# taz.de -- Laibach in Nordkorea: „Dem Bösen den letzten Nerv rauben“ | |
> Die Ästhetisierung des Hässlichen ist ein Hauptanliegen von Laibach. Ist | |
> ihr Auftritt in Nordkorea doppelbödig – oder nur eine Inszenierung? | |
Bild: Laibach vor dem großen Trompeter auf dem Kim Il-sung-Platz. | |
Ein echter Coup: Das slowenische Kunstkollektiv Laibach hat auf Vermittlung | |
des norwegischen Künstlers Morten Traavik am Mittwoch und Donnerstag zwei | |
Konzerte am 2.000 Zuschaer fassenden Konservatorium in Pjöngjang, der | |
Hauptstadt Nordkoreas, gegeben. | |
Dass man es mit Erfindungsreichtum im Kapitalismus weit bringen kann, dafür | |
sind Laibach ein Beispiel. Wir Musikkonsumenten haben etwa die Wahl | |
zwischen peinsamen Songs und Songs über peinsame Songs. Jene Ästhetisierung | |
des Hässlichen wurde zum Markenzeichen von Laibach. Mit ihrerVersion von | |
„Live is Life“, einem Song der österreichischen Hitparaden-Band Opus, den | |
Laibach unter dem Titel „Opus Dei“ coverte, wurden die Slowenen 1987 auch | |
jenseits der Kunst-, Theater- und Industrialmusikkreise bekannt, in denen | |
ihre Wurzeln liegen. | |
Die Pop-Philosophie von Laibach funktionierte seither immer und ist denkbar | |
einfach: Ein Kunstwerk taugt nichts, wenn es nicht provoziert. Ihre bewusst | |
skandalträchtige Inszenierung, unter ständiger Verwendung von Symbolen aus | |
Sozialismus und Faschismus, sorgt für flächendeckende Publicity. Insofern | |
sind die beiden Konzerte aus Anlass des 70. Jahrestags der Befreiung Koreas | |
von der japanischen Besatzung eine konsequente Steigerung. | |
Laibach haben die beiden Konzerte „Liberation Tour“ genannt. Schlau, | |
doppelbödig. Und dennoch, ob jenseits der Funktionärskaste und einiger | |
westlicher Touristen auch nordkoreanische Arbeiterinnen und Bauern Zugang | |
zu den beiden Konzerten hatten, ist nicht bekannt. „Believe“, prangt als | |
Losung auf den im Stile von sozialistischen Propaganda-Schinken gemalten | |
Tourplakaten, die tausende koreanische Tänzerinnen mit ausgebreiteten Armen | |
vor einer Bühne zeigen. | |
Glauben? Laibach wollen mit solchem Schwulst „dem Bösen den letzten Nerv | |
rauben“, behaupten sie. Wahrscheinlicher ist aber, dass Laibach mit dieser | |
Inszenierung bei ihrer Zielgruppe punkten, dem linken Mainstream in Europa. | |
Uns Musikkonsumenten bleiben neben peinsamen Songs und Coverversionen | |
peinsamer Songs wenigstens noch weitere Auswahlmöglichgkeiten. | |
20 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Julian Weber | |
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