# taz.de -- Kommentar Erdoğan und die PKK: Absurd und gefährlich | |
> Die Türkei sieht die PKK momentan als eine größere Gefahr an als den IS. | |
> Dabei ist diese mehrheitlich zu einer Aussöhnung bereit. | |
Bild: Türkische Nationalisten demonstrieren gegen die Angriffe der Kurden am D… | |
In der fast schon hysterischen europäischen Debatte um Flüchtlingsquoten | |
und ungerechte Lastenverteilung ist eines völlig aus dem Blick geraten: Der | |
Nato-Partner und EU-Beitrittkandidat Türkei provoziert derzeit einen | |
Bürgerkrieg mit den Kurden, der noch viel größere Ströme von Asylsuchenden | |
in Gang setzen könnte. | |
Präsident Recep Tayyip Erdoğan [1][bekämpft mit der PKK] die einzige | |
militärische Kraft, die auf dem Boden effektiv gegen den „Islamischen | |
Staat“ vorgeht. Der syrische Ableger der PKK, nicht die Türkei, ist die | |
Schutzmacht der von Völkermord bedrohten syrischen Minderheiten geworden. | |
Und gerade in jüngster Zeit hat sie mit Hilfe amerikanischer Luftangriffe | |
beachtliche Geländegewinne in Syrien zu verzeichnen. Ohne diese Truppen | |
haben die USA de facto keinen militärischen Verbündeten mehr am Boden. | |
Dieses Vorgehen ist ebenso absurd wie gefährlich. | |
Doch das ist Erdoğan nicht nur gleichgültig. Er sieht die Stärke der PKK | |
auch als Bedrohung an. Seine AKP hat bei den vergangenen Wahlen vor allem | |
deshalb die absolute Mehrheit verloren, weil so viele [2][die kurdische | |
Demokratische Partei der Völker] (HDP) gewählt haben – eine Partei, der | |
Erdoğan vorwirft, der politische Arm der PKK zu sein. | |
Für die Bevölkerung in den türkischen Kurdengebieten ist der brutale | |
Militäreinsatz, der sich seit Monaten schon auch gegen sie richtet, ein | |
schreckliches Déjà-vu der 1990er Jahre. Erdoğan wirft damit seinen einzigen | |
wirklichen politischen Erfolg, den begonnenen Friedensprozess mit den | |
Kurden, in den Dreck. Die Terroranschläge, so verwerflich sie sind, dienen | |
ihm letztlich nur als Vorwand. Die PKK hat sich stark gewandelt in den | |
vergangenen Jahren und ist mehrheitlich bereit zu einer Aussöhnung. | |
Das türkische Vorgehen destabilisiert die ohnehin fragile Lage in der | |
Region noch weiter – zum Vorteil der Terrormiliz IS. Doch eines sollte | |
Erdoğan klar sein: Man kann die Sehnsucht nach Eigenständigkeit nicht aus | |
einem Volk herausbomben. Das gelingt weder bei den Kurden, noch bei den | |
Palästinensern, als deren Schutzmacht Erdoğan sich so gerne aufspielt. | |
9 Sep 2015 | |
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## AUTOREN | |
Silke Mertins | |
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