# taz.de -- Nepals neue Verfassung: Tödliche Proteste gegen Neuordnung | |
> Der Konflikt um die geplante Föderalisierung und Aufteilung des | |
> Himalaja-Staates in sieben Provinzen fordert elf Todesopfer. | |
Bild: Aktivisten des Verbandes ethnischer Minderheiten bei einem Protest in Kat… | |
DELHI taz | Proteste gegen einen neuen Verfassungsentwurf haben in Nepal | |
seit Montag elf Todesopfer gefordert. In der Hauptstadt Kathmandu | |
demonstrierten am Dienstag Hunderte Studenten, nachdem am Vortag im | |
Distrikt Kailali sieben Polizisten und ein Kleinkind von Demonstranten | |
getötet worden waren. | |
In den vergangenen Wochen war es in zahlreichen Landesteilen zu Protesten | |
gegen die geplante Verfassung gekommen. Sie sieht eine Föderalisierung und | |
Aufteilung des Landes in sieben Provinzen vor. Ethnische Minderheiten | |
fürchten, dass der Plan sie benachteiligen und ihnen nicht genügend | |
Autonomie einräumen werde. | |
Nach der Gewalt am Montag wurde in Tikapur in Kailali eine Ausgangssperre | |
verhängt und der Distrikt zum Aufstandsgebiet erklärt. Kailali ist die | |
Heimat einer der größten ethnischen Minderheiten Nepals, der Tharu. Sie | |
fordern eine eigene Provinz für sich. | |
„Wie immer versuchen die Politiker unsere Präsenz in der Region zu | |
ignorieren und uns vom Restrukturierungsprozess des Staats auszuschließen“, | |
klagt Dhani Ram Chaudhari, Koordinator des Tharuhat/Tharuwan Joint Struggle | |
Committee. | |
## Verfassungsstreit seit Abschaffung der Monarchie | |
Der Konflikt über eine Neuordnung des S0taats schwelt seit der Abschaffung | |
der Monarchie 2008. Nepal wird traditionell von einer hochkastigen, Nepali | |
sprechenden Hindu-Elite regiert. Religiöse und ethnische Minderheiten sowie | |
die Stammesbevölkerung haben kaum etwas zu sagen. | |
Die Übergangsverfassung, die nach Abschaffung der Monarchie in einem | |
Friedensabkommen mit den aufständischen Maoisten endete, sieht in ihrer | |
Präambel die „progressive Umstrukturierung des Staats“ vor, „um all jene | |
bestehenden Probleme im Land zu lösen, die mit gesellschaftlichen Merkmalen | |
wie Klasse, Ethnizität, Religion und Geschlecht zusammenhängen“. Doch | |
bisher konnte keine Einigung erzielt werden, wie diese Umstrukturierung | |
aussehen soll. | |
Unter dem Eindruck der schweren Erdbeben am 25. April und 12. Mai dieses | |
Jahres rauften sich die drei großen Parteien, Nepali Congress (NC), | |
Communist Party of Nepal – Unified Marxist-Leninist (CPN-UML) und die | |
Unified Communist Party of Nepal – Maoist (UCPN-M) zusammen. Sie | |
präsentierten das Abkommen zur Vereinbarung einer neuen Verfassung, das nun | |
auf Widerstand stößt, am Sonntag im Parlament. | |
„Nepals Regierung ist direkt für diese furchtbare Eskalation der Gewalt | |
verantwortlich, weil sie versäumt hat, sich mit den betroffenen lokalen | |
Gemeinden zu verständigen und auf deren Bedenken einzugehen“, sagt Brad | |
Adams von Human Rights Watch. | |
Die Hoffnung auf eine Lösung der seit Jahren schwelenden Dauerkrise, die | |
Beobachter mit dem Abkommen verbanden, ist erst einmal gestorben. | |
27 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Britta Petersen | |
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