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# taz.de -- Regimeterror in Eritrea: Die versklavte Bevölkerung
> Die UN-Kommission wirft der Regierung schwere Verbrechen vor und will
> Anklage erheben. Die EU sieht das Land als Migrationspartner.
Bild: Eine Aktivistin stellt nach, wie in Eritrea gefoltert wird
Berlin taz | Eritreas Regierung begeht Verbrechen gegen die Menschlichkeit
an der eigenen Bevölkerung und gehört deswegen vor den Internationalen
Strafgerichtshof: Das ist die Feststellung einer Untersuchungskommission
des UN-Menschenrechtsrats in ihrem am Mittwoch veröffentlichten
Abschlussbericht. Menschenrechtsgruppen fordern nun, sämtliche Überlegungen
auf EU-Ebene zu einer Zusammenarbeit mit dem eritreischen Staat bei der
Flüchtlingsabwehr auf Eis zu legen.
„Die Kommission hat Grund zur Annahme, dass in Eritrea seit 1991 Verbrechen
gegen die Menschlichkeit begangen worden sind, nämlich Versklavung,
Inhaftierung, Verschwindenlassen, Folter, andere unmenschliche Akte,
Verfolgung, Vergewaltigung und Mord“, steht gleich zu Beginn des Berichts,
der auf mehrjährige Recherchen folgt. „Die Kommission kommt zum Schluss,
dass Eritrea ohne umfassende rechtliche und institutionelle Reformen nicht
in der Lage ist, seiner Rechenschaftspflicht für diese Verbrechen und
Verletzungen nachzukommen. Sie empfiehlt daher, dass der Sicherheitsrat die
Lage in Eritrea dem Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs zur
Prüfung vorlegt.“
Bereits im Juni 2015 hatte die Untersuchungskommission staatliche
Verfolgung in Eritrea ausführlich dokumentiert. Dieser Bericht war von
Eritreas Regierung und ihren Verbündeten scharf kritisiert worden, unter
anderem weil die UN-Ermittler Eritrea nicht besucht hatten – die Regierung
hatte das nicht erlaubt. Für den Abschlussbericht durfte eine UN-Delegation
ins Land, nicht aber die Untersuchungskommission.
Eritreas Regierung unter dem Präsidenten und ehemaligen Befreiungskämpfer
Iasaias Afeworki verübe seit der Unabhängigkeit des Landes im Mai 1991
einen „andauernden, ausgedehnten und systematischen Angriff gegen die
Zivilbevölkerung von Eritrea“, so die Kommission, so die Kommission. Die
Wertung als „ausgedehnt und systematisch“ entspricht der Definition eines
Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Völkerstrafrecht.
## Ausreise verboten
Folter werde in zivilen und militärischen Einrichtungen weiterhin
„ausgedehnt und systematisch“ angewandt, heißt es weiter. Es gebe weiterhin
sexualisierte Gewalt gegen Männer und Frauen in der Haft, Bestrafung von
Familienangehörigen von Flüchtlingen, Hinrichtungen und Zwangsarbeit,
ebenso die als Zwangsrekrutierung zu wertende zeitlich unbegrenzte
Wehrpflicht.
Die politische Brisanz liegt nicht nur in der Dimension der Vorwürfe,
sondern auch im Umstand, dass er mitten in die Diskussionen über eine
Zusammenarbeit zwischen der EU und Eritrea zur Eindämmung der illegalen
Migration läuft. Eritrea erlaubt seinen Bürgern generell die Ausreise
nicht. Rund 5.000 Menschen fliehen jeden Monat aus dem Land mit weniger als
6 Millionen Einwohnern; 2015 beantragten laut UNO 47.025 Eritreer Asyl in
einem EU-Land.
Die zivilgesellschaftliche Lobbygruppe EEPA, die für eine
menschenrechtsorientierte EU-Außenpolitik eintritt, verlangt nun eine
„sofortige und unzweideutige Antwort“ auf den UN-Bericht. Eritrea ist eines
der 16 Länder, mit denen die EU vertieft über gemeinsame Maßnahmen gegen
Flüchtlingsströme spricht; im Rahmen des „Khartum-Prozesses“ zu Europas
Zusammenarbeit mit den Regierungen am Horn von Afrika gegen illegale
Migration ist auch Eritrea ein Partner. Menschenrechtler monieren, dass es
auch um polizeilichen und geheimdienstlichen Informationsaustausch gehe. Es
könne keine Kooperation mit einem Regime geben, das als Täter von
Verbrechen gegen die Menschlichkeit identifiziert wird.
8 Jun 2016
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Eritrea
Folter
Sklaverei
UN-Menschenrechtsrat
Migrationspartnerschaft
EU
Eritrea
Schwerpunkt Flucht
Eritrea
Israel
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