| # taz.de -- US-Tycoon und Politiker Donald Trump: Großmäulig mit dem Riecher … | |
| > Nicht dumm, aber dreist: Donald Trump teilt aus. Die USA schauen zu, als | |
| > handele es sich um einen Ringkampf und nicht um eine Wahl. | |
| Bild: Politiker ist er erst seit Juni, selbstbewusst schon etwas länger: Donal… | |
| New York taz | Sein Name steht auf dem Hinterteil von Hubschraubern. Er | |
| prangt auf der Fassade von Hochhäusern. Auf Spielkasinos. Auf Golfclubs. | |
| Auf Wodkaflaschen. Und demnächst könnte er auch am Weißen Haus landen. Es | |
| würde zum „Trump House“, falls der gegenwärtige Spitzenkandidat der | |
| Republikanischen Partei es schaffen sollte, die Nominierung seiner Partei | |
| zu gewinnen und wider alle Erwartung im November 2016 zum nächsten | |
| US-Präsidenten gewählt zu werden. | |
| „Branding“ ist eine Stärke von Donald Trump. Überall seinen Namen | |
| hinterlassen. Als er das Immobilienimperium von seinem Vater erbte, das | |
| damals bereits mehrere Hundert Millionen wert war, benannte er es in „The | |
| Trump Organization“ um. Heute ist es zwischen 7 Milliarden (Forbes) und 10 | |
| Milliarden (nach Trumps umstrittener Selbsteinschätzung) Dollar wert. | |
| Der 69-Jährige prägt Sätze, die auf eine Schirmmütze passen, wie „Amerika | |
| wieder stark machen“, den er von Ronalds Reagans Präsidentschaftswahlkampf | |
| 1980 hat. Ein anderer populistischer Slogan: „Trump baut Mauern.“ Das sagt | |
| er bei einem Wahlkampfauftritt – im konkreten Fall meint er die Mauer, die | |
| er längs der mexikanisch-US-amerikanischen Grenze bauen will. | |
| Dumm ist er nicht. Aber dreist. Mit dem Riecher im Wind. Und mit jeder | |
| Menge Verachtung für alle anderen. Seinen Konkurrenten Jeb Bush fordert er | |
| auf, „in Amerika“ solle er Englisch reden. Der Konkurrent, der mit einer | |
| Mexikanerin verheiratet ist, hatte bei einem Meeting ein paar Worte auf | |
| Spanisch gesagt. | |
| Über Hillary Clinton erzählt er, dass sie und ihr Mann zu seiner dritten | |
| Hochzeit gekommen seien – weil er ihrer Stiftung großzügig gespendet habe. | |
| Trump: „Ich gebe jedem Politiker. Sie tun, was immer ich will.“ Er sagt | |
| auch, er sei „sehr reich“ und daher unabhängig von Geldgebern. | |
| Trump teilt großmäulig aus. Bush ist für ihn „nett, aber energielos“. Der | |
| Texaner Rick Perry „trägt Brille, um smart auszusehen“. Und Lindsey Graham | |
| ist einfach nur „steif“. Aber wenn Trump selbst kritisiert wird, reagiert | |
| er empfindlich. Er antwortet Kritikern mit Beleidigungen, mit | |
| Diffamierungen und mit Klagen. Gegen Journalisten, die ihn etwas härter | |
| angehen, startet er Rufmord-Kampagnen, in denen er sie systematisch als | |
| „Verlierer“ bezeichnet. | |
| ## „Bimbo“ und „Versager“ | |
| Die „FoxNews“-Moderatorin Megyn Kelly, die ihn fragt, warum er Frauen auch | |
| mal „Schweine, Hündinnen et cetera“ nennt, bezeichnet er als „Bimbo“ | |
| (Tussi) und „völlig überbewertet“. | |
| Dem konservativen Journalisten Hugh Hewitt, der in einem Interview | |
| herausfindet, dass Trump weder den Unterschied zwischen Hamas und Hisbollah | |
| noch den zwischen Kurden und der iranischen Revolutionsgarde Kuds kennt, | |
| ruft der Kandidat [1][per Tweet] hinterher: „Versager“. Den | |
| „Univision“-Journalisten Jorge Ramos, der wissen will, wie es logistisch | |
| möglich sein soll, 11 Millionen Menschen zu deportieren, lässt er aus dem | |
| Saal schmeißen. Und die Korrespondentin der Zeitung [2][Des Moines | |
| Register], die ihn zum Rücktritt wegen Inkompetenz auffordert, streicht er | |
| von der Liste der bei ihm akkreditierten Journalisten. | |
| Humor auf seine Kosten erträgt Trump überhaupt nicht. Der Kolumnist Frank | |
| Cerabino in Florida bekam einen ganzen Stapel Beschwerden – wegen der | |
| Kolumnen über Trumps viel zu hohen Fahnenmast in Palm Beach, über seine | |
| Proteste gegen das dortige County-Gefängnis neben seinem Golfplatz und über | |
| seine lauten Partys. Dann verklagt Trump den Journalisten Bill Maher, der | |
| ein Geburtszertifikat sehen will, das belegt, dass Trump nicht von | |
| Orang-Utans abstammt. Der Kolumnist Cerabino beschreibt den Rechtsstreit | |
| genüsslich. Woraufhin Trump per Tweet die „Einschläferung“ der Palm Beach | |
| Post verlangt, „eine der dümmsten Zeitungen“. | |
| Die Nation guckt zu, als handle es sich nicht um einen Wahl-, sondern einen | |
| Ringkampf, was neben Golf der zweite Lieblingssport von Trump ist. | |
| Jeder neue Ausfall des Kandidaten kommt in die Schlagzeilen. Und der Sender | |
| CNN, der am 16. September die nächste republikanische TV-Debatte überträgt, | |
| kann sich auf Rekordeinnahmen für die Werbepausen freuen: 200.000 Dollar | |
| pro halbe Sekunde. „Ich bin der Star der Einschaltquoten“, prahlt Trump. | |
| Damit hat er recht. | |
| „Politiker“ ist Trump erst seit Juni, als er in seinem kitschigen und | |
| vergoldeten New Yorker Trump-Tower auf der Rolltreppe zu einer | |
| Pressekonferenz herunterfuhr, [3][um seine Kandidatur bekannt zu geben]. In | |
| den Jahrzehnten zuvor hatte er nur mit einem solchen Schritt gedroht. Jetzt | |
| ist er in Rekordzeit zu dem populärsten aller 17 republikanischen | |
| Kandidaten geworden. Und ist darüber selbst verblüfft. In einem Interview | |
| mit dem Golf Digest sagt er: „Ich hatte keine Ahnung, dass es so groß | |
| werden würde. Nummer eins, diese intensive Populärität, und die Umfragen. | |
| Ich habe nicht gedacht, dass es so schnell gehen würde.“ | |
| Nur zwei andere KandidatInnen im republikanischen Feld können Trump das | |
| Wasser reichen: der Hirnchirurg Ben Carson und die Spitzenmanagerin Carly | |
| Fiorina. Auch sie beide kommen von außerhalb des üblichen Politzirkus. Alle | |
| drei sind bar jeder Erfahrung in der Partei und in gewählten Ämtern. Nach | |
| sechs Jahren radikal rechter Bewegungen, in denen die Tea Party ideologisch | |
| den Ton angab, ernten jetzt nicht deren Präsidentschaftskandidaten , | |
| sondern die Außenseiter die Früchte der Arbeit. Die drei Außenseiter | |
| bündeln die Wut auf alles, was die US-Politik ausmacht: „Washington“, der | |
| Kongress und die Republikanische Partei. | |
| ## Parteidisziplin ist ein Fremdwort | |
| Die Apparatschiks der Partei waren auf eine Konfrontation zwischen | |
| radikalen Tea-Party-Vertretern und traditionellen Republikanern | |
| eingestellt. Stattdessen müssen sie jetzt mit drei Leuten umgehen, die sie | |
| nicht wirklich durchschauen. Und für die Parteidisziplin ein Fremdwort ist. | |
| Am meisten zittert die Partei vor Trump. Der jonglierte mit der | |
| Möglichkeit, notfalls als unabhängiger Kandidat anzutreten, falls die | |
| Partei jemand anderen nominieren sollte. Angesichts seiner hohen | |
| Popularität könnte das die Partei den Sieg kosten. | |
| In der vergangenen Woche machte der Chef des Parteivorstands der | |
| Republikaner, Reince Priebus, einen tiefen Kotau vor Trump. Priebus reiste | |
| in den goldglitzernden, kitschigen Trump-Tower in New York, wo der Kandidat | |
| ein schriftliches Loyalitätsgelübde ablegte, in dem er bestätigte, dass er | |
| auf eine unabhängige Präsidentschaftskandidatur verzichten will. Im | |
| Gegenzug garantierte die Partei ihm Fairness. | |
| Eine politische Linie ist in Trumps Vita schwer auszumachen. Er hat Geld | |
| gemacht. Hat – mit einigen Produkten – Bauchlandungen gemacht. Und steht – | |
| in New York und Kalifornien – gegenwärtig vor Betrugsklagen gegen seine | |
| inzwischen geschlossene „Trump-Universität“. Allein in New York sind rund | |
| 600 Exstudenten um mehrere Tausend Dollar betrogen worden. Aber politisch | |
| war er ein paar Jahre lang Demokrat, ein paar Jahre lang Republikaner und | |
| ein paar Jahre lang Unabhängiger. Er hat Ronald Reagan und Demokraten Geld | |
| gespendet. | |
| ## Den Stundenlohn auf die Hand | |
| Er war erst für und dann gegen eine Gesundheitsreform. Und er reibt sich | |
| zwar gegenwärtig an Obamas Einwanderungspolitik, ist aber selbst immer von | |
| Einwanderern umgeben. Seine Großeltern väterlicherseits stammen aus | |
| Kallstadt an der Weinstraße. Seine Mutter ist in Schottland geboren. Zwei | |
| seiner drei Frauen kommen aus Europa und haben erst durch ihre Ehe mit ihm | |
| ihre US-Staatsangehörigkeit erhalten. Und bei Abrissarbeiten an der 5th | |
| Avenue beschäftigte er Kolonnen von papierlosen polnischen Arbeitern, die | |
| ihren Stundenlohn bar auf die Hand bekamen. | |
| Trumps Unterstützern sind dessen große und kleine Widersprüche egal. Am | |
| Rand einer Pro-Israel-Demonstration auf der Upper East Side in New York | |
| sitzt eine alte Dame mit Goldkettchen, kleinem Hund und dicker Puderschicht | |
| auf einem Mäuerchen. An ihrem Revers trägt sie einen selbstgebastelten | |
| runden Trump-Sticker. Sie erzählt, dass ihr oft Leute mit erhobenen Daumen | |
| entgegenkommen. „Er ist ein fabelhafter Typ“, schwärmt sie: „Er sagt gen… | |
| was wir denken. Und er redet nicht nur. Sondern er tut auch etwas. Er | |
| schafft Arbeitsplätze.“ Ihre zweite Wahl ist der texanische Senator Ted | |
| Cruz. Der wird in dieser Woche zusammen mit Trump gegen den Iran-Deal | |
| demonstrieren. | |
| 9 Sep 2015 | |
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| [1] http://twitter.com/realDonaldTrump | |
| [2] http://www.desmoinesregister.com/ | |
| [3] http://www.youtube.com/watch?v=q_q61B-DyPk | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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