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# taz.de -- PKK im Südosten der Türkei: Versuch einer autonomen Zone
> Die Ausgangssperre in Cizre wird nach acht Tagen aufgehoben. Einen Tag
> später gilt sie wieder – auf unbestimmte Zeit.
Bild: Die Ausgangssperre ist Cizre ist vorbei – und wieder da.
Istanbul taz/dpa | Die Bilder erinnern an Orte auf der anderen Seite der
Grenze zu Syrien. Verbrannte Häuser, mit Wasser gefüllte Bombentrichter,
aufgerissene Straßen und Autowracks, die durch Maschinengewehrfeuer völlig
durchsiebt wurden.
„Das ist Cizre“, titelte die türkische Tageszeitung Hürriyet am Sontag ü…
einem entsprechenden Foto und zeigte auf einer doppelseitigen Reportage,
was von der kurdischen Stadt nach acht Tagen Ausgangssperre und Belagerung
durch die Armee noch übrig geblieben ist. Während die Armee von 30
getöteten PKK-Kämpfern spricht, gibt die kurdisch-linke Partei HDP an, es
seien 20 Zivilisten getötet worden.
Am Sonntag wurde die Ausgangssperre nach einer nur kurzen Pause wieder
verhängt. Die neue Ausgangssperre solle um 19.00 Uhr Ortszeit am Sonntag in
Kraft treten und bis auf weiteres gelten, meldete die Nachrichtenagentur
DHA. Die Sperre war am Samstagmorgen nach acht Tagen, an denen die Bewohner
ihre Häuser ohne Ausnahme nicht verlassen durften, wieder aufgehoben
worden. Das Leben stand in diesen Tagen völlig still. Vielen Bewohnern
gingen die Lebensmittel aus, auch Trinkwasser wurde knapp.
In den sozialen Medien machte das Foto eines an einer Schusswunde
gestorbenen kleinen Mädchens die Runde, dass von seiner Familie in einer
Kühltruhe aufbewahrt wurde, weil auch Beerdigungen verboten waren. Da
außerdem sämtliche Kommunikationsmittel von der Armee lahmgelegt worden
waren, konnten die Bewohner sich nicht mehr mit der Außenwelt in Verbindung
setzen.
## PKK versuchte einzurücken
In dieser dramatischen Situation startete die HDP am vergangenen Donnerstag
einen Marsch nach Cizre. Die gesamte Parteiführung, einschließlich
Parteichef Selahattin Demirtaş und die beiden Minister, die die HDP derzeit
in der Übergangsregierung stellt, versuchten vergeblich, sich Zutritt nach
Cizre zu verschaffen.
Weder mit dem Auto, noch zu Fuß über die Berge gelang es den HDPlern in die
Stadt zu kommen. Polizei und Armee drängten sie überall zurück. Immerhin
gelang es der HDP-Führung, durch ihre Aktion national und international so
viel Aufmerksamkeit zu erzeugen, dass der zuständige Gouverneur auf
Anweisung aus Ankara den Belagerungszustand wieder aufhob.
Vor dem Einmarsch der Armee war Cizre mit seinen 120.000 Einwohnern nahe
der syrischen und irakischen Grenze die größte Stadt, in der die PKK ihr
Konzept der befreiten, autonomen Zonen durchzusetzen versuchte. Die
Bediensteten der örtlichen Polizeistation wurden durch massive Angriffe zum
Rückzug gezwungen. Anschließend versuchten die Kämpfer der PKK, mit
Barrikaden und ausgehobenen Gräben quer über die Straßen Polizei und
Gendarmerie daran zu hindern, nach Cizre einzurücken.
Nach tagelangen, verlustreichen Schießereien gelang es dann erst der Armee,
durch den Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen Cizre zurückzuerobern. Mit der
24 Stunden andauernden, tagelangen Ausgangssperre wurde dann ein Exempel an
der Bevölkerung statuiert, sagt die HDP.
Ein anderer Ort, an dem die PKK derzeit eine autonome Zone durchzusetzen
versucht, ist der Bezirk Sur in der Innenstadt von Diyarbakır. Seit Wochen
kommt es hier permanent zu heftigen Schießereien zwischen Polizei und PKK.
Erst am Sonntag verhängte der zuständige Gouverneur wieder eine
Ausgangssperre für die Altstadt von Diyarbakır, nachdem zuvor am gleichen
Tag in der Stadt wieder zwei Polizisten getötet und fünf verletzt wurden.
13 Sep 2015
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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