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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Manchesters Kapitalismus
> 85 Millionen Euro! Fünf!und!achtzig! Millionen! Euro! Natürlich ist
> Thomas Müller 85 Millionen Euro wert! Wer, wenn nicht er?
Bild: Winkt er schon zum Abschied aus München?
Fünfundachtzig Millionen Euro sind nicht gerade eine Summe, die in einer
für die meisten Menschen vorstellbaren Größenordnung liegt. Mal grob
überschlagen, müsste unsereiner etwa 2.400 Jahre arbeiten, um auf eine
solche Summe zu kommen. Nur mal so, um eine Ahnung davon zu bekommen, wie
lange man schuften müsste, um sich, sagen wir, einen Weltklassefußballer zu
Hause halten zu können. Aber wer will schon 2.400 Jahre lang leben,
geschweige denn arbeiten?
Thomas Müller wusste auch nicht viel mit der Zahl 85 Millionen Euro
anzufangen, dabei ist diese abstrakte Zahl der Wert, auf den er gerade
taxiert wird. Jedenfalls soll Manchester United, das bereits seinen
Extrainer und Garant für Einsätze, Louis van Gaal, sowie seinen Kumpel
Bastian Schweinsteiger im Stall hat, so viel für den Bayern-Profi bieten.
„Es ist grundsätzlich verrückt, welche Zahlen aktuell im Fußball
rumgeistern. Das ist halt das Geschäft.“, sagte Müller zum Angebot des
Vorjahres-Premier-League-Vierten. „Aber es ist ja nicht der Mensch, der 100
Millionen Euro wert ist, sondern bloß eine Handelssumme. Deshalb sehe ich
das ganz relaxt“, erklärte der 25-Jährige weiter.
An dieser neuesten Offerte für Müller sind mehrere Dinge spannend. Zum
einen die immer wiederkehrenden Attribute „irre“, „verrückt“ und
„astronomisch“, mit der diese Summen beschrieben wird. Und der Unglaube,
wie viel Geld im Fußball fließt. Dabei ist es eigentlich keine irre Summe,
sondern eine logisch zu erklärende: Dieses Geld kann Müller wert sein, wenn
er den Konkurrenten aus München schwächt und gleichzeitig bei Manchester so
ins Gefüge passen sollte, dass dort wieder Titel geholt werden.
## Die Marke Bayern schwächen
Während das generelle Echauffieren über die hohen Summen eh langsam
langweilig wird – hat sich doch wohl rumgesprochen, dass Profifußball im
Spätkapitalismus eine begehrte Ware ist –, ließe sich leicht aufrechnen,
was Müller, von der Veranlagung ein Solitär im Weltfußball, für die Marke
Manchester bedeuten könnte. Einer wie Müller, dessen Spielstil sich
eigentlich durch ständige Stilbrüche auszeichnet, bei dem Veranlagungen zum
Vorschein kommen, von denen man nicht wusste, dass ein menschliches Wesen
sie haben kann – dieser Müller kann ein entscheidender Faktor sein, um
Manchester wieder an die nationale und europäische Spitze zu führen. Keiner
weiß das besser als van Gaal.
Und keiner weiß besser als van Gaal, dass den Bayern nicht nur der
Weltklassespieler Müller verloren ginge, sondern eine weitere
Mia-san-mia-Identifikationsfigur, ein Sympathieträger, ein Liebling jeder
PR-Abteilung und nebenbei auch jeder oberbayerischen Schwiegermutter – auch
dies Eigenschaften, die man monetär aufwiegen könnte. Die Stimmen einer
Entbajuwarisierung des Klubs würden lauter, die Marke Bayern geschwächt.
Wem nützte dies alles? Der Konkurrenz. Also auch Manchester.
Interessant ist natürlich auch, dass die Premier-League-Topteams nach den
verbesserten Fernsehverträgen (die Premier League erhält ab 2016/17
insgesamt 2,3 Milliarden Euro, während die Bundesliga gerade bei 628
Millionen steht) gerade die Angebote beliebig erhöhen kann, weshalb nicht
mal die 85 Millionen das letzte Wort aus der Wiege des liberalen
Kapitalismus gewesen sein müssen.
Kein Wunder also, dass Manchester derart mit englischen Pfunden wuchert und
nun neben der Ablöse auch ein Gehalt in Messi- und Ronaldo-Sphären (18
Millionen pro Jahr) kolportiert wird, das ManU Müller bietet. Es könnte
sich lohnen.
21 Aug 2015
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
Thomas Müller
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