# taz.de -- UN-Bericht über Eritrea: Verbrechen gegen die Menschlichkeit | |
> Aus keinem Land Afrikas kommen so viele Flüchtlinge nach Europa wie aus | |
> Eritrea. Ein UN-Bericht beschuldigt die Regierung einer absoluten | |
> Willkürherrschaft. | |
Bild: Flüchtlinge aus Eritrea zelten unter einer Metro-Brücke in Paris. | |
GENF dpa | Massive Übergriffe und brutale Gewaltanwendung durch die | |
Regierung von Eritrea treiben nach Erkenntnissen von UN-Ermittlern | |
Hunderttausende Einwohner des nordostafrikanischen Staates zur Flucht nach | |
Europa. Dem Regime in Asmara werfen die Experten in einem am Montag | |
veröffentlichten Bericht willkürliche Hinrichtungen sowie systematische | |
Folter – darunter auch Vergewaltigungen – vor, „die den Tatbestand von | |
Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfüllen könnten“. | |
Die meisten Eritreer sähen sich mit einer scheinbar ausweglosen Notlage | |
konfrontiert, [1][heißt es in dem Bericht] der vom UN-Menschenrechtsrat | |
berufenen Eritrea-Untersuchungskommission. „In ihrer Verzweiflung riskieren | |
sie tödliche Fluchtrouten durch Wüsten und Bürgerkriegsländer und den | |
gefährlichen Seeweg über das Mittelmeer.“ | |
Weite Teile der Bevölkerung des Staates am Roten Meer (etwa 6,4 Millionen | |
Einwohner) seien zudem Zwangsarbeit sowie einem zeitlich unbefristetem | |
Militärdienst sowie ungesetzlichen Inhaftierungen ausgesetzt. Das Regime | |
von Staatschef Issaias Afewerki, der in den 1990er Jahren auch von manchen | |
westlichen Politikern als fortschrittlicher Hoffnungsträger für Afrika | |
gepriesen worden war, stützt sich dem Bericht zufolge auf einen gewaltigen | |
Sicherheits- und Geheimdienstapparat. | |
„Die Informationen, die dieses alles durchdringende Kontrollsystem sammelt, | |
werden in absoluter Willkür verwendet, um die Bevölkerung in ständiger | |
Angst zu halten“, heißt es in dem 500-Seiten-Bericht. „In Eritrea herrscht | |
nicht das Recht, sondern die Angst“, konstatiert die dreiköpfige | |
Ermittlergruppe unter Leitung des australischen Experten Mike Smith. | |
## Appell an Staaten: niemand zurückschicken | |
Fast 360.000 Eritreer sind nach UN-Angaben derzeit als Flüchtlinge in | |
Europa registriert. Die meisten von ihnen in Schweden, Deutschland und der | |
Schweiz. Aus keinem anderen Land Afrikas fliehen so viele Menschen nach | |
Europa wie aus Eritrea. Die UN-Ermittler appellieren an alle Staaten, | |
eritreische Asylsuchende nicht zur Rückkehr zu zwingen. Das Regime bestrafe | |
„jeden, der versucht, das Land ohne Genehmigung zu verlassen“. | |
Die eritreische Regierung hat den UN-Ermittlern jegliche Zusammenarbeit | |
verweigert und sie nicht einreisen lassen. Grundlage ihres Berichts seien | |
daher 550 vertrauliche Interviews mit Zeugen außerhalb Eritreas sowie 160 | |
schriftliche Berichte von Betroffenen. Viele potenzielle Zeugen hätten | |
selbst in Asylländern noch aus Angst vor Übergriffen sowie vor Repressalien | |
gegen zurückgebliebene Verwandte Aussagen vor den Ermittlern abgelehnt. | |
Über die Lage in Eritrea und den Untersuchungsbericht will der | |
UN-Menschenrechtsrat im Rahmen seiner am 15. Juni beginnenden Sommersitzung | |
öffentlich beraten. Präsident des Gremiums ist in diesem Jahr turnusgemäß | |
der Leiter deutschen UN-Mission in Genf, Botschafter Joachim Rücker. | |
8 Jun 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/CoIEritrea/Pages/ReportCoIEritrea.aspx | |
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