# taz.de -- Gentrifizierung in Kreuzberg: Bizim Bakkal darf vorerst bleiben | |
> Hauseigentümer nimmt umstrittene Kündigung des Gemüseladens in der | |
> Kreuzberger Wrangelstraße zurück. Nachbarschaftsini bleibt misstrauisch. | |
Bild: Solidaritätstreffen für den Gemüseladen „Bizim Bakkal“ in der Kreu… | |
Die Nachricht verbreitete sich per Twitter wie ein Lauffeuer: | |
[1][“Kündigung des Gemüseladens ‚Bizim Bakkal‘ zurückgenommen“]. Auc… | |
der Wrangelstraße kam die frohe Botschaft am Mittwochabend an, platzte | |
mitten in die Solidaritätsveranstaltung zur Rettung des | |
Familienunternehmens von Ahmet Caliskan. Seitdem feiern Freunde und | |
Unterstützer on- und offline ihren Sieg. Aber ist „Bizim Bakkal“ (“Unser | |
Laden“) wirklich gerettet? | |
Bei der Nachbarschaftsinitiative „Bizim Kiez“, die seit Monaten für den | |
kleinen Laden kämpft, ist man vorsichtig. „Es gibt bislang keinen neuen | |
Vertrag und der alte ist jederzeit wieder kündbar“, erklärt Magnus Hengge, | |
Anwohner und aktiv bei „Bizim Kiez“. Merkwürdig sei zudem, dass es noch am | |
Mittwochnachmittag ein Treffen der Anwälte gegeben habe, bei dem auch Ahmet | |
Caliskan dabei war – da sei von einer Rücknahme der Kündigung keine Rede | |
gewesen. Richtig feiern will man daher erst, wenn der neue Vertrag für | |
Bizim Bakkal unterzeichnet ist. | |
Seit Wochen treffen sich jeden Mittwochabend hunderte Anwohner, um gegen | |
den Rauswurf von Bizim Bakkal zu demonstrieren – und wöchentlich werden es | |
mehr. Medien, auch internationale, überschlagen sich mit Berichterstattung. | |
Der Obst- und Gemüseladen, den die Familie Caliskan seit 30 Jahren | |
betreibt, ist zum Symbol der Gentrifizierungsgegner geworden. | |
Schon lange ist das östliche Kreuzberg eine hochpreisige und Tourismus | |
verseuchte Gegend, schon viele Mieter mussten gehen, viele kleine Geschäfte | |
schließen. Warum den verbliebenen Anwohnern ausgerechnet jetzt der Kragen | |
platzt, bleibt ein wenig rätselhaft. Tatsache ist: der Fall Bizim Bakkal | |
hat die Kreuzberger wieder zusammen und auf die Straße gebracht. | |
## Viele Fragen bleiben offen | |
Dass sie die Entwicklung des Kiezes grundsätzlich ändern können, ist nicht | |
anzunehmen. Auch im Fall Bizim Bakkal bleiben einige Fragen offen. So weiß | |
bislang niemand, was mit den anderen Mietern der Wrangelstraße 77 ist, die | |
der Hauseigner, die Offenbacher Immobilienfirma Gekko Real Estate, die für | |
das Objekt eigens eine „Wrangelstraße 77 GmbH“ gegründet hat, ebenfalls | |
loswerden will. | |
Zudem versuchen die Anwälte des Eigentümers den Anschein zu erwecken, als | |
sei Ahmet Caliskan in gewisser Weise selbst Schuld an der Situation. So | |
heißt es in einer am Mittwochabend verschickten Pressemitteilung, Caliskan | |
selbst sei es gewesen, der im Februar auf die Eigentümer zugegangen war, | |
„mit der Überlegung, seinen Laden aus persönlichen Gründen aufzugeben“. | |
Die Initiative sagt, dies sei eine „Falschmeldung“. Vielmehr habe sich | |
Caliskan nach dem Eigentümerwechsel absichern und einen neuen Vertrag mit | |
fester Laufzeit aushandeln wollen, in dem auch sein Sohn mit aufgeführt | |
ist, „damit es für die Familie weitergehen kann“, wie es auf der | |
[2][Facebookseite von „Bizim Kiez“] heißt. | |
Für die Unterstützer des Gemüsehändlers ist die Strategie des Eigentümers | |
klar: „Bewusst werden Halbwahrheiten gestreut, um die Solidarität zu | |
zermürben.“ Dies werde aber nicht gelingen, versprechen die Anwohner auf | |
Facebook, „wir stoppen diese trickreiche Verdrängungspraxis“. Die | |
Mittwochstreffen in der Wrangelstraße gehen also weiter. | |
2 Jul 2015 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/rbbonline/status/616309738897285120 | |
[2] https://www.facebook.com/bizimkiez?ref=ts&fref=ts | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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