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# taz.de -- Konflikt in Mali: Der Friedensprozess verläuft im Sand
> Tuareg-Rebellen haben die Umsetzung des Friedensabkommens für Nord-Mali
> aufgekündigt und den Waffenstillstand für gescheitert erklärt.
Bild: UN-Patrouillie in Kidal.
Berlin taz | Nur rund zwei Monate nachdem Malis Regierung mit den
Tuareg-Rebellengruppen im Norden des Landes ein umfassendes
Friedensabkommen geschlossen hat, sprechen wieder die Waffen. Der
Tuareg-Dachverband CMA (Koordination der Azawad-Bewegungen), benannt nach
dem Tuareg-Namen für die von ihnen reklamierten Wüstengebiete, zog sich in
der Nacht zu Montag aus den gemeinsamen Instanzen zur Umsetzung des
geltenden Mali-Friedensabkommens zurück. Für Montagabend wurden
Krisentreffen in der Hauptstadt Bamako angesetzt, bei denen die CMA
allerdings lediglich die Aussetzung ihrer Zusammenarbeit bestätigen wollte.
Hintergrund sind Kämpfe im Norden Malis zwischen den nach Autonomie
strebenden bewaffneten Tuareg-Gruppen in der CMA und anderen lokalen
Milizen, die in einer sogenannten Plattform zusammengeschlossen sind und
Malis Zentralmacht zuneigen. Am 17. August hatte die zur „Plattform“
gehörende Miliz „Gatia“ (Selbstverteidigungsgruppe der Imghad-Tuareg und
Alliierter) nach dreitägigen Gefechten die Stadt Anefis 120 Kilometer
südlich der faktischen Tuareg-Hauptstadt Kidal im Nordosten Malis
eingenommen. Für die Tuareg-Rebellen waren diese schwersten Kämpfe seit
Monaten ein Bruch des geltenden Friedensabkommens.
Damit sind die Versuche zur Lösung der Krise in Mali wieder an ihrem
Ausgangspunkt angelangt. 2012 hatten Rebellen aus dem größten Tuareg-Clan
der Ifoghas die Nordhälfte ihres Landes erobert und dort einen unabhängigen
Staat „Azawad“ ausgerufen, der rasch unter die Kontrolle bewaffneter
Islamisten fiel.
Frankreich setzte der islamistischen Herrschaft 2013 mit einer
Militärintervention ein Ende, woraufhin die Tuareg wieder die Kontrolle
übernahmen, vor allem in Nordmalis größter Stadt Kidal.
## Friedensabkommen in Algier
Die Strategie Frankreichs und später der UNO ist seitdem gewesen, den nach
Autonomie strebenden Tuareg entgegenzukommen, um sie aus der Allianz mit
den Islamisten herauszulösen. So schlossen die Kontrahenten auf
internationalen Druck hin dieses Jahr in Algeriens Hauptstadt Algier ein
Friedensabkommen, das den Autonomiewünschen der mittlerweile im Dachverband
CMA zusammengeschlossenen Tuareg-Gruppen weitgehend entgegenkommt. Die
Regierung und ihre Verbündeten in Nordmali unterschrieben am 15. Mai, die
Rebellen am 20. Juni.
Die Regierung in Malis 1.500 Kilometer von Kidal entfernter Hauptstadt
Bamako hat dabei das Nachsehen und hat immer nur widerwillig mitgemacht.
Aus Militärkreisen in Bamako werden seit Jahren Milizen aufgerüstet, die
den CMA-Tuareg die Kontrolle über den Norden des Landes streitig machen
sollen.
Diese Milizen, zu denen auch Tuareg aus anderen Clans als denen in der CMA
gehören, schlossen sich zur „Plattform“ zusammen, um am
Algier-Friedensprozess teilzunehmen – womit die Regierung sagen konnte, die
CMA habe im Norden keinen Alleinvertretungsanspruch.
## Sicherheitszone dekretiert
Die CMA-Tuareg fühlen sich nun düpiert. Almou Ag Mohamed von der CMA
erklärte am Montag, seine Truppen hätten Anefis nur verloren, weil „wir uns
in der Logik des Friedens und des Dialogs befinden, während die
Plattform-Milizen sich auf den Krieg vorbereiten“. Aus seiner Sicht sei der
Waffenstillstand – und damit der Friedensprozess – nun vorbei: „Man kann
nicht von einem Waffenstillstand sprechen, wenn eine Seite ihn respektiert
und die andere ihn bei jeder Gelegenheit bricht.“
Die CMA-Tuareg hoffen nun auf die internationale Gemeinschaft, allen voran
die UN-Mission Minusma. Die hatte als Reaktion auf die Kämpfe in Anefis in
der vergangenen Woche eine „Sicherheitszone“ von 20 Kilometern rund um die
Tuareg-Hochburg Kidal dekretiert, in der sich ausschließlich die Kämpfer
der CMA, nicht aber deren Gegner in der „Plattform“ bewegen dürfen.
Dieser für eine UN-Mission unübliche Schritt, eine Schutzzone für Rebellen
einzurichten, stieß bei Malis Regierung auf Kritik. Vor wenigen Tagen
richteten Regierung und Minusma daher ein gemeinsames „Krisenkomitee“ ein,
um sich besser abzustimmen. Nun müssen sie ihre Machtlosigkeit feststellen.
24 Aug 2015
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Mali
Tuareg
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