# taz.de -- Flüchtlinge in Ungarn und Griechenland: Handgemenge und Tränengas | |
> In einem Erstaufnahmelager für Flüchtlinge in Röszke gab es Proteste und | |
> Rangeleien. Auf Lesbos kam es zu Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen | |
> und Polizei. | |
Bild: Syrische Flüchtlinge versuchen, den Grenzzaun an der ungarisch-serbische… | |
BUDAPEST/MYTILENE afp | Mit einem Marsch auf einer Autobahn haben | |
zahlreiche Flüchtlinge die chaotische Lage in Ungarn erneut deutlich | |
gemacht. Rund 200 Flüchtlinge liefen am Montag auf der M5 etwa 15 Kilometer | |
weit, bevor die Polizei sie überreden konnte, sich in Bussen in ein nahe | |
gelegenes Registrierungslager für Asylbewerber bringen zu lassen. Zuvor | |
hatten die Flüchtlinge gegen die schleppende Registrierung demonstriert, | |
dabei gab es auch Handgemenge. | |
In der Nähe einer Erstaufnahmeeinrichtung nahe der serbischen Grenze | |
kletterten etwa 200 Flüchtlinge über einen Zaun und gelangten so auf die | |
Autobahn M5. Gemeinsam liefen sie gegen die Fahrtrichtung in Richtung der | |
Hauptstadt Budapest, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP | |
berichteten. Die Polizei sperrte einen Abschnitt der Autobahn M5 nahe | |
Röszke. Später willigten die Demonstranten ein, sich in Bussen zu der | |
Erstaufnahmeeinrichtung zurückbringen zu lassen. | |
Sie gehörten zu etwa tausend Menschen, die zuvor eine Polizeiabsperrung an | |
einer Sammelstelle für die Registrierung von Flüchtlingen nahe dem | |
Erstaufnahmelager in Röszke durchbrochen hatten. Im Laufe des Tages hatte | |
es an der Sammelstelle Proteste und Rangeleien gegeben. Die Flüchtlinge | |
waren unzufrieden damit, dass sie stundenlang im Freien auf Busse warten | |
mussten, die sie zum Erstaufnahmelager bringen sollten. Die Polizei setzte | |
Tränengas ein, nachdem einige Flüchtlinge mit Steinen geworfen hatten. | |
Nachdem zwischenzeitlich 300 Menschen aus der Erstaufnahmeeinrichtung in | |
Röszke geflohen waren, schlossen die ungarischen Behörden fast eine Stunde | |
lang den Hauptgrenzübergang zu Serbien. In Röszke kommen die meisten | |
Flüchtlinge an, die über die Balkanroute in die Europäische Union gelangen. | |
Seit einem Monat treffen dort täglich tausende Menschen ein. Seit | |
Jahresbeginn reisten 167.000 Flüchtlinge in Ungarn ein, allein im August | |
waren es 50.000. | |
Die Behörden sind überfordert, zudem fährt die rechte Regierung eine | |
restriktive Linie gegenüber Flüchtlingen. Das ungarische Parlament | |
beschloss erst am Freitag, schärfer gegen illegal einreisende Migranten | |
vorzugehen. Ab Dienstag kommender Woche gilt der illegale Grenzübertritt | |
als Straftat, die mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. | |
Der ungarische Ministerpräsident Victor Orbán will den Bau des Zauns zur | |
serbischen Grenze weiter forcieren. Er sei überzeugt, dass dafür mehr | |
Arbeiter nötig seien, wurde er in der der regierungsfreundlichen Zeitung | |
Magyar Idok am Dienstag zitiert. Zu dieser Einschätzung sei er am Montag | |
nach einer unangekündigten Überprüfung der Grenze mit seinem Stabschef | |
Janos Lazar gekommen. Für den Bau ist das Militär verantwortlich. | |
Inmitten der Krise trat am Montag der ungarische Verteidigungsminister | |
Csaba Hende zurück. Das teilte die Regierung über die amtliche | |
Nachrichtenagentur MTI mit. Demnach informierte Hende den | |
Ministerpräsidenten über die Fortschritte am Bau des Zauns entlang der | |
serbischen Grenze, mit dem Flüchtlinge abgewehrt werden sollen. | |
Anschließend habe er Orbán über sein Rücktrittsgesuch unterrichtet, Orbán | |
habe dieses angenommen. Gründe wurden nicht genannt. Den Angaben zufolge | |
soll Hende, der seit 2010 im Amt war, vom derzeitigen Sport-Staatssekretär | |
Istvan Simicsko abgelöst werden. | |
## Lesbos: Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen und Polizei | |
Auf der griechischen Insel Lesbos ist es in der Nacht zum Dienstag wieder | |
zu Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen und Sicherheitskräften gekommen. | |
Rund ein Dutzend Mitglieder der Küstenwache und der Bereitschaftspolizei | |
gingen teils mit Schlagstöcken gegen aufgebrachte Migranten vor, die auf | |
ein von der Regierung bereitgestelltes Schiff gelangen wollten. „Bleibt | |
zurück!“, riefen die Beamten, um die Menge zu stoppen. | |
„Ich bin seit acht, neun Tagen hier, mein Gott, ich kann mich nicht mal | |
erinnern“, sagte der Syrer Aleddin, ein Ingenieurstudent, der nach | |
Deutschland gelangen will. „Einige Menschen harren hier seit 14 oder 15 | |
Tagen aus. Die Regierung kümmert sich nicht um uns.“ | |
Der für Einwanderung zuständige Minister Giannis Mousalas warnte am Montag, | |
Lesbos sei „einer Explosion nahe“. Inzwischen seien mehr als 15.000 | |
Flüchtlinge auf der Insel mit einer Bevölkerung von 85.000 Menschen. Die | |
örtlichen Behörden könnten dies kaum noch bewältigen. | |
Zur Entlastung der Inselhauptstadt Mytilini sollten die Menschen in Kürze | |
von einem zweiten Hafen im Ort Sigri aus zum griechischen Festland gebracht | |
werden, sagte Mousalas weiter. „Wir hoffen, dass die Einwohner und die | |
Flüchtlinge in den kommenden fünf Tagen Zeichen der Besserung sehen | |
können.“ | |
In Griechenland kamen dieses Jahr bereits mehr als 230.000 Flüchtlinge an. | |
Nach Lesbos kommen besonders viele Menschen von der nahen türkischen Küste. | |
Schon in den vergangenen Tagen gab es auf der Agäisinsel gewaltsame | |
Zusammenstöße zwischen der Polizei und Flüchtlingen sowie zwischen | |
verschiedenen Flüchtlingsgruppen. Am Sonntag wurden zwei 17-jährige | |
Inselbewohner unter dem Verdacht festgenommen, in einem Park in Mytilini | |
zwei Brandflaschen auf schlafende syrische Familien geworfen zu haben. | |
8 Sep 2015 | |
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