# taz.de -- Bürgerbegehren gegen Mediaspree: SPD überholt die Grünen links | |
> Mitte Juli kommt es zum Bürgerentscheid über das Projekt Mediaspree in | |
> Friedrichshain-Kreuzberg. Während Grüne und Linkspartei fast alle | |
> Forderungen der Initiative gegen das Projekt ablehnen, zeigt die SPD | |
> erstaunliches Verständnis. | |
Bild: Locker bleiben am Spreeufer | |
Der Bürgerentscheid über das Großprojekt Mediaspree kommt. Bereits vor der | |
entscheidenden Abstimmung in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) | |
Friedrichshain-Kreuzberg am Mittwochabend waren die Verhandlungen mit der | |
Bürgerinitiative "Mediaspree versenken" über einen eventuellen Kompromiss | |
endgültig gescheitert. Die meisten BVV-Fraktionen erklärten am | |
Mittwochmorgen, sie würden die Forderungen des Begehrens ablehnen. Termin | |
für den Bürgerentscheid ist der 13. Juli. Die Initiative MediaSpree | |
versenken hatte im März erfolgreich ein Bürgerbegehren gegen das | |
Großprojekt eingereicht, das zahlreiche neue Büro- und Geschäftsbauten | |
entlang dem Ufer im Bezirk vorsieht. | |
Die Fraktionen der Grünen und der Linken wollten der BVV am Mittwochabend | |
einen Antrag vorlegen, der die Forderungen des Bürgerbegehrens weitgehend | |
ablehnt, CDU und FDP tragen diesen Antrag mit. Für Überraschung sorgte | |
allerdings die SPD-Fraktion: Sie stellte sich hinter wesentliche | |
Forderungen des Bürgerbegehrens und brachte einen eigenen Antrag ein. Darin | |
fordert sie unter anderem ein Planungs- und Genehmigungsmoratorium bis Ende | |
des Jahres 2008. "Der Bezirk muss erst einmal innehalten, um zu schauen, | |
was am Spreeufer noch möglich ist", sagt Björn Eggert (SPD). Vieles am | |
Spreeufer sei durchaus nicht so festgezurrt, wie das Bezirksamt unter | |
Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) vorgebe, so Eggert. "Da wird ein | |
Worst-Case-Szenario aufgebaut." | |
Was die SPD fordere, sei "komplett utopisch" und "völlig | |
verantwortungslos", kritisiert hingegen Antje Kalek (Grüne). Der Bezirk sei | |
der Initiative in den Verhandlungen weit entgegengekommen, betont auch | |
Joachim Hempel (Linke). "Aber wir haben immer deutlich gemacht, dass wir | |
keine Entscheidungen mittragen, die Entschädigungsforderungen nach sich | |
ziehen." | |
Das Bürgerbegehren fordert unter anderem, dass Neubauten nur in einem | |
Abstand von 50 Metern vom Ufer errichtet werden dürfen und nicht höher als | |
22 Meter sind. Der Bezirk befürchtet, die im Bürgerbegehren geforderte | |
Änderung der Baupläne könnte ihn bis zu 165 Millionen Euro | |
Entschädigungszahlungen kosten. Mediaspree versenken spricht von 51 | |
Millionen Euro. | |
Glücklich über den anstehenden Entscheid sind weder die Grünen noch die | |
Linken. "Wir haben bis zuletzt auf einen Kompromiss gehofft", sagt Kalek. | |
Die Fraktionen hatten der Bürgerinitiative angeboten, für sechs Monate | |
einen "zeitweiligen Ausschuss" einzurichten, in dem Bezirk, Vertreter der | |
Initiative und Investoren gemeinsam beraten. Die Bürgerinitiative hatte | |
dies abgelehnt, weil ein solcher Ausschuss nicht sicherstelle, dass | |
Forderungen tatsächlich umgesetzt werden. | |
Nach der Abstimmung in der BVV, deren konkretes Ergebnis bei | |
Redaktionsschluss noch nicht vorlag, wird den Grünen und Linken wohl nichts | |
anderes übrig bleiben, als zum äußerst unpopulären Thema Mediaspree | |
Wahlkampf zu machen und ihre Positionen zu erklären. Die grüne Fraktion | |
will über das weitere Vorgehen am 10. Juni entscheiden. Einen Tag zuvor | |
trifft sich die andere Seite: Auf einem öffentlichen Aktions- und | |
Vernetzungstreffen wollen zahlreiche linke Gruppen beraten, wie sie den | |
gemeinsamen Wahlkampf gegen Mediaspree organisieren. Geplant ist eine groß | |
angelegte Kampagne. | |
Damit der Bürgerentscheid gültig ist, müssen sich 15 Prozent der | |
Abstimmungsberechtigten des Bezirks beteiligen - rund 14.000 Personen. | |
Falls nicht der Senat vorher einschreitet: Ingeborg Junge-Reyer (SPD), | |
Senatorin für Stadtentwicklung, hat bereits erklärt, der Senat könne die | |
Planungskompetenz für das Spreegebiet an sich ziehen. Damit könnte er | |
weitere Blockaden des Projekts Mediaspree verhindern. | |
28 May 2008 | |
## AUTOREN | |
Juliane Schumacher | |
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