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# taz.de -- Machtkampf innerhalb von Syriza: Linke verlieren gegen Tsipras
> Der Sonderparteitag von Syriza soll erst im September stattfinden. Die
> Maoisten verlassen schon mal das Linksbündnis.
Bild: Hauptsache, weiter in Euro bezahlen.
BERLIN taz | Im parteiinternen Machtkampf hat sich der griechische Premier
Alexis Tsipras einen wichtigen Etappensieg errungen. Das Zentralkomitee des
„Bündnisses der radikalen Linken“ (Syriza) beschloss am späten
Donnerstagabend mit deutlicher Mehrheit, erst im Herbst einen
Sonderparteitag über die Krisenpolitik der Regierung abzuhalten – nach
Abschluss der Verhandlungen mit den internationalen Gläubigern über ein
drittes Kreditprogramm. Damit setzte sich Tsipras gegen den linken Flügel
durch, der einen Parteitag zu einem früheren Zeitpunkt gefordert hatte, um
Syriza auf Grexit-Kurs zu bringen.
Der Entscheidung war eine turbulente zwölfstündige Debatte vorausgegangen.
Unversöhnlich standen sich das Tsipras-Lager und die Linke Plattform um
Exenergieminister Panagiotis Lafazanis gegenüber. Wie schon im griechischen
Parlament verteidigte Tsipras seine Zustimmung zu den harten Auflagen. Aus
seiner Sicht habe es „keine andere Wahl“ gegeben. Wer die enormen Probleme,
die ein Verlassen der Eurozone mit sich bringen würde, nicht zur Kenntnis
nehme, der verweigere sich entweder willentlich der Wahrheit oder verberge
sie vor anderen, hielt der Syriza-Vorsitzende seinen Kritikern entgegen. Es
gebe nun mal keine „Zauberlösungen“.
Demgegenüber hielt der linke Flügel Tsipras vor, er habe die Prinzipien von
Syriza über Bord geworfen, als er die Bedingungen der Geldgeber für ein
neues Rettungspaket akzeptierte. „Dieses Land hat nicht länger eine
Demokratie, sondern einen sonderbaren Typ von Totalitarismus“, sagte der
innerparteiliche Oppositionsführer Lafazanis. „Es herrscht die Diktatur des
Euro.“ Für Tsipras und seine Fraktion sei der Euro eine Art „religiöses
Dogma“ geworden. In einer auf der Sitzung verteilten Erklärung forderte die
Linke Plattform, sich der „Erpressung der Institutionen“ zu widersetzen,
aus dem Euro auszuscheiden und zur Drachme zurückzukehren. Doch damit
blieben die Parteirebellen in der Minderheit.
Das war nicht von vorneherein absehbar gewesen. Noch Mitte JuIi hatten 109
der 201 Mitglieder des Führungsgremiums in einem offenen Brief das kurz
zuvor von Tsipras in Brüssel vereinbarte dritte Memorandum abgelehnt. Doch
inzwischen haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Partei gedreht. Das
dürfte auch daran liegen, dass nicht nur drei Viertel der griechischen
Bevölkerung einen Grexit ablehnt. Auch innerhalb der Syriza-Wählerschaft
sind die Mehrheiten mittlerweile eindeutig: 70 Prozent sprechen sich nach
einer Umfrage der linken Tageszeitung Efimerida ton Syntaktón für den
Verbleib Griechenlands im Euro aus. Das ist der höchste je ermittelte Wert.
Vieles spricht dafür, dass es auf dem beschlossenen Sonderparteitag, der
Ende September oder Anfang Oktober stattfinden soll, zum großen Showdown
zwischen dem Tsipras-Lager und der Linken Plattform kommt. Zumindest bis
dahin wollen Lafazanis und die Mehrheit seiner Anhänger weiter innerhalb
von Syriza für ihre Positionen streiten. Von den 149 Syriza-Abgeordneten im
griechischen Parlament werden weniger als 30 der Plattform zugerechnet –
was allerdings immerhin so viele Stimmen sind, dass es für Tsipras nicht
mehr für eine eigene Regierungsmehrheit reicht.
Nur dank der Zustimmung der Opposition aus konservativer Nea Dimokratia,
liberaler To Potami und sozialdemokratischer Pasok passierten die ersten
beiden der von der Eurogruppe verlangten Reformpakete. „Wir müssen uns
einig sein, dass es so nicht weitergehen kann“, sagte Tsipras. Wer der
Regierungslinie nicht folgen könne, solle sein Mandat zurückgeben. Falls es
der Syriza-Regierung nicht mehr gelinge, eine eigene Mehrheit zustande zu
bringen, blieben nur noch Neuwahlen als Ausweg.
Verabschiedet hat sich bereits die kleine maoistische Strömung. Aus Protest
gegen die „demütigende Vereinbarung“ mit den Gläubigern erklärten 17
Vertreter der Kommunistischen Organisation Griechenlands (KOE), darunter
drei Athener Abgeordnete, am Freitag ihren Rücktritt aus dem
Syriza-Zentralkomitee.
31 Jul 2015
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Krise in Griechenland
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Europäische Union
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