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# taz.de -- Homo-Ehe in Irland: Jack und John trauen sich endlich
> Alle Parteien sind dafür: Die Iren stimmen in einem Referendum darüber
> ab, ob die gleichgeschlechtliche Ehe in der Verfassung festgeschrieben
> wird.
Bild: Kampagne für ein Ja zur Homo-Ehe in Dublin.
DUBLIN taz | „Shergar ist nicht von zwei Hengsten gezeugt worden“, steht
auf dem handgeschriebenen Plakat in einem Vorort der irischen Hauptstadt
Dublin. Darunter: „Stimmt Nein!“ Am Freitag entscheiden die Iren in einem
Referendum über die Homo-Ehe. Shergar war ein legendäres Rennpferd, 1981
war es Europäisches Pferd des Jahres, zwei Jahre später wurde es vermutlich
von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) entführt und nie wieder
gesehen.
Das Hauptargument der Gegner der Homo-Ehe sind Kinder. Waisenkinder könnten
gleichgeschlechtlichen Ehepaaren zugewiesen werden. Der Vorsitzende der
Adoptionsbehörde, Geoffrey Shannon, sagt jedoch, dass das Referendum an den
Adoptionsregeln gar nichts ändere, egal wie es ausgehe. „Wenn eine Mutter
ihr Baby zur Adoption freigibt und erklärt, sie möchte nicht, dass das Kind
von einem gleichgeschlechtlichen Paar adoptiert wird, so wird dieser Wunsch
respektiert“, sagt er.
Auch das häufig vorgebrachte Argument, schwule Paare könnten sich durch
Leihmütter Kinder verschaffen, ist haltlos: Über die Legalität von
Leihmuttergeschäften werde das Parlament später völlig unabhängig von dem
Referendum entscheiden, sagte der zuständige Minister Simon Coveney.
Alle politischen Parteien Irlands haben zu einem Ja aufgerufen. Weil es
sich um eine Verfassungsänderung handelt, muss sie durch einen
Volksentscheid abgesegnet werden. Irland wäre dann das einzige Land in der
Welt, das die Homo-Ehe in der Verfassung festschriebe.
## Keine Homo-Ehe in Nordirland
In Großbritannien ist das durch Gesetze geregelt, die aber nicht in
Nordirland gelten. Dort hat das Regionalparlament im April die Homo-Ehe zum
vierten Mal binnen zweieinhalb Jahren abgelehnt. Bei den Umfragen in der
Republik Irland hingegen liegen die Befürworter deutlich vorne, rund 70
Prozent wollen mit Ja stimmen – vor allem Stadtbewohner, Frauen und junge
Leute. Lediglich bei den über 65-Jährigen und in den ländlichen Regionen im
Nordwesten überwiegen die Nein-Sager.
Margaret Hickey von der Kampagne „Väter und Mütter sind wichtig“ glaubt
dennoch nicht, dass die Sache für die Gegner schon verloren sei. Sie hofft
auf den Schamfaktor: „Viele wollen nicht als homophob oder gegen
Gleichstellung gelten, aber wir haben eine leise Stimme gegen diese
Megafon-Kampagne gefunden, die so massiv finanziert wird.“ Die Parteien und
Organisationen für ein Ja haben weit über eine halbe Million Euro für ihre
Kampagne ausgegeben, die Gegner nicht einmal die Hälfte.
Die katholische Kirche predigt ebenfalls ein Nein. Der Bischof von
Limerick, Brendan Leahy, warnte vor den Konsequenzen für das Familienleben
und für die Kinder. „Die Ehe als Institution steht unter enormen Druck in
der westlichen Welt“, sagte er. Christen sollten die Grundlagen der Ehe
wiederentdecken, die auf der „Vereinigung zwischen Mann und Frau basieren,
die sich ergänzen und möglichst neues Leben in die Welt bringen“. Die
Bischöfe haben angedroht, im Falle eines Ja nicht mehr die zivilrechtliche
Eheschließung zu vollziehen. Bisher können Paare nach der Trauung die
standesamtliche Urkunde in der Kirche unterschreiben. Künftig müssten sie
das auf dem Standesamt erledigen.
Doch solche Drohungen ziehen auf der Grünen Insel nicht mehr. Nach den
zahlreichen Skandalen um Kindesmissbrauch und die Behandlung von Kindern in
katholischen Erziehungsheimen hat die Kirche ihr Moralmonopol eingebüßt.
Die neue Generation hat ein liberaleres Weltbild als ihre Eltern. Die
Verfassung von 1937 ist jedoch tief katholisch geprägt und wird erst
allmählich ans 21. Jahrhundert angepasst. Dafür sind die Zustimmung beider
Kammern des Parlaments sowie ein Referendum notwendig. Das ist bisher 27
Mal geschehen, zum Beispiel bei der Ehescheidung, die seit 1995 möglich
ist.
Nun soll der nächste Schritt gemacht werden. Nicht nur bei den Umfragen,
auch bei den Buchmachern liegen die Befürworter der Homo-Ehe klar vorne.
Die Kette Paddy Power, die für umstrittene Werbung bekannt ist, hat auf
Plakaten zwei vermummte IRA-Männer abgebildet, die sich küssen.
Daneben der Kampfruf der IRA: „Tiocfaidh ár lá“ – Unser Tag wird kommen.
Paddy Power erwartet, dass es der kommende Freitag sein wird.
21 May 2015
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Irland
Dublin
Homo-Ehe
Referendum
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt Abtreibung
Dublin
Homo-Ehe
Gleichgeschlechtliche Ehe
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gleichgeschlechtliche Ehe votiert. Ein riesiger Erfolg.
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