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# taz.de -- Neue Werbung von H&M: Lecker Achselhaare
> Die Bekleidungskette H&M will, dass die Kundschaft ihre Klamotten
> recycelt – und wirbt dafür mit aufgesetzter Toleranz.
Bild: Bring mir Deine alte Wäsche!
Es soll tatsächlich Menschen geben, die nicht so aussehen wie ein
H&M-Model: braungebrannt, aus Europa, Vollmann oder Vollfrau.
Klar – da gibt es die hässlichen Europäer. Und dann noch, na, sag’ schon,
hier: diese anderen. Alte, Säuglinge, gepiercte Muslime, Dicke,
Lilahaarige, Frauen in Männerkleidern, Männer in Frauenkleidern,
Transsexuelle, Frauen mit Achselhaaren, Schwarze, Knochige, Menschen mit
asiatischen Wurzeln, Boxer mit Beinprothese, Besockte in Sandalen. Nicht zu
vergessen: Blonde in gelben Klamotten und Rothaarige in roter Tracht.
Das hat nun auch H&M gemerkt und diese Erkenntnis prompt verwertet. Der
Werbespot, der zur Kampagne [1][“Close the Loop“] (“Den Kreislauf
schließen“) gehärt und dazu aufruft, alte Klamotten zu H&M zurückzubringen,
weil das angeblich nachhaltiger ist, hat auf YouTube drei Millionen Klicks.
Nach etwa 20 Sequenzen nach dem Motto „Es gibt nichts, was es nicht gibt“
folgt die Auflösung: „There are no rules in fashion but one: recycle your
clothes“.
Die Botschaft: Schaut uns an, wir sind so tolerant. Dabei unterstützt die
Werbung nur die scheinbar kritisierte eurozentristische und streng nach dem
geltenden Schönheitsideal ausgerichtete Perspektive auf Menschen, denn es
werden ja gerade alle „anderen“ vorgeführt und darauf reduziert.
## In der Überzahl
Die Aneinanderreihung wirkt wie Bernd Strombergs Umgang mit
„andersgeschlechtlichen Mitarbeitern, zum Beispiel Frauen“ oder, als hätte
ein Heidenauer Fleischersjunge mal alle aufgezählt, die er blöd findet.
Mal abgesehen davon, dass der Nachhaltigkeits-Slogan in seiner Übersetzung
„Gemeinsam schließen wir den Kreislauf“ auch als Aufforderung zum
kollektiven Suizid gedeutet werden kann, ist die inszenierte Toleranz eine
Farce, denn sie stellt Menschen als andersartig dar, obwohl sie längst
selbstverständlicher Teil der Gesellschaft und gegenüber den H&M-Models
sogar in der Überzahl sind.
Oder eben doch kein so selbstverständlicher Teil, denn ob man in der
H&M-Filiale so tolerant reagiert, wenn die zwinkernde Frau aus dem Spot mit
einer sanften Drehung ihr Achselhaar freigibt oder wenn der knochige, alte,
oberkörperfreie und unterwäschelose Mann Badehosen anprobiert … Man weiß es
nicht.
10 Sep 2015
## LINKS
[1] http://about.hm.com/en/About/sustainability/commitments/reduce-waste/closin…
## AUTOREN
Adrian Schulz
## TAGS
H&M
Schönheitsideale
Jogging
Luft und Liebe
Kreaturen
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