# taz.de -- Widerstand gegen Flüchtlingsunterkunft: Weltoffene Wiese | |
> In Lübeck-Bornkamp soll eine Flüchtlings-Unterkunft mit 600 Plätzen | |
> entstehen. Anwohner machen dagegen mobil. | |
Bild: Lübecker gegen Unterkunft: Schleswig-Holsteins Innenminister Studt (SPD)… | |
Der mögliche Bauplatz, eine grüne Wiese nahe der Lübecker Universität, ist | |
bestens geeignet für eine Flüchtlingsunterkunft. Das findet zumindest der | |
Sprecher des Kieler Innenministeriums, Thomas Giebeler: „Weil in | |
Campus-Nähe eine weltoffene Atmosphäre herrscht und hier Menschen leben, | |
die sich auf das Fremde einlassen.“ Doch Anwohner der benachbarten | |
Wohnsiedlung sehen das anders. Sie haben die Bürgerinitiative „Neue Heimat | |
Bornkamp“ gegründet, um gegen die geplante Erstaufnahme-Einrichtung für 600 | |
Flüchtlinge zu kämpfen. | |
Auch die Politik tut sich schwer. Vor der heutigen entscheidenden Sitzung | |
der Bürgerschaft sieht es danach aus, als wollen die meisten Abgeordneten | |
gegen den Verkauf des Grundstücks stimmen. Einzig die SPD ist dafür. In den | |
letzten Wochen ka m es zu ungewöhnlichen politischen Schulterschlüssen: | |
Piraten stellten Anträge gemeinsam mit der CDU, die städtischen Grünen | |
widersprechen ihren Landtagsabgeordneten. | |
Die Argumente der Gegner: Es fehle an Transparenz, zudem sei die geplante | |
Unterkunft zu groß. Statt 600 Plätzen sollten mehrere kleinere Einheiten | |
für etwa 200 Menschen in der Stadt verteilt werden, die CDU schlug sogar | |
vier solcher Unterkünfte vor. Raum dafür wäre vorhanden, so Ragnar Lüttke | |
(Linke): In „Gewerbe- und Büroimmobilien“ stünden genug Flächen frei, die | |
„für Wohnzwecke gemietet“ werden könnten. „Ich bin verärgert, dass uns… | |
der SPD geführten Verwaltung unterstellt wird, die Unterbringung von | |
Flüchtlingen zu blockieren“, sagte Lüttke. | |
Aber die Stadtverwaltung hat gar keinen Einfluss. Die Erstaufnahme ist | |
Sache des Landes (siehe Kasten). Auch die Bürgerschaft gibt die | |
Verantwortung aus der Hand, wenn sie für den Verkauf des rund 1,6 Hektar | |
großen Grundstücks – für rund 2,4 Millionen Euro – entscheidet: „Grö�… | |
Belegungskapazität der Einrichtung werden vom Land festgelegt“, stellte | |
Thiemo Lüße, Leiter des Bereichs für Erstaufnahmeeinrichtungen des | |
Innenministeriums, in einer Sitzung des Hauptausschusses klar. | |
Auch wer am Ende baut, sei unbekannt, kritisieren die Gegner: „Der Landtag | |
hat eine Rechtsgrundlage geschaffen, die Erstaufnahmeeinrichtungen auch | |
über ein ÖPP-Investorenmodell zu realisieren“, sagt Thomas Korinek von der | |
Bürgerinitiative und fragt: „Kann die Bürgerschaft zustimmen, wenn das Land | |
sich das Recht vorbehält, das Grundstück an einen privaten Investor | |
weiterzuverkaufen – und diese Information nicht dargelegt wird?“ | |
Das Innenminist erium gab sich vor der Sitzung der Bürgerschaft | |
optimistisch: „Wir erwarten, dass die Stadt uns, wie zugesagt, das | |
Grundstück verkauft“, sagte Innenminister Stefan Studt (SPD). „Sollte das | |
wider Erwarten nicht der Fall sein, werden wir neu entscheiden.“ Lehnt | |
Lübeck den Verkauf ab, könnte der Hansestadt ein bundesweiter Imageschaden | |
drohen, fürchtet Senator Sven Schindler (SPD): „Wir könnten als die Stadt | |
dastehen, die keine Flüchtlinge aufnehmen will.“ | |
24 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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