# taz.de -- Inhaftierter Iran-Korrespondent: Unklare Vorwürfe | |
> Der Iran-Korrespondent der Washington Post sitzt seit über einem Jahr im | |
> Gefängnis. Seine Redaktion glaubt: Er wird als Druckmittel benutzt. | |
Bild: Jason Rezaian und seine Frau Yeganeh Salehi bei einer Pressekonferenz in … | |
WASHINGTON taz | Douglas Jehl kennt sich aus mit Ländern, in denen | |
Pressefreiheit nicht viel zählt. 19 Jahre lang war er Reporter im Ausland, | |
hat aus Kairo, Panama und von den Golfkriegen berichtet. Heute ist er | |
Auslandsredakteur der Washington Post. „Dass man als Journalist für kurze | |
Zeit festgehalten wird, ist völlig normal. Auch mir ist das schon | |
passiert“, sagt er. Doch die Sache mit seinem Kollegen, dem | |
Irankorrespondenten Jason Rezaian, die sei außergewöhnlich. | |
Jehl sitzt in seinem Büro in Washington, D. C. Der 53-Jährige koordiniert | |
die Korrespondenten der Post und ist Rezaians direkter Vorgesetzter. „Als | |
ich den Anruf bekam, dass Jason wahrscheinlich festgenommen wurde, haben | |
wir versucht, über die üblichen offiziellen Kanäle eine Auskunft zu | |
bekommen - aber niemand hat mit uns gesprochen.“ Jehl blieb optimistisch, | |
dass der Kollege in ein paar Tagen freikommen würde – so, wie es häufig | |
läuft. Aber es lief nicht so wie sonst. Jason sitzt noch immer im | |
Gefängnis, seit über einem Jahr. | |
Niemand spricht – so lässt sich der Fall Rezaian zusammenfassen. Am 22. | |
Juli 2014 wurde der 39-Jährige in seinem Haus in Teheran festgenommen, Mit | |
seiner Anwältin konnte er lediglich 90 Minuten sprechen – angeblich wurde | |
er verhört, ohne dass sie anwesend war. „Wir wussten nicht, was ihm | |
vorgeworfen wurde“, so Jehl, „aber Jason ist ein erfahrener Journalist, und | |
zum Zeitpunkt der Festnahme hat er nicht an einem heiklen Thema | |
gearbeitet.“ | |
Knapp ein Jahr später, am 26. Mai, wurde das Verfahren gegen Rezaian | |
eröffnet. Ihm wird unter anderem Spionage vorgeworfen. Er soll über eine | |
US-Journalistin Insiderinformationen ans Weiße Haus weitergeleitet haben, | |
berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Rezaian bestreitet das und sagt, er | |
sei im Iran lediglich seiner journalistischen Arbeit nachgegangen. Die | |
US-Regierung hat die Anklagen als absurd zurückgewiesen und die sofortige | |
Freilassung Rezaians gefordert. Das Verfahren findet vor dem | |
Revolutionsgericht in Teheran unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. | |
Die Bitte der Washington Post, Douglas Jehl teilnehmen zu lassen, wurde | |
abgelehnt. | |
## „Journalisten werden zur Zielscheibe“ | |
Sherif Mansour ist beim Committee to Protect Journalists (CPJ), einer NGO | |
zum Schutz der Pressefreiheit, für den Mittleren Osten und Nordafrika | |
zuständig. Auch er kennt den Fall von Jason Rezaian: „Dass die iranische | |
Regierung Informationen zurückhält, ist nichts Neues“, sagt er. Auf der | |
Liste der am stärksten zensierenden Länder liegt Iran auf Platz 7, | |
geschlagen lediglich von Ländern wie Nordkorea und Saudi-Arabien. „Kein | |
anderer US-Journalist war jemals so lange in Gewahrsam wie Jason Rezaian“, | |
sagt Mansour. | |
Es gab eine Zeit, in der Journalisten von großen US-Medien eine Art | |
Diplomatenstatus genossen, schreibt die Columbia Journalism Review. Doch | |
der Fall Jason Rezaian ändert alles. Auch Douglas Jehl beobachtet das: | |
„Inzwischen werden Journalisten zur Zielscheibe.“ | |
Rezaian lebt seit 2008 im Iran, der gebürtige Kalifornier hat die doppelte | |
Staatsbürgerschaft. Seine Frau, Yeganeh Salehi, eine Iranerin, wurde | |
ebenfalls festgenommen. Im Oktober kam sie gegen Kaution frei. | |
## Seine letzte Geschichte handelte von Baseball | |
„Jason ist einer dieser Journalisten, die eine Leidenschaft für die | |
Menschen und das normale Leben haben“, erzählt Jehl. „Die letzte | |
Geschichte, bevor er festgenommen wurde, handelte von Iranern, die Baseball | |
spielen und Hamburger essen.“ | |
Die Washington Post und seine Familie werfen dem Iran vor, Rezaian als | |
„Schachfigur“ in den Verhandlungen um das iranische Atomprogramm zu | |
benutzen. Da es mittlerweile eine Einigung zwischen dem Iran und dem Westen | |
gibt, hofft Rezaians Anwältin Lejla Ahsan laut dpa, dass der Prozess bald | |
ein Ende findet. | |
Sie fordert, dass ihr Mandant freigesprochen wird. „Es gibt für die | |
Anschuldigungen an meinen Mandanten keinerlei Beweise“, sagte sie nach dem | |
letzten Verhandlungstag Mitte Juli der Nachrichtenagentur Tasnim. Auch die | |
Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen nahm die Atom-Einigung zum | |
Anlass, nochmals auf Rezaians Freilassung zu dringen. Wann der Prozess | |
fortgesetzt wird, ist noch unklar. | |
6 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Lara Wiedeking | |
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