# taz.de -- Mäßig interessierte Mitglieder: Viele Wünsche und eine „Farce�… | |
> Die Mitgliederversammlung der Grünen durfte an Modellen für den Senat | |
> mitbasteln. Auf den Koalitionsvertrag Einfluss nehmen wollte die Basis | |
> kaum. | |
Bild: Das große grüne „Wünsch dir was“: Jeder darf mal was aufschreiben | |
BREMEN taz | Am Ende war es ein großes Spiel, eines, das ohne echte Folgen | |
bleibt, aber ganz nach dem Geschmack der grünen Basis ist. Rund 100 | |
Mitglieder waren gekommen, als die Partei am Montag zur Zwischenbilanz der | |
Koalitionsverhandlungen rief. Texte der bisherigen Verhandlungsergebnisse | |
gab’s nicht, stattdessen nur mündliche Auskünfte, die nicht über das | |
hinausgingen, was öffentlich schon bekannt ist. | |
Mitreden sollten die Mitglieder vor allem bei dem Spiel, das alle offenbar | |
am meisten beschäftigt: Wer bekommt welches Ressort? „World Cafe“ war das | |
Modell, und jeder durfte sich wünschen, wie der Senat aussehen sollte. | |
Viele wollten die Zuständigkeit für die Integrationspolitik einem grünen | |
Sozialressort übertragen, auch der Verbraucherschutz gehört zum grünen | |
„Wünsch-dir-was“. Wenn man zuständig würde für „Wissenschaft, Europa … | |
Kultur“ wäre das ein eher kleines Ressort, das aber „gute Nachrichten für | |
das grüne Klientel“ produzieren könnte. Auch die Zuständigkeit für Beirä… | |
soll zu den Grünen, klar. Was sind die grünen „Kernkompetenzen“, das war | |
die Frage. „Was die Wähler interessiert“, lautete eine Antwort. Soziales | |
der SPD überlassen? „Das wäre nicht gut für Anja.“ | |
Am meisten umstritten ist offenbar das Finanzressort. Lieber andere | |
„Kernkompetenzen“ besetzten, meinten einige – man bekomme da immer nur den | |
„schwarzen Peter“. Es ist ein Ressort, das viel Macht hat, wandten andere | |
ein – soll man in Zukunft bei der SPD „um Geld betteln?“ | |
Am Ende von anderthalb Stunden Selbstbeschäftigung waren alle zufrieden: | |
Die Mitglieder hatten mitreden dürfen und die Verhandlungskommission hat | |
trotzdem freie Hand. „Als grüne Sozialsenatorin bin ich genau an der | |
Stelle, an die ich gehöre“, hatte die Sozialsenatorin schon im Vorfeld | |
gesagt. Finanzsenatorin Karoline Linnert und Umweltsenator Joachim Lohse | |
sehen das für sich genauso. Wenn die Partei sich raushält, ist das am Ende | |
entscheidend. | |
„Ein bisschen ratlos“ sei sie, erklärte die nicht mehr ins Parlament | |
gewählte Silvia Schön nach dem Spielchen: „Wo ist die grüne Handschrift bei | |
dem, was ausgehandelt wurde? Was ist mit dem teuren Offshore-Terminal? Was | |
wird aus dem Schwerpunkt Armutsbekämpfung, wenn alles noch unter dem | |
Finanzierungsvorbehalt steht?“ Landesvorstandsmitglied Michael Pelster | |
erklärte, dass es die Aufgabe dieses Führungsgremiums hätte sein müssen, | |
reale Optionen für Änderungen in den Senatsressorts aufzuzeigen. Da die | |
meisten aus dem Vorstand selbst kandidiert haben, sei das Gremium viel zu | |
verstrickt gewesen. | |
Der einzige inhaltliche Punkt, bei dem Mitglieder Einfluss nehmen wollten, | |
war die Frage des geschlossenen Heims für straffällige minderjährige | |
Flüchtlinge. Der zurückgetretene Fraktionschef Matthias Güldner wollte | |
klargestellt wissen, dass diese Einrichtung nicht gleichzeitig zur | |
Unterbringung von verurteilten straffälligen Jugendlichen genutzt werden | |
darf, bei denen das Gericht eine „Haft vermeidende Lösung“ sucht. Da war | |
sogar die Heim-Gegnerin Susanne Wendland einverstanden. | |
Der persönliche Referent von Anja Stahmann, David Lukassen, Vertreter der | |
Bremerhavener Grünen in den Verhandlungen, erklärte aber gleich, dass die | |
SPD kaum bereit sein dürfte, die gefundene Formulierung noch mal zu | |
überarbeiten. Offenbar kann seine Senatorin damit leben. Die hatte sich | |
festgelegt, dass „freiheitsentziehende Maßnahmen im Einzelfall sinnvoll“ | |
seien. Ein „universelles Heilmittel“ sei die geschlossen Unterbringung aber | |
„auf keinen Fall“. | |
Unterdessen warf Güldner in seinem Blog die Frage auf, ob die | |
Koalitionsgespräche zum Offshore-Terminal nicht „bloße Farce“ sei – weil | |
der, parallel zu den Verhandlungen, gerade schon ausgeschrieben wurde. Das | |
schafft Fakten, denn eine Ausschreibung ist nicht ohne Weiteres wieder | |
zurückzunehmen. | |
23 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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