# taz.de -- Fischereiwirt übers Räuchern: „Rauch versiegelt den Fisch“ | |
> Räuchern ist so einfach wie grillen, sagt der gelernte Fischereiwirt | |
> Michael Wickert. Man braucht nur eine Tonne oder einen Kugelgrill. | |
Bild: Hornhechte selchen im Ofen. | |
taz. am wochenende: Herr Wickert, Sie nennen sich Räuchermeister. | |
Michael Wickert: Das ist aber kein offizieller Titel. | |
War es das denn mal einer? | |
Nein, leider. Aber es gibt immer Spezialisten dafür. Auf dem Forellenhof, | |
auf dem ich als Student gearbeitet habe, war der Räucherofen das Reich | |
eines Gesellen. Der hieß Aki und kam aus Kroatien. Von ihm habe ich viel | |
gelernt. Fischräuchern ist eine Sache von Minuten, von Erfahrung und | |
Gespür. Es ist ein Unterschied, ob 80 oder 90 Forellen im Ofen hängen. | |
Dafür braucht man Timing. Und Aki war darin ein absoluter Meister. | |
Das heißt, Sie haben sich Ihre Ausbildung maßgeschneidert. | |
Ich hatte keine Alternative. Ich bin Autodidakt, habe Praktika gemacht und | |
jede Möglichkeit genutzt, mich fortzubilden. Überall hab ich was | |
aufgeschnappt. Welches Holz nimmt man? Welche Sägespäne. Wann macht man das | |
Feuer? Wie lange müssen die Fische im Rauch sein? | |
Eigentlich haben Sie Fischereiwirtschaft studiert. Wie kommt man vom Wasser | |
zum Feuer? | |
Das hängt ganz eng zusammen. Ich bin begeisterter Angler. Da liegt es nahe, | |
den Fang im Sommer auch zu räuchern. Das ist so einfach wie grillen. Man | |
braucht nur eine Tonne, damit der Rauch nicht entweicht. Oder einen | |
Kugelgrill. Es ist faszinierend, wie so etwas beißendes, intensives wie | |
Feuer und Rauch ein doch sehr feines und elegantes Aroma hervorbringen | |
kann. Ich finde, frisch geräucherter Fisch, das ist noch einen Zacken | |
besser und edler als gegrilltes Fleisch. | |
Und das bekommt man selten. | |
Ja, der ist deshalb auch der Star bei uns am Stand. Er vereint die | |
Saftigkeit eines gebratenen Fischs mit dem Speziellem vom Rauch. | |
Aber das Grundprinzip ... | |
... ist eigentlich ganz einfach. Man hat eine Hitzequelle und man hat | |
Sägespäne. Die Hitzequelle kann eine Gasflamme sein oder Elektrizität oder | |
ein Feuer. Und darauf kommen Sägespäne, die man zum glimmen bringt. In den | |
sich entwickelnden Rauch wird der Fisch gehangen, oder was immer man | |
räuchern will. | |
Man kann noch mehr räuchern, nicht nur Fisch oder Fleisch? | |
Selbstverständlich. Ich räuchere auch Käse oder Gemüse. Man kann sogar | |
Flüssiges wie Joghurt einfach in den Ofen stellen. Für Rauchbier wird die | |
Gerste beim mälzen über Rauch gedörrt. Köche servieren manchmal ein ganzes | |
Gericht unter einer Rauchglocke. Die Möglichkeiten sind unbeschränkt. Wenn | |
man den Rauch richtig einsetzt. | |
Was meinen Sie? | |
Der Rauch liefert ein zusätzliches Aroma, das Grundprodukt sollte schon | |
noch deutlich zu erkennen sein. Gerade bei Gemüse oder manchen Käsesorten | |
aber muss man aufpassen, sonst schmeckt alles, als hätte man einen Kamin | |
ausgeleckt. Das ist eine Frage des richtigen Holzes und der Räucherdauer. | |
Das Holz ist der Gewürzgeber? | |
Oft wird Obstholz empfohlen, Kirsche oder Apfel zum Beispiel, auch | |
amerikanische Hölzer sind beliebt: Sandelholz oder Hickory. Um Fleisch zu | |
räuchern, sind die perfekt. Für meine Zwecke ist das meiste zu scharf. Am | |
Ende schmeckt alles nur nach Rauch – wie manche torfigen schottischen | |
Whiskys. | |
Was ist Ihre Empfehlung für Fisch? | |
Laubhölzer: Buche, Erle, Esche. | |
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Kalt- und Heißräuchern. | |
Die Frage wird mir häufig gestellt. Der Unterschied ist Temperatur des | |
Rauches. Für das Kalträuchern braucht man abglimmende Sägespäne, die noch | |
qualmen, aber kaum Hitze entwickeln. Der Fisch wird vorher lange in Salz | |
gebeizt und dabei gegart. Dann kommt er 24 Stunden in den Rauch. | |
So lange? | |
Die First Nation in Kanada, die als Miterfinder des Fischräucherns gelten, | |
haben Wildlachs tagelang in den Rauch gehängt. Er hat dann allerdings fast | |
eine Konsistenz wie Salami. | |
Weil der Rauch den Fisch austrocknet? | |
In dem Fall ja. Rauch hat aber noch eine zweite Eigenschaft: er | |
desinfiziert und versiegelt den Fisch. Er wird unattraktiv für Bakterien | |
und vor allem für Fliegen, die nichts lieber machen als Eier in einen rohen | |
Fisch zu legen. Trotzdem ist es wichtig, dass Fisch oder Fleisch vor dem | |
Räuchern Wasser verlieren. Dafür ist das Salz zuständig, beim Fleisch sagt | |
man pökeln. Meine Forellenfilets haben 25 Prozent an Gewicht verloren, | |
bevor sie in den Rauch kommen. | |
Richtig dicker Nebel im Ofen ... | |
... ist nicht immer passend. Man braucht aber eine gute Rauchentwicklung, | |
um die Fische zu färben. Dafür ist Buchenholz ideal. Meine Forellen werden | |
damit goldgelb. | |
Wie kommt es, dass Räucherfisch oft ein Billigprodukt ist? | |
Die Industrie hat eine teuflische Erfindung gemacht: Liquid Smoke. Billiger | |
Räucherlachs etwa wird meist nur in Klimakammern mit Raucharoma besprüht | |
und mit Salzlake injiziert. Der Vorteil ist: Der Fisch verliert kein | |
Gewicht. Die Konservierung geht dabei aber völlig verloren, der Fisch muss | |
abgepackt werden. In der EU ist Liquid Smoke übrigens nicht | |
kennzeichnungspflichtig. | |
12 Jul 2015 | |
## AUTOREN | |
Jörn Kabisch | |
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