# taz.de -- Theo Zwanziger gegen Katar: Der Kampf des Gerechten | |
> Weil Theo Zwanziger den Weltfußball vor Katar warnen will, muss er vor | |
> Gericht. Er beruft sich auch auf Papst Franziskus. | |
Bild: Wenn es um Katar geht, alles andere als verschwiegen: Theo Zwanziger | |
Papst Franziskus hat Theo Zwanziger nicht nach Düsseldorf ins Landgericht | |
einbestellt. Man muss das schon erwähnen, weil der ehemalige DFB-Präsident | |
und Fifa-Funktionär dieser Tage eine sehr erlesene Liste prominenter Zeugen | |
zusammengestellt hat, deren Aussagen ihn entlasten sollen. | |
Neben Papst Franziskus wird auch der ehemalige deutsche Papst Benedikt XVI. | |
zitiert. Und eine Predigt des einstigen evangelischen Ratsvorsitzenden | |
Wolfgang Huber hat Zwanziger seiner Klageerwiderung ebenfalls beigefügt. | |
Der deutsche Fußballfunktionär ist schon immer ein Freund der Worte von der | |
Kanzel gewesen. | |
Jedenfalls muss man konstatieren: Der 70-Jährige hat sich sehr gewissenhaft | |
auf den Prozess vorbereitet, den der Fußballverband Katar gegen ihn | |
angestrengt hat und der für den 2. Februar 2016 vor dem Düsseldorfer | |
Landgericht terminiert wurde. Der Verband, der die WM 2022 zugesprochen | |
bekam, wollte mit einer Unterlassungserklärung verhindern, dass Zwanziger | |
weiterhin behauptet, Katar sei „ein Krebsgeschwür des Weltfußballs“. | |
Weil der ehemalige Fußballfunktionär sich aber nicht den Mund verbieten | |
lassen will, kommt es nun drei Wochen vor dem nächsten Fifa-Kongress in | |
Zürich (26. Februar), wo der Nachfolger von Sepp Blatter bestimmt werden | |
soll, zu einem interessanten Vorspiel vor Gericht. | |
Ginge es nach den Vorstellungen von Theo Zwanziger, dann kommt es bereits | |
in Düsseldorf zum großen Tag der Abrechnung. Zwar kann er nur auf | |
zweitunterster Gerichtsebene agieren, die von ihm eingeladenen Zeugen aber | |
stehen für den Wunsch, das große Ganze zu verhandeln. | |
## Abrechnung mit Platini | |
Zwanziger will neben Fifa-Präsident Joseph Blatter, Uefa-Präsident Michel | |
Platini, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Barbara Lochbihler, die | |
Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Europäischen Parlaments, | |
Michael Sommer, den Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Willi Lemke, | |
den UNO-Sonderberater für Sport, sowie Fifa-Manager Samy Hamama in den | |
Zeugenstand rufen. | |
Eine genauere Lektüre von Zwanzigers 22-seitiger Klageerwiderung offenbart, | |
dass er sich nicht nur gegen den Fußballverband von Katar zur Wehr setzen, | |
sondern sich auch noch einmal alte Gegner vorknöpfen will. Das Verhalten | |
von Michel Platini, der mit der Katar-Bewerbung auch die Arbeit seines | |
Sohns unterstützte, wird als „verwerflich“ bezeichnet. Und Intimfeind | |
Wolfgang Niersbach, dem Zwanziger stets Passivität bei der Debatte über die | |
WM-Vergabe vorgehalten hat, soll noch einmal öffentlich bezeugen, dass ihm | |
einst die Arbeitsbedingungen der Bauarbeiter in Katar ein Dorn im Auge | |
waren. | |
Zwanziger hat im Machtkampf zwischen den europäischen Funktionären und der | |
Fifa stets Sepp Blatter die Stange gehalten und bei der Bewertung der | |
Korruptionsaffären des Weltverbands seine Moralmaßstäbe deutlich tiefer | |
gehängt. | |
## Reine Systemkritik | |
Den Verleumdungsvorwurf des katarischen Fußballverbands, der von der | |
Münchner Kanzlei des Ex-CSU-Vizechefs Peter Gauweiler vertreten wird, weist | |
Zwanziger mit dem Argument zurück, er habe Machtkritik an einem System, das | |
eben auch europäische Funktionäre unterstützt, geübt, aber nicht an einer | |
Person oder einem Verband. Insofern sei der Kläger gar nicht zur Klage | |
legitimiert. | |
Von seiner Schmähkritik weicht Zwanziger um keinen Deut zurück. Im | |
Gegenteil. Er warnt in seinem Gerichtsschreiben: „Wenn dieses Geschwür sich | |
weiter ausbreiten wird, dann sollte man den Begriff Sport und Ethik aus den | |
Satzungen streichen.“ Und er unterfüttert dies mit einem moraltheologischen | |
Unterbau. Auch Papst Franziskus habe „zur Darstellung einer unerwünschten | |
und zerstörerischen Entwicklung in der Gesellschaft“ bereits das Bild des | |
Krebsgeschwürs verwandt. | |
Und weiter führt er aus, die Berechtigung seiner Kritik ergebe sich auch | |
daraus, dass Fußball nicht nur eine kommerzielle Veranstaltung sei, sondern | |
„einen tiefen sozialen Kern“ habe, „weil er als Mannschaftssport Egoismen | |
und unnatürliches Leistungsstreben bekämpft und zugleich solidarisches | |
Verhalten einübt“. Als Kronzeugen für diese Schlussfolgerung benennt er die | |
einstigen Kirchengrößen Papst Benedikt und Bischof Huber. | |
Egal wie das Gericht urteilt, von diesem hohen Sockel wird der katarische | |
Fußballverband Theo Zwanziger nicht stoßen. | |
22 Sep 2015 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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