# taz.de -- ARD-Film „Über den Tag hinaus“: Kitsch-Pendel im Lot | |
> Wieder ein Film über Alter, Tod und Demenz in der ARD: Klischeefrei, aber | |
> an das Genre-Meisterstück kommt er nicht heran. | |
Bild: 41-jährige Taxifahrerin (Katja Studt) trifft 80-jährigen Rentner (Horst… | |
Für einen deutschen Fernsehfilm sind das schon mal ungewohnte Schauwerte: | |
Split Screen am Anfang und später eine Kamera-Kreisfahrt à la Michael | |
Ballhaus um die beiden Hauptfiguren herum (Kamera: Philipp Timme). „Über | |
den Tag hinaus“ (Regie: Martin Enlen) ist – beinahe – ein Zweipersonenst�… | |
und spielt an einem einzigen Tag. | |
Für Schauspieler ist so eine „Before Sunrise“-Konstellation natürlich ein | |
Glücksfall. So wie dieser Fahrgast für jeden Taxifahrer, selbst wenn er | |
gerade eine Nachschicht hinter sich hat und eigentlich nur noch schlafen | |
will. So wie Greta Tullner (Katja Studt), als der Mann (Horst Sachtleben) | |
ihr das Angebot macht: „Was würden Sie den ganzen Tag kosten? Ich meine, | |
was würde es kosten, wenn Sie mich den ganzen Tag fahren würden? [...] | |
Schlafen können Sie noch ein ganzes Leben, Frau Tullner. Außerdem werde ich | |
zahlen, was Sie verlangen. Geld spielt keine Rolle. Also. Am besten Sie | |
denken sich eine Summe aus. Pauschal.“ | |
Für einen Mann von über 80 hat Walter Singer viele Termine an diesem Tag. | |
Und im Unterschied zu Greta ahnt der altgediente TV-Gucker bald, worauf das | |
hinauslaufen soll. Die Gesellschaft wird immer älter, das ARD-Publikum | |
sowieso. Da ist die beachtliche Zahl an Filmen, die sich zuletzt mit Alter, | |
Tod und Demenz befasst haben, nur logisch. Für die Drehbuchautorin Edda | |
Leesch ist es nach „Das Gewinnerlos“ bereits der zweite Film dieses | |
florierenden TV-Genres in diesem Jahr. Und wie schon im Mai geht sie es | |
vergleichsweise leicht an. | |
Greta ist mit ihren 41 Jahren eine arg frustrierte Frau, in Liebe und Beruf | |
ist es in nicht so gelaufen, wie sie sich das einmal gedacht hatte. | |
Gentleman Walter dagegen scheint mit sich im Reinen – erst später wird | |
offenbar, dass er in seinem Leben einen schweren Verlust zu verkraften | |
hatte. Die beiden fahren also Taxi, durch die Stadt (Frankfurt), aufs Land, | |
sie reden und reden, gehen mal behutsam und mal brutal miteinander um. | |
Walter hat eine Vorliebe für Kalendersprüche (“Es ist nie zu spät, zu sein, | |
was man will.“), Greta hält das Kitsch-Pendel mit ihrer etwas übertriebenen | |
Schnoddrigkeit im Lot. Da geht dann sogar das gemeinsame in den Nachthimmel | |
gucken und Sternschnuppen zählen in Ordnung. Das [1][Genre-Meisterstück | |
„Altersglühen“] stammt aus dem vergangenen Jahr und bleibt Lichtjahre | |
entfernt. | |
9 Sep 2015 | |
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## AUTOREN | |
Jens Müller | |
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