachfolger? Chung Mong-Joon | |
Befassen wir uns heute einmal nicht mit Michel Platini. Der Präsident der | |
Europäischen Fußballunion, der für das Amt des Fifa-Präsidenten, die Ende | |
Februar 2016 ansteht, kandidiert, wird uns schon noch genug beschäftigen. | |
Denn niemand rechnet damit, dass er eine schlüssige Erklärung dafür findet, | |
dass ihm der Internationale Fußballverband im Jahr 2011 einen Betrag von 2 | |
Millionen Schweizer Franken überwiesen hat. | |
Dass das Geld der späte Lohn für seine Tätigkeit für die Fifa in den Jahren | |
1999 bis 2001 gewesen sein soll, wird ihm eh nur abnehmen, wer den Glauben | |
an das Gute in der Fifa immer noch nicht verloren hat. Befassen wir uns | |
also heute mit Chung Mong-Joon. | |
Der reiche Mann aus Südkorea, laut aktuellem Forbes-Ranking 1,2 Milliarden | |
US-Dollar schwer, möchte auch gerne Fifa-Präsident werden. Auch er ist, | |
ähnlich wie Platini, ein Mitglied der Fußballfamilie. Von 1994 bis 2011 | |
gehörte er dem mächtigen Exekutivkomitee des internationalen | |
Fußballverbands an. | |
Heute darf er sich Ehrenvizepräsident der Fifa nennen. Die Verbindungen zu | |
Chung sind für den Weltverband nicht nur eine Ehre, sie rechnen sich auch. | |
Der 63-jährige Koreaner ist ein Spross des Hyundai-Klans. Dessen | |
Automobilkonzern Hyundai-Kia ist neben Adidas, Visa, Coca-Cola und Gazprom | |
einer der fünf großen Fifa-Partner. | |
## Fördertopf von 777 Millionen Dollar | |
Und doch kriselt es seit geraumer Zeit in der Beziehung von Chung und der | |
Fifa. Die Ethikkommission des Weltverbands hat den Mann, der sich 2002 | |
einmal angeschickt hat, Präsident Südkoreas zu werden, ins Visier genommen. | |
Es geht, wie kann es anders sein, um Korruption. | |
Als sich der südkoreanische Verband um die Austragung der Fußball-WM 2022 | |
beworben hat, machte Chung ein Angebot. In einem Schreiben, das er kurz vor | |
der entscheidenden Abstimmung über den WM-Gastgeber Ende 2010 an die | |
Mitglieder des Exekutivkomitees der Fifa verschickt hat, versprach er, | |
einen Fördertopf von 777 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen | |
einzurichten. Damit sollten der Bau und der Erhalt von Trainingsplätzen und | |
Stadien gefördert werden – allerdings nur, wenn Korea den Zuschlag für das | |
Turnier 2022 erhielte. | |
Hans-Joachim Eckert, der Vorsitzende der Ethikkommission, hat deutlich | |
gemacht, dass es sich dabei um den Versuch gehandelt haben könnte, Einfluss | |
auf die Abstimmung zu nehmen. Ein mehrjähriger Bann Chungs, der ihm jede | |
fußballerische Aktivität verbieten würde, steht im Raum. | |
Am Dienstag nun wandte sich Chung an die Öffentlichkeit. Einziger Grund für | |
den Ermittlungseifer der Fifa sei es, seine Kandidatur zu torpedieren. Es | |
gehe darum, einen Kandidaten zu diskreditieren, der das System, das der | |
ewige Präsident Joseph „Sepp“ Blatter installiert habe, beseitigen wolle. | |
Er selbst sei völlig unschuldig. Auch zwei größere Spenden an die | |
Fußballverbände von Pakistan und Haiti hätten nichts mit Korruption zu tun. | |
Es habe ich um Akte der Wohltätigkeit gehandelt. | |
## Gegen Platini gewettert | |
Der Mann fühlt sich ungerecht behandelt, und so könnte es sein, dass ihm | |
seine harsche Kritik an der Fifa und ihrer Ethikkommission nicht so recht | |
abgenommen wird. Und doch ist es bemerkenswert, wie scharf der Koreaner | |
schießt. Kaum einer, der dem Führungsgremium der Fifa einmal angehört hat, | |
hat bislang so lautstark Ermittlungen der Ethikkommission gegen Sepp | |
Blatter selbst und dessen mittlerweile entlassenen Generalsekretär Jérôme | |
Valcke gefordert, dessen illegaler Geheimdeal mit einer Kreditkartenfirma | |
die Fifa einst 90 Millionen US-Dollar gekostet hat. | |
Und niemand aus der erweiterten Fifa-Familie hat bislang so deutlich ein | |
Einschreiten gegen Michel Platini wegen dessen Stimme für Katar als | |
WM-Gastgeberland 2022 angemahnt wie Chung, der nicht müde wird zu erwähnen, | |
dass Platinis Sohn Laurent einen lukrativen Posten im katarischen | |
Sportbusiness bekleidet. Dass die Fifa so einen gerne mit einem Bann | |
versehen würde, man glaubt es gerne. | |
Und doch taugt er nicht so recht als Saubermann. Erst seit Chung ins | |
Blickfeld der Ethikkommission geraten ist, inszeniert er sich als besonders | |
scharfer Kritiker Blatters. Schon bevor die 2-Millionen-Überweisung ruchbar | |
geworden ist, wetterte er vor allem gegen Platini. Der sei doch viel zu nah | |
am Fifa-Paten Blatter. Eine Vater-Sohn-Beziehung hätten die beiden über | |
Jahre hinweg gepflegt. Und erst jetzt, da es modern geworden sei, gegen den | |
Fifa-Boss zu wettern, sei auch Platini ins Feld der Blatter-Feinde | |
gewechselt. | |
Heute will Chung in London auf einem dieser merkwürdigen Exklusivtreffen | |
der Branche, dem Leaders Sport Business Summit, seine Vision vom sauberen | |
Fußball präsentieren. Es könnte sein, dass er viel Wahres über die Fifa | |
sagt. Es könnte auch sein, dass es sein letzter großer Auftritt wird. | |
7 Oct 2015 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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