| # taz.de -- Nikkei übernimmt Financial Times: Ein sehr ungleiches Paar | |
| > Nachdem die japanische Nikkei Gruppe die „Financial Times“ gekauft hat, | |
| > fragen viele: Wohin steuert das Wirtschaftsblatt? | |
| Bild: Die Ausgabe der „Nikkei“, am Tag nach dem Kauf der „Financial Times… | |
| Es sind aktuell keine schönen Zeiten für Springer: Da hatte das mit Blick | |
| auf den digitalen Wandel modernste Pressehaus Deutschlands mehr als ein | |
| Jahr lang mit der britischen Pearson-Gruppe um deren Wirtschaftsblatt | |
| Financial Times (FT) verhandelt, nur um [1][in buchstäblich letzter Minute | |
| von der japanischen Nikkei-Gruppe ausgestochen zu werden]. Auch in Sachen | |
| möglicher Fusion mit der ProSiebenSat.1-Sendergruppe, die vor knapp zehn | |
| Jahren an den Kartellwächtern gescheitert war, geht es nicht weiter – man | |
| kooperiert ein bisschen digital, das war’s dann aber auch. | |
| Doch die gescheiterte FT-Übernahme dürfte Springer-Vorstandschef Mathias | |
| Döpfner, der ja eigentlich gar nicht mehr in Gedrucktes investieren wollte, | |
| stärker wurmen als das übliche Klein-Klein auf dem deutschen Medienmarkt. | |
| Denn Springer und die FT-Gruppe hätten gut zueinander gepasst: Beide sind | |
| im digitalen Umbau erfolgreicher als andere. | |
| Die FT verkauft dank einer früh eingeführten und konsequent durchgezogenen | |
| Paywall-Strategie zwei Drittel ihrer Auflage mittlerweile digital. Springer | |
| versucht sich zudem gerade mit Projekten wie der Welt-Beilage Bilanz auch | |
| im Bereich Wirtschaftsmedien zu stärken. | |
| Am Ende, so berichtete die FT minutiös in eigener Sache, hatte es aber wohl | |
| nicht nur am Geld gelegen. Zwar zahlt Nikkei mit rund 1,2 Milliarden Euro | |
| für die FT mehr, als Springer geboten hatte. Aber es halfen auch die | |
| bestehenden Kontakte zu Nikkei – seit 2013 kooperieren die beiden | |
| Unternehmen schon im asiatischen Markt. | |
| ## Tägliche Auflage: 2,7 Millionen | |
| Hier ist Nikkei jetzt auf dem Sprung: Mit der für deutsche Verhältnisse | |
| mehr als stattlichen Auflage von rund 2,7 Millionen Exemplaren ist das sehr | |
| national fokussierte Wirtschaftsblatt im japanischen Zeitungsmarkt zwar nur | |
| die Nummer vier. Doch Dank FT besteht nun die Möglichkeit der | |
| Internationalisierung quasi über Nacht, auch wenn amerikanische | |
| Kommentatoren wie Forbes-Autor Jean-Pierre Lehmann [2][mit mildem Spott | |
| darauf hinweise]n, dass wie in den meisten japanischen Konzernen auch bei | |
| Nikkei viele Vorstände noch mit ihren Englischkenntnissen auf dem Kriegsfuß | |
| stehen. | |
| Schwerer noch wiegt die unterschiedliche journalistische Kultur der | |
| Blätter. Die FT ist traditionell marktliberal, klammert aber andere | |
| Meinungen keinesfalls aus und berichtet sogar offen und kritisch über die | |
| eigenen Angelegenheiten. Nikkei gehört dagegen fest zum japanischen „Press | |
| Club“-System, das eher mal Nähe zwischen den politisch wie wirtschaftlich | |
| Mächtigen und der formal natürlich freien Presse herstellt. | |
| Als 2011 der Kamerahersteller Olympus von Skandalen erschüttert wurde, | |
| hielt Nikkei zunächst wochenlang die Füße still. Dass Japans | |
| Wirtschaftsminister Akira Amari laut Economist [3][jetzt auch noch | |
| erklärte], die FT-Übernahme würde zu einer „akkurateren Berichterstattung�… | |
| über Wirtschaftspolitik seiner Regierung führen, dürfte im FT-Hauptquartier | |
| an der Londoner Southwalk Bridge erst recht zu hochgerollten Fußnägeln | |
| geführt haben. | |
| Vorbild: „Financial Times“ | |
| Formal hat Nikkei die Unabhängigkeit der FT garantiert – sonst wäre der | |
| Deal auch nie zustande gekommen. Wie sich die tatsächliche Zusammenarbeit | |
| unter japanischer Führung entwickelt, wird stark davon abhängen, wie viel | |
| von der FT-Kultur sich Nikkei aneignet. Für die FT, die sich seit Jahren | |
| auf den asiatischen Märkten tummelt, eröffnet sich gleichzeitig der für | |
| Zeitungen immer noch höchst lukrative japanische Binnenmarkt. | |
| Der britische Pearson-Konzern, zu dem die FT seit 1957 gehörte, | |
| verabschiedet sich mit dem Verkauf endgültig aus dem Mediengeschäft. Seine | |
| TV-Beteiligungen hatte er schon vor gut zehn Jahren weitergereicht, 2014 | |
| ging die Buchverlagsgruppe Penguin an die Bertelsmann-Tochter Random House. | |
| Auch die 50-Prozent-Beteiligung am Economist steht zum Verkauf. Springer | |
| hat schon abgewunken. Dafür hat die Agnelli-Familie Interesse angemeldet, | |
| ihre Anteile am wohl einflussreichsten Wirtschaftswochenblatt der Welt, zu | |
| deren Aktionären auch die Rothschilds gehören, zu erhöhen. | |
| Hinter den [4][Enthüllungen zum Olympus-Skandal 2011], den die treue Nikkei | |
| lange ignorierte, steckte damals übrigens natürlich – die Financial Times. | |
| 3 Aug 2015 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.sueddeutsche.de/medien/uebernahme-der-financial-times-der-lachs-… | |
| [2] http://www.forbes.com/sites/jplehmann/2015/07/28/nikkei-ft-will-they-get-lo… | |
| [3] http://www.economist.com/news/business-and-finance/21659831-deal-indicates-… | |
| [4] http://www.economist.com/news/business-and-finance/21659831-deal-indicates-… | |
| ## AUTOREN | |
| Dirk Döll | |
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