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# taz.de -- Vor Obamas Kenia-Besuch: Die Rückkehr des verlorenen Sohnes
> Bäume werden gepflanzt, Straßen dekoriert. Viele Kenianer sehen Obama als
> einen der ihren. Aber seine Haltung zur Ehe für alle missfällt.
Bild: Lässig, lässig: Der Künstler Evans Yegon hat Obama porträtiert.
Nairobi taz | Kenia ist in einem Zustand äußerster Erregung. Das Land
bereitet sich vor auf die Rückkehr eines verlorenen Sohnes, US-Präsident
Barack Obama. Er wird von Kenianern als einer der ihren beansprucht, weil
er einen kenianischen Vater hat, und es ist Tradition, dass ein Politiker
nach einem Wahlsieg zu Hause festlich empfangen wird. Und das passiert am
Freitag, wenn auch sieben Jahre später.
Obamas Ankunft wird Nairobi in den Ausnahmezustand stürzen. Kenias
Hauptstadt wimmelt von US-Geheimagenten und Sicherheitspersonal,
US-Militärhubschrauber stehen auf zwei Flughäfen bereit. Der Luftraum und
die wichtigsten Straßen werden gesperrt. Die meisten Kenianer werden zu
Hause bleiben, während Obama da ist. Die Verkehrsstaus in Nairobi sind an
guten Tagen schon sehr schlimm. Die Erwartung ist, dass das Verkehrschaos
in den kommenden Tagen noch größer sein wird.
Aber die Bevölkerung ist entzückt. „Er kann öfter kommen. Nairobi ist auf
jeden Fall schöner und besser geworden“, stellt Studentin Grace Naseria
fest. Der Kreisverkehr bei ihrer Universität und viele andere Orten entlang
Obamas Route sind fieberhaft dekoriert worden. Bürgersteige wachsen an
unpassierbaren Straßenrändern. Blumenbeete und Bäume werden gepflanzt,
verbogene Straßenlaternen geradegestellt. Eine halbe Million Euro kostet
das alles.
Die Medien berichten jeden Tag über neue Eigenartigkeiten im Lichte des
Obama-Besuchs. Ein Student droht sich umzubringen, wenn Obama seine
Universität nicht besucht. Junge Männer streiten sich auf Zeitungsseiten
über den besten Heiratsantrag für Obamas älteste Tochter.
## Besser spät als nie
In der Vergangenheit kam oft die Frage auf, warum Barack Obama das Land
seiner Vorfahren nicht zuvor als Präsident besucht hatte. In dieser
Funktion war er zweimal in Afrika, aber nicht in Kenia. Besser spät als
nie, findet Zamu Okatcha, eine Kassiererin in einem Supermarkt von Nairobi.
„Vielleicht wollte er uns nicht begünstigen, damit andere Länder nicht
eifersüchtig werden.“
Doch der Grund, warum Obama Kenia so lange gemieden hat, ist wahrscheinlich
eher politisch. Im Jahr 2006 war er als US-Senator schon mal da und nutzte
die Gelegenheit, die tief verwurzelte Korruption anzuprangern.
Die Regierung des ehemaligen Präsidenten Mwai Kibaki reagierte wütend und
undiplomatisch. Zwei Jahre später wurde Obama Präsident. Sein Amt trat er
2009 in einer Zeit an, als in Kenia über 1.000 Menschen in Gewaltakten
starben, nachdem Kibaki eine Wahl in sehr umstrittener Art gewonnen hatte.
Als Kibaki ab 2013 nicht mehr Präsident war, verschlechterten sich die
Chancen Kenias auf einen Obama-Besuch weiter. Denn der neue Präsident Uhuru
Kenyatta und sein Vize William Ruto wurden beide vom Internationalen
Gerichtshofes (ICC) wegen der blutigen Gewalt von 2009 angeklagt.
## Gutes Klima für Besuch
Die Anklagen gegen Kenyatta wurden aber im letzten Jahr zurückgenommen,
weil Kenias Regierung Beweise nicht aushändigte und Zeugen bestochen oder
bedroht wurden. Der Ruto-Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Kenyatta ist
nun aber wieder salonfähig.
„Das politische Klima ist jetzt gut für einen Besuch“, meint der politische
Kommentator Kwendo Opanga. „Es besteht kein Zweifel, dass Obama wieder über
Korruption sprechen wird, weil das immer noch ein großes Problem ist. Die
Kenyatta-Regierung versucht aber die Aufmerksamkeit von Korruption
abzulenken und benutzt dafür das Thema Homosexualität.“
Dass das Oberste Gericht in den USA vor Kurzem die Ehe für Homosexuelle
legalisiert hat, stößt in Kenia und auch vielen anderen Ländern Afrikas auf
Unverständnis. In Kenia ist Homosexualität verboten, aber in der Praxis
lässt die Regierung Homosexuelle in Ruhe. Das funktioniert aber nur, wenn
das Thema nicht öffentlich diskutiert wird. Vizepräsident Ruto warnte
jetzt, das Ausland solle nicht versuchen, Kenia zu einer Legalisierung zu
drängen. „Wir verteidigen unser Land und Glauben“, sagte er bei einem
Gottesdienst. „Wer sich solchen Praktiken hingibt, kann woanders
hinziehen.“
Nach Rutos Worten protestierte eine kleine Gruppe in Nairobi gegen Schwule.
Frauen drohen sich auf der Straße auszuziehen, wenn Obama kommt, um ihre
Abneigung gegen Homosexualität zu zeigen. Und eine Kleinpartei hat eine
Nacktdemo angemeldet, damit der US-Präsident den Unterschied zwischen Mann
und Frau sehen kann.
23 Jul 2015
## AUTOREN
Ilona Eveleens
## TAGS
Barack Obama
Kenia
Queerfilmfestival
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Al-Shabaab
Burundi
Sudan
Kenia
Schwerpunkt Rassismus
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