| # taz.de -- Geheimdienst überwacht Gewerkschafter: Im falschen Umfeld | |
| > Der IG Metall-Sekretär Lennard Aldag wurde vom Verfassungsschutz in | |
| > Niedersachsen ausspioniert. Einige Daten bleiben unter Verschluss. | |
| Bild: Die Erde ist eine Scheibe ... | |
| Hamburg taz | Mehr als zwei Jahre lang hat der niedersächsische | |
| Verfassungsschutz (VS) den Lüneburg-Celler IG Metall-Sekretär Lennard Aldag | |
| beobachtet. Nach dem Ende der Observation unterrichtete der | |
| Inlandsgeheimdienst Aldag jedoch nicht von sich aus. Erst durch ein | |
| Auskunftsersuchen Aldags räumte das Amt die Beobachtung ein. „Diese | |
| Maßnahme wirft Fragen über das Selbstverständnis des Verfassungsschutzes | |
| auf“, sagt Aldag der taz. Er sorgt sich, dass durch die Beobachtung weitere | |
| Personen oder die Organisation ins Visier geraten sein könnten. | |
| Bereits am 15. September vorigen Jahres hatte Aldags Göttinger Rechtsanwalt | |
| Sven Adam das Auskunftsersuchen gestellt. Aus der kürzlich eingetroffenen | |
| Antwort geht hervor, dass Aldag mindestens von Juli 2011 bis September 2013 | |
| beobachtet wurde. In dieser Zeit engagierte sich Aldag für die IG Metall | |
| und den DGB auch im Bündnis „Gegen Rechts“ und im Widerstand gegen die | |
| Castor-Transporte. | |
| In seinem Schreiben führt der VS diverse Veranstaltungen und Kundgebungen | |
| auf, bei der Aldag als Versammlungsleiter oder Redner agierte. „Es ist | |
| absurd, dieses Engagement eines Gewerkschafters zu kriminalisieren und in | |
| die Nähe der Verfassungsfeindlichkeit zu rücken“, findet Aldag. | |
| Der Geheimdienst teilt Aldag weiter mit, dass er die Daten löschen werde, | |
| da sie „zur Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich seien“. Aus dem | |
| Schreiben geht aber auch hervor, dass weitere Informationen über ihn | |
| gesammelt wurden, über die er keine Auskunft erhielt. Das lässt Raum für | |
| Spekulationen über die Quellen zu. Aldag vermutet, dass ein V-Mann | |
| geschützt oder eine weitere nachrichtendienstliche Maßnahme verborgen | |
| bleiben soll. | |
| „Hier ist eine rote Line überschritten“, schimpft Matthias Richter-Steinke, | |
| Regionsgeschäftsführer des DGB in Nordost-Niedersachsen: „Es ist ein | |
| Skandal, dass der Verfassungsschutz unser Engagement für eine solidarische | |
| Gesellschaft offensichtlich als undemokratisch erachtet.“ Nicht weniger | |
| empört sich Rainer Näbsch, Erster Bevollmächtigter der IG Metall | |
| Celle-Lüneburg: „In welchem Staat leben wir, in dem die Gewerkschaften zu | |
| Überwachungsobjekten werden“, schimpft Näbsch. „Das kennen wir eigentlich | |
| nur aus diktatorischen Regimen.“ | |
| Für die weitere Auseinandersetzung hat die IG-Metall Aldag einen | |
| umfänglichen Rechtschutz zugesagt. Aldag wirft die Frage auf, was dieser | |
| Vorgang über das Demokratieverständnis des damaligen Innenministers Uwe | |
| Schünemann aussagt. „Alle, die sich nicht zu hundert Prozent mit der | |
| politischen Meinung eines Herrn Schünemann identifizierten, wurden | |
| anscheinend als Extremisten eingestuft“, sagt der Gewerkschafter in | |
| Anspielung auf frühere Skandale. 2013 war bekannt geworden, dass der | |
| Geheimdienst mehrere Journalisten ausspionierte. | |
| Ein VS-Sprecher sagte auf Anfrage, er dürfe sich nicht zu Einzelfällen | |
| äußern. Es würden aber keine Gewerkschaften beobachtet – wohl aber | |
| Personen, sofern sie sich in einem extremistischen Umfeld bewegten. | |
| 11 Jun 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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