# taz.de -- Interview mit Walschützer: „Das ist absolute Gesetzeswillkür“ | |
> Die Organisation Sea Shepherd kämpft gegen die Jagd auf Grindwale – und | |
> mit dem Militär. Eigentlich will sie nur, dass EU-Gesetze beachtet | |
> werden. | |
Bild: Grindwale werden in einer Walfangstation auf den Färöern zerlegt. | |
taz: Herr Strerath, Sie wurden gleich bei Ihrem ersten Einsatz gegen den | |
Grindwalfang auf den Färöer Inseln verhaftet. Was war da los? | |
Tom Strerath: Wir waren für die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd zu | |
siebt mit unserem Schlauchboot in einem Fjord unterwegs. Plötzlich sahen | |
wir aus einer Bucht immer mehr Fischerboote herausfahren. Auch ein | |
Militärboot und unser Mutterschiff, die „Sam Simon“, waren dabei. Da war | |
uns sofort klar, dass da was im Busch war. Also haben wir uns an die | |
anderen drangehängt. | |
Es ist Walfangsaison. Waren die Boote auf dem Weg zu Grindwalen? | |
Wale waren überhaupt nicht zu sehen. Als die Besatzung des Militärboots uns | |
gesehen hat, hat sie sofort zwei Schlauchboote zu Wasser gelassen, ein paar | |
Marinesoldaten sind zu uns rübergekommen und haben uns festgenommen. Die | |
Polizei war mit an Bord. Die arbeitet hier meistens sehr eng mit dem | |
Militär zusammen. | |
Warum wurden Sie festgenommen? | |
Beim Grindwalfang gilt eine Bannmeilenzone, die keiner befahren darf, der | |
etwas gegen diese Waljagd unternehmen will. Touristen, die jagen wollen, | |
dürfen hingegen rein. Allerdings müssen die Behörden über den Seefunkkanal | |
16 darauf hinweisen, dass gerade ein Fang ansteht. | |
Und diesen Hinweis gab es in diesem Fall nicht? | |
Richtig, den gab es nicht. Wir konnten auch keinen Grindwalfang erkennen. | |
Trotzdem wirft man mir nun vor, das Bannmeilengesetz verletzt zu haben. Bei | |
den anderen sechs Festgenommenen weiß ich nicht, wie die genaue Anklage | |
lautet. Mein Pass wurde eingezogen, man hat Fingerabdrücke und eine | |
DNA-Probe von mir genommen. | |
Was für eine Strafe droht Ihnen jetzt? | |
Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ich könnte beispielsweise des Landes | |
verwiesen werden und dürfte dann ein Jahr lang nicht mehr einreisen. | |
Das ist alles? | |
Eine andere Möglichkeit wäre, dass ich bis zu 3.500 Euro Bußgeld zahlen | |
muss. Und im schlimmsten Fall muss ich zwei Jahre ins Gefängnis. | |
Haben Sie den Eindruck, dass die Färöer-Inseln die Aktionen von Sea | |
Shepherd gezielt verhindern wollen? | |
Das sieht stark so aus. Es gibt auf der Insel ein Gesetz, das es der | |
Polizei erlaubt, jede Person festzunehmen, gegen die auch nur der Verdacht | |
besteht, dass sie einen Grindwalfang stören will. Dieses ganze Gesetz wurde | |
zielgenau auf unsere Störaktionen zugeschnitten. Mittlerweile macht Sea | |
Shepherd ja schon die sechste Kampagne auf den Färöern. Und mit jeder | |
Kampagne haben die Behörden das Gesetz weiter verfeinert. Bis vor Kurzem | |
galt sogar noch, dass jeder, der sich in den Hoheitsgewässern der Färöer | |
befindet, den Behörden umgehend melden muss, wenn er Delfine oder Grindwale | |
entdeckt hat. | |
Das heißt, Sie wurden verpflichtet, den Behörden die Standorte von den | |
Tieren bekannt zu geben, die Sie eigentlich vor ihnen schützen wollten? | |
Genau, man verstieß gegen ein Gesetz, wenn man nicht bei der Polizei | |
anrief, um Grindwale zu melden, die geschlachtet werden können. Das ist | |
absolute Gesetzeswillkür. | |
Wie geht es nun mit Ihnen persönlich weiter? | |
Ich werde bis zur Verhandlung auf der „Sam Simon“ bleiben. Wenn ich den | |
Termin für meine Verhandlung habe, werde ich eine Aussage machen, damit ich | |
meinen Pass wiederkriege. Dann will ich zurück nach Bremen und von dort aus | |
weiter gegen den Delfin- und Grindwalfang vorgehen. | |
Sie sind ehrenamtlich für Sea Shepherd im Einsatz. Was machen Sie sonst? | |
Ich bin von Beruf Hafenarbeiter. Mein Arbeitgeber unterstützt mich in | |
meinem Engagement und hat mich für den Einsatz hier freigestellt. Wenn ich | |
zurückkomme, kann ich ganz normal weiterarbeiten. | |
Sea Shepherd ist ja Schwierigkeiten gewohnt. Wie macht die Organisation in | |
diesem Fall weiter? | |
Wir werden nicht von den Färöern wegbleiben. Unser Ziel ist, dass den | |
Färöer-Inseln auferlegt wird, dass auch sie die EU-Gesetze zum Schutz der | |
Grindwale anwenden müssen. Es kann nicht sein, dass sich die Färöer als | |
Teil des Königreichs Dänemark nicht an das europäische Recht halten müssen, | |
sondern ihre eigenen Gesetze schaffen können – und dass Dänemark zur | |
Unterstützung auch noch Militär schickt. Wir werden weiterhin alles tun, | |
damit die Gesetze geändert werden, um dem Gemetzel im Meer ein Ende zu | |
setzen. | |
3 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Robin Grützmacher | |
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