| # taz.de -- Flüchtlinge in Dortmund: Zwischen Hilfe und Hass | |
| > Viele Dortmunder engagieren sich, um Flüchtlingen zu helfen. Ein | |
| > Kulturzentrum wurde umfunktioniert. Die Nazi-Szene provoziert. | |
| Bild: Im Dietrich-Keuning-Haus, nahe des Dortmunder Hauptbahnhofs: Helferinnen … | |
| DORTMUND taz | Lara ist seit vergangenem Sonntag gefühlt fast | |
| ununterbrochen auf den Beinen. Auch die letzte Nacht war kurz. Wieder | |
| einmal. Lara hat keine Zeit, muss schnell weiter. Überall wird nach ihrer | |
| Person verlangt. Die 27-Jährige ist Mitglied in einem rasch gegründeten | |
| Helfer-Rat. Seit dem Wochenende sind in Dortmund über 4.000 Flüchtlinge | |
| angekommen. Sie wird jetzt gebraucht. | |
| Der Eingangsbereich des Dietrich-Keuning-Hauses (DKH), ein Kulturzentrum in | |
| der Nähe des Hauptbahnhofs, das spontan zur ersten Anlaufstation | |
| umfunktioniert wurde, ist voll von Menschen. Die einen wollen vor Ort | |
| helfen. Andere bringen Essen und Anziehsachen vorbei, obwohl es längst | |
| einen Spendenstopp gibt, wie Ehrenamtliche immer wieder über Twitter | |
| verkünden. | |
| Vier Tage nach dem ersten Aufruf gab es schon mehr als 1.000 Helfer. Sie | |
| versuchen, den Flüchtlingen mit dem DKH eine Willkommensstation zu | |
| bereiten. Ein erster Ort der Ruhe für die angekommenen, erschöpften | |
| Flüchtlinge. Hier gibt es einen sicheren Raum, in dem Babys unter | |
| hygienischen Bedingungen gewickelt werden können. Es gibt Essen und | |
| Getränke, Handys können aufgeladen werden. Medizinische Versorgung wird | |
| gewährleistet, das Nötigste für die Weiterreise angeboten: Hygieneartikel, | |
| von Ehrenamtlichen zu nach Geschlecht sortierten Beuteln verpackt, Kissen, | |
| Decken, Kuscheltiere. | |
| Zahlreiche ehrenamtliche Übersetzer, manche von ihnen sind selbst | |
| Flüchtlinge, laufen durch die große Halle des DKH, in der für gewöhnlich | |
| Konzerte oder Lesungen stattfinden. Sie tragen Schilder auf der Brust in | |
| Arabisch, Farsi, Türkisch, Paschtu, Kurdisch. Andere Helfer schmieren | |
| Brote, verteilen das Essen, putzen und sortieren Spenden, schenken | |
| Flüchtlingen heißen Kaffee ein. Nehmen sie auch mal in den Arm. „Die | |
| Szenen, die sich hier abspielen, sind für uns alle ergreifend“, sagt Isabel | |
| Pfarre. Auch sie hilft im DKH. „Manche Familien treffen sich nach zwei | |
| Jahren zum ersten Mal wieder.“ | |
| ## Provokation durch Nazis | |
| Immer wieder werden Helfer und Flüchtlinge von Neonazis aus dem westlichen | |
| Stadtteil Dorstfeld provoziert. Für vergangenen Samstag hatten sie eine | |
| Kundgebung am Hauptbahnhof für 2 Uhr nachts angemeldet, kurz bevor der | |
| erste Flüchtlingszug am nächsten Morgen eintreffen sollte. | |
| Auch am Montag sollte eine Demonstration der Rechten an der | |
| Katharinentreppe gegenüber vom Hauptbahnhof stattfinden. Mehr als 1.000 | |
| Gegner verhinderten, dass die Nazis überhaupt dorthin gelangen konnten. Als | |
| die Polizei versuchte, den Lautsprecherwagen der Rechtsextremen auf | |
| direktem Weg nach Dorstfeld durchzuprügeln, eskalierte die Situation. | |
| Polizeibeamte setzten Schlagstöcke und Pfefferspray ein. Die | |
| Gegendemonstranten trieben sie auseinander. Aus deren Lager flogen Flaschen | |
| und Steine auf Polizisten. Fünf Beamte wurden nach Polizeinformationen | |
| verletzt. | |
| Der Ratsherr der Rechten im Dortmunder Rat, Michael Brück, ließ es sich | |
| nicht nehmen, noch am selben Tag die nächste Versammlung anzukündigen: | |
| diesmal für Mittwoch. Wieder sollte die Kundgebung, die dieses Mal nicht in | |
| Reichweite des Hauptbahnhofs stattfand, durch eine Gegendemo gestört | |
| werden. Doch dazu kam es nicht. Die Polizei hatte aufgefahren und die | |
| Nazi-Demo mit vielen Hundert Beamten geschützt. Die genaue Zahl wollte sie | |
| nicht nennen. Am selben Abend trafen zwei weitere Flüchtlingszüge in | |
| Dortmund ein. | |
| Die Nazis tönten unterdessen während ihrer Kundgebung, in Zukunft wieder an | |
| der Katharinentreppe mit Nähe zum Hauptbahnhof demonstrieren zu wollen. | |
| Syrische Flüchtlinge planen dort am Samstag ein Dankes- und Kennenlernfest | |
| auszurichten, um den Dortmundern, wie sie sagen, ihre Freundschaft | |
| anzubieten. Bleibt zu hoffen, dass dies auch von der Polizei geschützt | |
| wird. | |
| 10 Sep 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Hanna Voß | |
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