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# taz.de -- Deutsch-griechische Kooperationen: Wissenschaft trotz der Krise
> Das schwer belastete Verhältnis zwischen Griechenland und Deutschland
> tangiert die gute Zusammenarbeit von Forschern aus beiden Ländern kaum.
Bild: Deutsche Wissenschaftler sind in Griechenland deutlich beliebter als Wolf…
Berlin taz | Glücklicherweise war das Hotel lange im Voraus gebucht und
bezahlt. Sonst hätten FU-Professor Jochen Roose und seine griechische
Kollegin Maria Kousis von der Universität Kreta ihr gemeinsames
Forschungsprojekt am Freitag wohl nicht auf einer Konferenz in Paris
vorstellen können.
Zumindest die griechische Delegation hätte Probleme bekommen, denn die
restriktive Geldpolitik gilt auch im Ausland: jeder Grieche darf nur 60
Euro pro Tag abheben, jede Überweisung ins Ausland muss genehmigt werden.
„Dass wir in der geplanten Stärke in Paris sind, ist schon fast ein Wunder.
Die praktischen Probleme sind immens“, meint Roose.
Griechenland befindet sich im Ausnahmezustand. Doch ungeachtet des
Niedergangs der griechischen Wirtschaft und des angeknacksten
deutsch-griechischen Verhältnisses arbeiten WissenschaftlerInnen beider
Länder weiter zusammen. Und das sehr gut. Das Berliner Team von Roose und
die kretischen WissenschaflerInnen um Kousis untersuchen seit Januar 2014,
wie die Eurokrise in deutschen und griechischen Zeitungen diskutiert wurde.
„In diesen eineinhalb Jahren sind wir als Team sehr zusammengewachsen“,
berichtet Rose.
Das Forschungsprojekt wird wie 22 weitere Kooperationen vom griechischen
und vom deutschen Bildungsministerium (BMBF) finanziert. Insgesamt zehn
Millionen Euro stecken beide Länder in die laut BMBF einzigartige
Zusammenarbeit: einen bilateralen Forschungsvertrag gäbe es nur mit
Griechenland. Zudem sei es die einzige Kooperation, die die Regierung
Tsipras nach Amtsübernahme nicht gekündigt habe, teilt eine Sprecherin mit.
## Griechische Stimmungsschwankungen
Neben medizinischen oder verpackungstechnischen Fragen untersuchen
Wissenschaftler auch die Auswirkungen der Eurokrise. So erfragen Soziologen
in Athen und Essen, wie arme und ausgegrenzte Schichten auf die Krise
reagieren. „Interessant ist, dass die Krise in Deutschland als Dauerkrise
wahrgenommen wird, während die Stimmung in Griechenland sehr stark
schwankt“, berichtet Soziologieprofessor Hans-Georg Söffner. Gerade nach
dem Referendum sei neue Hoffnung eingekehrt. Dumm für die Wissenschaftler:
die griechischen Stimmungsschwankungen beeinflussen auch ihre Erhebungen –
je nach aktueller politischer Lage stehen die Fragen in einem anderen
Kontext.
Die Stimmung unter den Wissenschaftlern beeinflussen die tagespolitischen
Ereignisse jedoch kaum. Söffner und seine griechischen Kollegen kennen sich
seit 20 Jahren. „Wir arbeiten schon die ganze Zeit gut zusammen.“
Gleiches gilt für Hubert Heinelt von der TU Darmstadt und Nikolaos-Komninos
Hlepas von der Uni Athen. Sie erforschen gemeinsam, wie überschuldete
Kommunen am Rhein und an der Adria die Neuverschuldung gesenkt haben.
Misslich nur: Die guten Beispiele in Griechenland sind nicht mehr aktuell.
„Die Kommunen mussten sämtliche Barbestände nach Athen schicken“, ärgert
sich Heinelt.
## Dann eben Kreta
Auch die Zukunft des Forschungsprojekts ist ungewiss. Regulär läuft die
bilatere Kooperation zwischen Griechenland und Deutschland zum Ende des
Jahres aus. Auf Anfrage teilt das BMBF mit, man habe mit dem griechischen
Forschungsminister verabredet, das Programm bis 2018 zu verlängern.
Konkrete Schritte wurden jedoch nicht vereinbart.
Am Sonntag wollen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union erneut über
die Griechenland-Krise beraten. Ob die Soziologin Kousis und ihr Team im
Oktober wie geplant nach Berlin reisen können, wird sich vielleicht schon
in den nächsten Tagen entscheiden. Das Projekt stehe jedoch nicht auf der
Kippe, betont Roose. „Dann fahren wir eben nach Kreta.“
9 Jul 2015
## AUTOREN
Anna Lehmann
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