# taz.de -- Berliner Szenen: Direkt aus dem Bible Belt | |
> Pulled Pork gehört zu den großen Kostbarkeiten der Südstaatenküche. Man | |
> kann es aber auch in Berlin essen – mitunter an unerwarteter Stelle. | |
Bild: Fleisch, Sauce, Fleisch, Brötchen und Fleisch: fertig ist das Pulled-Por… | |
Mein erstes Pulled Pork aß ich in Natchez, Mississippi. Das war 2011. | |
Zunächst war ich ein wenig enttäuscht, dass es wirklich nur eine | |
Milchsemmel, Soße und Fleisch gab, nicht mal ein Verlegenheitssalatblatt. | |
Doch beim ersten Bissen verstand ich. Auf meiner Reise durch die USA | |
schaffte ich es bloß noch ein weiteres Mal, diesen Teil der Heiligen | |
Dreifaltigkeit des Barbecues zu essen: in Lynchburg, Tennessee, der | |
Heimatstadt von Jack Daniel’s. | |
Seit einigen Jahren gibt es Pulled Pork auch in Berlin. Die über viele | |
Stunden lange Niedrigtemperaturgarung passt zum Slow-Food-Trend, die | |
praktische Darreichungsform zum Street-Food-Trend und der erdige | |
Südstaaten-Approach zu den Bärten der Männer, die das Zeug hier verkaufen. | |
Einige Chancen hatte ich schon verstreichen lassen: In der Markthalle Neun | |
war es entweder ausverkauft oder die Schlange zu lang, beim „The Bird“ am | |
Kottbusser Damm gerade nicht vorrätig, und als ich es in einem Food-Truck | |
bei der C/O-Eröffnung entdeckte, hatte ich keinen Hunger. | |
Völlig unerwartet bekam ich meine Chance auf dem Sommerfest der | |
Linkspartei-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Unter dem Motto „Lust und Laune | |
auf links“ hatte sie in die Industrieruinenkulisse des Fritz-Clubs geladen | |
und ein eklektisches Unterhaltungsprogramm aufgefahren. Die Gäste konnten | |
Fotos im Vintage-Automaten machen, ein Feuerspucker trat auf, André Hermlin | |
spielte Swingklassiker, es gab Berliner Pilsener aus dem Bierwagen, Klaus | |
Lederer sang mit Partyhütchen ein Schlagerduett zu Discobeats – und zu | |
essen gab es eben Pulled Pork. In der Milchsemmel. | |
Nun ist Pulled Pork Südstaatenküche, direkt aus dem Bible Belt. In | |
Lynchburg gab es das im Touristenshop, direkt neben [1][den „Don’t Re-Nig | |
in 2012“-Aufklebern], die Obamas Wiederwahl verhindern sollten. Seltsam, | |
das jetzt ausgerechnet bei der Linkspartei wiederzutreffen. Aber gut: Die | |
wollen ja auch in einem Jahr einen Machtwechsel im Land. | |
10 Sep 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://www.youtube.com/watch?v=nPpZ0yU0enQ | |
## AUTOREN | |
Michael Brake | |
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