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# taz.de -- Protest der Jugendämter in Berlin: Familienhilfe muss warten
> Das Jugendamt Mitte macht ab heute wegen Überlastung drei Wochen zu. Der
> Senat hat mehr Personal zugesagt, doch das reiche nicht.
Bild: Wer soll sich durch sie noch durcharbeiten?
Wenn die MitarbeiterInnen der Jugendämter am heutigen Mittwoch wieder weiße
Bettlaken aus den Fenstern hängen, dann ist das ein Zeichen der
Kapitulation – vor der vielen Arbeit, die sich auf ihren Schreibtischen
ansammelt. Beschäftigte aller Jugendämter wollen mit der Aktion auf ihre
desolate Situation aufmerksam machen, heißt es von der Gewerkschaft
Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Und es sind nicht nur engagierte MitarbeiterInnen, die gegen Überlastung
protestieren. Auch ihre Vorgesetzten haben längst erkannt, dass die Behörde
mit der Arbeit nicht mehr hinterherkommt. Das Jugendamt Mitte greift nach
taz-Informationen deshalb zu einer drastischen Maßnahme: Im Juli, im
Oktober und Ende November werden die Regionalen Sozialpädagogischen Dienste
in Mitte, also die Anlaufstellen für Betroffene, jeweils für eine Woche
schließen.
##
Statt die akuten Probleme von Kindern, Jugendlichen und Eltern zu
besprechen, statt auf Schulhilfekonferenzen oder ins Gericht zu gehen,
sollen die Beschäftigten dann überfällige Aufgaben abarbeiten. Lediglich
für Kinderschutzfälle wird ein Notdienst eingerichtet. Mitte ist mit der
Maßnahme nicht allein: Dem Vernehmen nach sind vergleichbare Schließzeiten
auch in anderen Bezirken geplant.
Die Zahl der Fälle, um die sich die Jugendämter kümmern, steigt seit
langem. 2005 wurden berlinweit 15.200 Familien betreut, 2012 waren es schon
20.200. Das Personal in den Ämtern hält mit dieser Entwicklung nicht
Schritt. In der Praxis kümmere sich eine SozialpädagogIn inzwischen im
Schnitt um 80 Familien, heißt es aus der Verwaltung.
Die MitarbeiterInnen der Jugendämter haben schon mehrfach mit Bettlaken und
Demonstrationen gegen ihre Überlastung protestiert. Eine
verantwortungsvolle Arbeit sei nach wie vor vielfach nicht möglich,
begründete Andreas Kraft von der GEW auch die heutige Aktion. Der Senat
sitze die Probleme einfach aus. „Wie laut müssen die Hilferufe noch
werden?“, fragte Kraft. Er warnte: Wenn sich die Arbeitsbelastung nicht
ändere, werde es auch schwierig, junge Leute für den Job zu finden.
## Aufstockung gefordert
Die Kritik der GEW werde den Anstrengungen des Senats nicht gerecht, heißt
es dazu aus der Jugendverwaltung. „Wir und die Bezirke arbeiten intensiv an
einer Verbesserung der personellen und fachlichen Situation in den
Jugendämtern.“
Tatsächlich hatte auch Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) den
Protestierenden im März den Rücken gestärkt. Gemeinsam mit den
Jugendstadträten der Bezirke ging sie an die Öffentlichkeit und forderte
eine deutliche Aufstockung des Personals. Eine JugendamtsmitarbeiterIn
sollte sich nicht um mehr als 65 Fälle kümmern, so der Konsens.
Die Finanzverwaltung genehmigte den Bezirken angesichts der wachsenden
Bevölkerungszahlen im April denn auch 300 zusätzliche Stellen. 69 davon
sollen den Jugendämtern zugute kommen.
„Das ist toll, reicht aber angesichts des Bedarfs überhaupt nicht aus“,
sagte Jugendstadträtin Sabine Smentek (SPD) gegenüber der taz. Allein die
Regionalen Sozialpädagogischen Dienste in Mitte bräuchten 13 neue Stellen,
erklärte die dortige Jugendamtsleiterin, Monika Goral. Bislang sei aber nur
eine Aufstockung um etwas über vier Stellen zugesagt.
1 Jul 2015
## AUTOREN
Antje Lang-Lendorff
## TAGS
Jugendamt
Soziales
Protest
Familie
Schwerpunkt Haasenburg Heime
Hamburg
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