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# taz.de -- Kommentar Ende des Bahnstreiks: Alles andere als eine Kapitulation
> Bisher bot der Bahnvorstand eine perfekte mediale Inszenierung. Nun ist
> das Schmierentheater beendet worden. Ein Anfang.
Bild: Die kommende Strecke birgt noch einige Hindernisse.
Die schlechte Nachricht zuerst: Wer sich am morgigen Freitag mit dem Wagen
durch die Republik bewegen will, muss damit rechnen, viel vergeudete Zeit
auf der Autobahn zu verbringen. Aber das war schon vorher klar. Denn morgen
ist traditionell der verkehrsfreudigste und also staureichste Tag des
Jahres.
Die gute Nachricht lautet: Wer sich seinen Pfingstausflug nicht verderben
lassen will, hat jetzt doch noch eine Alternative. Denn er oder sie kann
die Bahn nehmen.
Der am Donnerstagmorgen verkündete Abbruch des Lokführerstreiks ist aber
nicht nur ein Segen für viele Reisende, sondern vor allem ein
Hoffnungszeichen für das in der Lokführergewerkschaft GDL organisierte
Zugpersonal. Denn das vorzeitige Ende ihres Ausstands ist alles andere als
eine Kapitulationserklärung. Vielmehr scheint es endlich eine tragfähige
Grundlage für ernsthafte Schlichtungsgespräche zu geben, weil es der GDL
offenkundig gelungen ist, den Bahnvorstand zur Aufgabe seiner destruktiven
Machtspiele zu zwingen. Das ist ein Verdienst ihres ausdauernden
Arbeitskampfes. Der Gordische Knoten habe durchschlagen werden können,
jubiliert GDL-Chef Claus Weselsky.
Bisher bot der Bahnvorstand vor allem eine perfekte mediale Inszenierung.
Gekonnt schob er der angeblich so verbohrten Lokführergewerkschaft und
ihrem vermeintlich selbstsüchtigen Chef Weselsky den Schwarzen Peter für
die verfahrene Situation zu. Nach außen hin gaben sich die Unterhändler des
Staatskonzerns kompromissbereit, in den Verhandlungen hinter verschlossenen
Türen blieben sie knallhart. Dieses Schmierentheater beendet zu haben ist
das Verdienst des ehemaligen Vorsitzenden Richters am Bundesarbeitsgericht,
Klaus Bepler. Seine Hinzuziehung sorgte für jene Verbindlichkeit, die
bislang fehlte.
## Endlich kann über die materiellen Forderungen verhandelt werden
Endgültig beigelegt ist der Tarifkonflikt damit noch keineswegs. Aber
nachdem sogar das Problem der Lokrangierführer zugunsten der GDL-Forderung
nach einer Gleichbehandlung mit den Lokführern ausgeräumt scheint, kann
endlich über die materiellen Forderungen der Gewerkschaft verhandelt
werden: 5 Prozent mehr Lohn, Arbeitszeitverkürzung und
Überstundenbegrenzung.
Dass der Bahnvorstand weiterhin anstrebt, mit der GDL einen Abschluss zu
erreichen, der sich nicht substanziell von dem der größeren Eisenbahn- und
Verkehrsgewerkschaft (EVG) unterscheidet, ist sein legitimes Recht.
Entscheidend ist jedoch, dass dies nicht mehr die Bedingung für eine
Einigung ist. Denn ebenso legitim ist der Anspruch der GDL, sich keinem
Tarifdiktat unterwerfen zu wollen.
Den Weg, den Klaus Bepler eröffnet hat, müssen nun Bodo Ramelow und
Matthias Platzeck weitergehen. Als Schlichter sind sie eine gute Wahl:
Beide sind gewiefte wie integre Unterhändler, die sich weder von der einen
noch der anderen Seite instrumentalisieren lassen werden. Und beide
verfügen über die notwendige Autorität und Glaubwürdigkeit, um für einen
fairen Kompromiss zu ringen.
Ob er erreicht werden kann, hängt sowohl vom Bahnvorstand als auch der GDL
ab – und von konkurrierenden EVG. Jetzt kann die Bahn beweisen, dass sie
wirklich an gleichberechtigten Verhandlungen interessiert ist. Die kommende
Strecke birgt noch einige Hindernisse. Aber wenigstens ist ein Anfang
gemacht.
21 May 2015
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Bahnstreik
GDL
Lokführer
Tarifkonflikt
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Bodo Ramelow
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