Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechtswidriger Verfassungsschutz: Anwalt auf der Ausspähliste
> Der Verfassungsschutz hat im Rechtsstreit mit dem Göttinger Anwalt Sven
> Adam einen Rüffel bekommen – einfach ohne Begründung Akten sperren, geht
> nicht.
Bild: Der ausgespähte Anwalt Sven Adam hat einen Etappensieg erreicht.
HAMBURG taz | „Da kommt jetzt Fahrt in die Angelegenheit“, sagt der
Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam – und meint sein eigenes Verfahren um
Daten, die der niedersächsische Verfassungsschutz über ihn gesammelt hat.
Der Verfassungsschutz hatte sich geweigert, dem Verwaltungsgericht (VG)
Göttingen die über Adam gesammelten Daten komplett vorzulegen.
Diese Weigerung war rechtswidrig, erklärte nun das niedersächsische
Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg. Der Verfassungsschutz habe nicht
hinreichend begründet, warum ein Teil der Akten der Geheimhaltung
unterliege. Die Sperrerklärung müsse jedoch die Weigerungsgründe
nachvollziehbar darlegen.
Adam erfuhr vor zwei Jahren, als er die taz-Autorin und
Rechtsextremismusexpertin Andreas Röpke und den Sportjournalisten Ronny
Blascke wegen illegaler Bespitzelungen vertrat, dass die
Verfassungsschützer in Hannover auch über ihn Daten sammelten. Über ihn als
Berufsgeheimnisträger wurde eine Datei mit personenbezogenen Informationen
angelegt und gespeichert. Diese Akte wollte Adams einsehen.
## Innenministerium wollte Daten löschen
Als er über seinen Berliner Anwalt Sönke Hilbrans „ein Auskunftsersuchen in
eigener Sache“ stellte, teilte das niedersächsische Innenministerium mit,
die personenbezogenen Daten löschen zu wollen, da sie „nicht mehr für die
hiesige Aufgabenerfüllung erforderlich“ seien.
Adam wollte aber wissen, was jahrelang über ihn gespeichert wurde und
klagte vor dem VG Göttingen. Die Verwaltungsrichter verlangten vom
Verfassungsschutz, alle Akten über Adam, auch die zurückgehaltenen
Aktenteile, vorgelegt zu bekommen. Dieser Aufforderung kamen die
Verfassungsschützer aber nicht nach und ließen die für
„geheimhaltungsbedürftig erachteten Aktenteile“ vom Innenministerium mit
einem Sperrvermerk versehen.
Das Verwaltungsgericht Göttingen schaltete den Fachsenat des OVG Lüneburg
ein: In einem so genannten In-Camera-Verfahren sahen die
Oberverwaltungsrichter unter Ausschluss der Beteiligten die als geheim
eingestuften Akten über Adam ein und überprüften, ob sie wirklich einem
Geheimhaltungsbedarf unterliegen. Ergebnis: Es war rechtswidrig, dem
Verwaltungsgericht nicht alle Akten vollständig vorzulegen.
## „Nicht nachzuvollziehen“
„Der 14. Senat hat beanstandet, dass anhand der Sperrerklärung die geltend
gemachten Geheimhaltungsgründe nicht nachzuvollziehen sind“, sagt
Oberverwaltungsgerichtssprecherin Andrea Blomenkamp.
Die Entscheidung der Lüneburger Richter heißt allerdings nicht, dass der
niedersächsische Verfassungsschutz nun alle Daten über Rechtsanwalt Sven
Adam offenlegen muss. Möglich ist auch eine erneute Sperrerklärung, in der
die Akten und Unterlagen dann aber noch mal aufbereitet und die behaupteten
Weigerungsgründe nachvollziehbar dargelegt werden müssen.
Denn alle Beteiligten müssen die Gründe für die Sperrung von Akten
verstehen können. Dieses Recht, die Gründe für Sperrvermerke zu verstehen,
stehe nicht zur Disposition, sagt Blomenkamp.
„Die Hürde für Sperrvermerke ist damit höher gesetzt worden“, kommentiert
Sven Adam das Urteil. „Man muss nicht mehr ins Leere argumentieren.“ Und
das Verwaltungsgericht in Göttingen sei „schon ganz heiß“ darauf, das
Verfahren fortzusetzen. Noch ist unklar, ob der Verfassungsschutz in die
Beschwerde vor das Bundesverwaltungsgericht geht. „Wir werden das Urteil
genau unter die Lupe nehmen und dann die weiteren Schritte prüfen“, sagt
Anke Klein, Sprecherin des Verfassungsschutzes. „Oder den Verfahrensfehler
heilen.“
15 Jul 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Göttingen
Verfassungsschutz
Geheimdienst
Schwerpunkt Überwachung
Geheimdienst
## ARTIKEL ZUM THEMA
Geheimdienst überwacht Gewerkschafter: Im falschen Umfeld
Der IG Metall-Sekretär Lennard Aldag wurde vom Verfassungsschutz in
Niedersachsen ausspioniert. Einige Daten bleiben unter Verschluss.
Einschränkung der Grundrechte: „Gift für die Versammlungsfreiheit“
Schleswig-Holsteins neues Versammlungsgesetz erlaubt Videoüberwachung
friedlicher Demos. Für Bürgerrechtler ein Versuch der Abschreckung.
Datenschutz in Niedersachsen: In jeder Imbissstube ein Spion
Jede noch so friedliche Kundgebung wird in Niedersachsen polizeilich
überwacht. Wurden Daten von Demonstranten an den Verfassungsschutz
weitergeleitet?
Verfassungsschutz: Geheimdienst stellt Gericht kalt
Im Streit um die Bespitzelung des Journalisten Kai Budler sollen Lüneburger
Richter entscheiden, was ihre Kollegen in Hannover erfahren dürfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.