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# taz.de -- Selbsterfahrungsort Bürgerschaft.: Kleiner, teurer - besser?
> Die Hamburgische Bürgerschaft findet sich langweilig - und will sich neu
> erfinden. Eine moderate Erhöhung der Diäten ist in Sicht.
Bild: Könnte irgendwann einen richtigen Landtag beherbergen: Hamburgs Rathaus.
Hamburg taz | So kann es nicht weitergehen - das ist weitgehend Konsens in
der Hamburgischen Bürgerschaft. Lahme Debatten, gestanzte Reden,
intransparente Abläufe, leere Zuschauerränge und eine allenfalls mäßig
gefüllte Pressetribüne: Lang ist die Reihe der Selbstvorwürfe, die sich die
Abgeordneten machen.
Und so sinnen sie auf eine Reform: „Instrumente zur Steigerung der
Attraktivität und Belebung der Parlamentsarbeit und Debattenkultur“ soll
ein elfköpfiges Gremium zügig erarbeiten. Das wird das Parlament am
heutigen Donnerstag beschließen.
Die zentrale Frage lautet, ob die Bürgerschaft des Stadtstaates vom
Feierabend- zum Vollzeitparlament umgebaut werden soll. Bislang sind die
meisten der 121 Abgeordneten zumindest halbtags berufstätig; das zu ändern,
dürfte in erster Linie bei den kleinen Fraktionen auf Widerstände treffen,
denn es wäre mit einer deutlichen Verringerung der Mandate verbunden.
Voraussetzung dafür wäre indes eine Änderung der Landesverfassung, wofür
eine Zweidrittelmehrheit erforderlich ist - und somit weitgehender Konsens.
Zudem droht ein heftiger und langwieriger Streit mit dem Verein „Mehr
Demokratie“, der das geltende Hamburger Wahlrecht per Volksentscheid
durchgesetzt hat. Es sieht 17 Wahlkreise mit 71 direkt gewählten
Abgeordneten vor, dazu 50 Listenmandate. Jede Verkleinerung der
Bürgerschaft würde nach einem weitgehend neuen Wahlrecht verlangen - und
der Zustimmung von „Mehr Demokratie“.
## Es sieht nach einem Reförmchen aus
Auch dürfte das Parlament dadurch keineswegs billiger werden. Eine
Halbierung des Plenums auf Vollzeit-Parlamentarier bei Verdoppelung der
Bezüge wäre kostenneutral - fraglich indes ist, ob für dann rund 5.000 Euro
brutto im Monat Lehrer, Anwälte oder Handwerksmeister ihren Beruf aufgeben
würden.
Deshalb weist zur Zeit vieles darauf hin, dass es nur zu einem Reförmchen
reichen wird. Dieses könnte vorsehen, dass die Bürgerschaft häufiger und
kürzer tagt und der Bürgermeister oder einzelne Senatoren sich zu Beginn
jeder Sitzung einer Fragestunde stellen müssen. Eben die war 2007
abgeschafft worden: Die Auskünfte der Regierung, in der Regel ausweichenden
Charakters, riefen im Allgemeinen Müdigkeit hervor.
Auch die Schaffung eines Wissenschaftlichen Dienstes zur Beratung der
Abgeordneten und die dauerhafte Einbindung von externen Fachleuten in die
Arbeit der Ausschüsse steht zur Debatte; in einem Jahr soll der
Reform-Ausschuss konkrete Vorschläge vorlegen.
Als sicher gilt hingegen, dass die Bürgerschaft die am Mittwoch
vorgestellten Empfehlungen einer Expertenkommission zur Erhöhung der Diäten
akzeptieren wird. Danach sollen die Bezüge der Abgeordneten rückwirkend zum
Beginn der Legislaturperiode im März um ein Prozent steigen - von 2.641
Euro brutto monatlich um 26,41 auf 2.867,41 Euro.
„Moderat und angemessen“, findet Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit
(SPD). Zudem sollen die Pauschalen für Büromieten, die seit 2008 gleich
blieben, und für sonstige Aufwendungen an die gestiegenen realen Kosten
angepasst werden.
Die Kommission empfiehlt, diese Steigerungsraten gemäß der
Einkommensentwicklung im öffentliche Dienst über die gesamte fünfjährige
Legislaturperiode fortzuschreiben. „Dann müssen wir nicht Jahr für Jahr
darüber debattieren“, freut sich Veit, „das schafft Transparenz für die
gesamte Zeit.“
Zumindest für ein Teilzeitparlament - für einen reformierten
Vollzeit-Landtag müssten die Bezüge wieder vollkommen neu ermittelt werden.
11 Jun 2015
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburgische Bürgerschaft
Parlament
Mehr Demokratie
Hamburgische Bürgerschaft
Schwerpunkt Olympische Spiele 2024
Schwerpunkt Landtagswahlen
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