| # taz.de -- ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN ++ (2): Antifa applaudiert de… | |
| > Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 2): Aktuelle Berichte von den | |
| > Protesten gegen das NPD-Fest, von der DGB-Demo un der Mayday-Parade. | |
| Bild: Die Mayday-Demo auf dem Boulevard Unter den Linden | |
| Der Liveticker mit jüngeren Berichten vom Abend findet sich [1][hier.] | |
| 17.40 Uhr, Moritzplatz: Eigentlich versuchen die Macher der Mayday-Parade, | |
| ihre Abschlussreden zu halten. Doch die Techno-Musik ist zu laut: Niemand | |
| hört zu, alle tanzen. | |
| 17.35, Manteuffelstraße: Im "M99", dem Gemischtwarenladen mit | |
| Revolutionsbedarf, ist der Teufel los. Aufkleber "Nazis raus!", | |
| Koppeltaschen oder T-Shirts finden reißenden Absatz. HG, der 50-jährige | |
| Betreiber des Ladens, nimmt es gelassen: "Zu autonomen Festtagen ist das | |
| immer so". | |
| 17.15, Naunynstraße, Kreuzberg: Vor der Hiphop-Bühne des MyFestes stehen | |
| zwei Polizisten, sichtlich lärmgestresst. Der Beamte Dietz - laut | |
| Namensschild - trägt auf der Schulter vier Sterne. Neben ihm Herr Reimann - | |
| drei Sterne. Sie brüllen sich gegenseitig laut ins Ohr. Überall ist es | |
| deutlich voller als im Vorjahr. Es wird viel Alkohol getrunken. Ein junger | |
| Mann ist schon auf der Bordsteinkante eingeschlafen. Ein anderer torkelt | |
| einer leicht bekleideten Frau entgegen und brüllt: "Mensch bist du geil". | |
| FARBEIER SCHMÜCKEN FINANZMINISTERIUM | |
| 16.48, Online: Die Mayday-Organisatoren versenden per Mail eine | |
| Presseerklärung zur Farbattacke auf das Finanzministerium (siehe 16.17 | |
| Uhr). Darin heißt es: "Das war keine unpolitische Randale sondern eine | |
| deutliche Meinungsäußerung. Wenn große Demonstrationen mit mehreren 10.000 | |
| Teilnehmern keine Bedeutung mehr haben und es immer noch Maßnahmen wie | |
| Hartz IV gibt, ist es verständlich wenn die Menschen andere Ausdrucksformen | |
| suchen. Das Finanzministerium scheint für viele ein symbolisches Objekt | |
| gewesen zu sein um zu zeigen, dass sie mit den derzeitigen Verhältnissen | |
| nicht einverstanden sind." Insgesamt seien etwa 60 Farbeier geflogen. Ein | |
| Polizeisprecher sagte, die Fassade in der Wilhelmstraße sehe "ganz schön | |
| bunt" aus. | |
| 16.45, Naunynstraße: An der Ecke zur Adalbertstraße spielt ein Punkband. | |
| Etwas weiter im Gewimmel tanzen junge Hiphopper auf einer Bühne bei einem | |
| Breakdanceturnier. Dahinter toben junge Leute in einem Käfig einem Fußball | |
| hinterher. Am Ende der Straße erhebt sich wie ein riesiges Schiff die | |
| Rapbühne. Sie ist mit modernster Lichttechnik angestrahlt. Auch der Sound | |
| kommt über teure Anlagen. | |
| 16.31, Rudi-Dutschke-Straße: Hallo Mayday! Die Parade flaniert gerade am | |
| taz-Haus vorbei. Jonglier-Keulen fliegen durch die Luft. "Es war nicht | |
| alles schlecht im Kapitalismus", erinnert ein Transparent in der Menge. Der | |
| Wagen dahinter gemahnt in Großbuchstaben nicht nur an die "KRISE", sondern | |
| auch ans "EIS". Die aktuelle Temperatur beträgt 22,4 Grad. | |
| Weitere Transparent- und Pappenslogans: "Mein Auto bekommt ihr nicht!", | |
| "be.streik be.berlin", "Haha Kapitalismus", "Macht die Glotze aus", | |
| "Schweinsystem", "Kuchen, Kakao, Kommunismus" , "Kein Bock auf ne prekäre | |
| Karriere", "Dr. Klaus Zumwinkel Fanclub", "Und für wessen Arsch arbeitest | |
| du?", "Schweinerei", "Hol dir dein Leben zurück", "Freiheit ist die | |
| Freiheit anders zu denken". | |
| Man tanzt ausgelassen hinter dem Wagen von "ZENSURSULA": "Die haben echt | |
| Basswoofer inszwischen, das ist der Wahnsinn", kommentiert eine | |
| taz-Redakteurin mit langjähriger Demoerfahrung. | |
| "Wenn das nur 2.000 sein sollen, dann waren beim DGB niemals 20.000", sagt | |
| eine Beobachterin, die beide Aufzüge gesehen hat. | |
| 16.20, Kottbusser Tor: Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, weiße Aufschrift: | |
| "Antifaschist". In diesem Outfit flaniert ein junger Mann gepierced und mit | |
| Basecap durch die Menge. Aus seiner rechten hinteren Hosentasche hängen | |
| lässig zwei Lederhandschuhe heraus. Man sieht die skurrilsten Typen. Ein | |
| Glatzköpfiger mit Ganzkopftattoo sagt, er sei 60 Jahre alt. Auf seinem | |
| Rücken trägt er die Aufschrift: "Wir sind nicht auf der Welt, um zu sein, | |
| wie andere uns wollen." | |
| 16.17, Bundesfinanzministerium, Wilhelmstraße: Grauer Granit, das war | |
| einmal. Die Fassade des Ministeriums ist seit wenigen Minuten bunt | |
| gesprenkelt. Rund zwei Dutzend Teilnehmer der Mayday-Parade haben sie mit | |
| Farbeiern beworfen. | |
| 16.15, Kottbusser Tor: Auf dem Platz steht eine riesige Bühne mit der | |
| Aufschrift "Antifascista". "So, der Act kann beginnen", begrüßt der | |
| Performer das Publikum. "Welcome in the quarter 36. We will meet us in the | |
| street and figth capitalism." Bevor die Band Tapete an die Mikrofone tritt, | |
| ruft er noch zur Teilnahme an der 18-Uhr-Demo auf. "Danach kommen wir | |
| hoffentlich unversehrt hierher zurück. Und dann geht's weiter". | |
| 16.10, Kottbusser Straße, Kreuzberg: Zum Abschluss der ersten | |
| revolutionären 1. Mai-Demonstration erklingt die Internationale vom Band. | |
| Dazu werden fast mehr rote Fahnen geschwenkt, als noch Teilnehmer da sind. | |
| Unterwegs waren die Revolutionäre auf unterschiedlichste Reaktionen | |
| gestoßen. Ein Araber, der vor einem Wasserpfeifencafé in Neukölln saß, | |
| meinte, er fände das ganz okay mit der internationalen Revolution. "Aber | |
| die Demonstranten hier sind ja alles Kreuzberger, das geht uns hier nichts | |
| an." Ein älterer Türke vor der Zentrale von Milli Görüs wollte auch nicht | |
| mitgehen: "Das sind alles gottlose Kommunisten", meinte er. Dann riefen die | |
| Demonstranten: "USA - BRD - das faule Gesicht der Demokratie - | |
| Massenmörder, das sind sie!". Das sei zwar nicht ganz falsch, kommentierte | |
| ein Türke am Wegesrand. "Aber es gehört sich nicht, als Ausländer so über | |
| Deutschland zu reden." Eine ältere Deutsche ging hingegen aus Neugier mit. | |
| "Ich finde vieles gut, was hier gesagt wird, etwa über die Frauenbefreiung. | |
| Nur dass Revolution der einzige Weg ist, das finde ich nicht richtig." | |
| 15.55, Oranienstraße, Kreuzberg: Eine braune Bordeauxdogge liegt mitten im | |
| Trubel des MyFestes schlafend vor einem Caipirinhastand. Neben ihr einen | |
| Gelddose mit dem Schild: "Einmal noch in Puff". Münzen im Wert vom etwa 5 | |
| Euro haben sich schon eingefunden. Der Hund sei schon sehr alt, sagt die | |
| Besitzerin, diesen Wunsch, wolle sie ihm noch erfüllen. | |
| DEMOS MAU BESUCHT, MYFEST LÄUFT ÜBER | |
| 15.40, Oranien, Ecke Adalbertsraße: Das MyFest ist kurz davor, wegen | |
| Überfüllung geschlossen zu werden. Die Menschen stecken an der Kreuzung in | |
| der Menge fest. Nur auf dem Bürgersteigen ist noch etwas Platz zum | |
| Ausweichen. "Das wird krass, wenn es so weiter geht", sagt eine | |
| Beobachterin. Ein Blick nach Nord, Süd, Ost und West zeigt ein wogendes | |
| Köpfemeer. Alle strömen wie auf einer Demo die Straße entlang. Bierflaschen | |
| oder Pappbecher in den Händen, eingehüllt vom Dampf der Grillstände. | |
| Umgeben vom Dröhnen der Bässe. Kaum ist man an einer Bühne vorbei empfängt | |
| einen der Soundbrei der nächsten. Das Motto des von Anwohnern und | |
| Bezirksamt zum siebten Mal organisierte n Festes lautet diese Jahr. "Wir | |
| sind Kreuzberg 36. Wir sind Subkultur, wir sind cosmopolitisch". Menschen | |
| aller Hautfarben, Männer, Frauen, Kinder, Alte mit Rollator, Mütter mit | |
| Kinderwagen, Rollstuhlfahrer, jede Spezies ist tatsächlich vertreten. Die | |
| 18 Bühnen versprechen ein buntes Kulturprogramm bis Mitternacht. | |
| 15.40, Behrenstraße, Mitte: Die Mayday-Parade zieht mit mittlerweile gut | |
| 2.000 äußerst bunt gekleideten Teilnehmern an der britischen Botschaft | |
| vorbei. Viele tragen die rosa gefärbten "Tarnkappen", die zu Beginn | |
| verteilt worden waren. Einige nutzen sie als Sonnenschutz, andere tragen | |
| sie wie Karnevalsmasken vorm Gesicht. Auch die von den Paradisten | |
| bereitgestellten Pappsprechblasen zum selber Ausfüllen sind offenbar gut | |
| angekommen. "Fight for your right, stop gentrification", steht auf einer. | |
| Aber auch Slogans wie "Ich möchte ein Gummibärchen sein", "Hände weg vom | |
| RAW-Tempel" oder "Wir wollen alle Eiscreme" sind zu sehen. | |
| 15.35, Moritzplatz, Kreuzberg: Ein Fahrradfahrer mit einer Tuba auf dem | |
| Rücken umkurvt geschickt die Fußgänger auf dem weg zum MyFest. Gleich sei | |
| sein Auftritt am Naunynplatz, sagt er. | |
| MAYDAY-PARADE FLANIERT UNTER DEN LINDEN | |
| 15.25, Bebelplatz, Mitte: Soeben hat sich die "Mayday-Parade" in Bewegung | |
| gesetzt. Zunächst nur rund 1.000 Menschen paradieren über den Boulevard | |
| "Unter den Linden". Es werden allerdings schnell mehr, da aus den | |
| Seitenstraßen zahlreiche Nachzügler eintreffen. | |
| 15.20 Sonnenallee, Neukölln Seit die erste revolutionäre1. Mai-Demo | |
| Kreuzberg verlassen hat, hat sie nochmal rund ein Viertel ihrer Teilnehmer | |
| verloren. Die sind offenbar gleich auf dem MyFest geblieben, dass | |
| mittlerweile in Kreuzbreg begonnen hat. Dafür ist die Minidemo mit nun rund | |
| Teilnehmern umso bunter. Kinder und Altkommunisten, Kurden, Türken, Spanier | |
| und Afrikaner sind zu sehen. Allerdings guckt kaum niemand hin. Publikum | |
| gibt es in Neukölln auf der Sonnenallee nicht. Dafür zeigt sich eine | |
| Sprecherin des Demo-Bündnisses sehr radikal: "Wir sind die einzige | |
| revolutionäre Demonstration", sagt sie. Die Organisatoren der zweiten, | |
| gleichnamigen Demo, die um 18 Uhr beginnen soll, seien doch allenfalls | |
| reformistisch. | |
| 15.03, Mandrellaplatz, Köpenick: Die NPD hat ihre Kundgebung beendet und | |
| sich wieder in ihre Parteizentrale verzogen. Auch die Gegendemonstranten | |
| sind abgerückt. Nur noch die Polizei bewacht den nun leeren Platz. | |
| NPD BRÜLLT GEGEN "DIE ÄRZTE" AN | |
| 14.55, Mandrellaplatz, Köpenick: Bei der NPD-Kundgebung fordert der | |
| Parteivorsitzende Udo Voigt: "Deutschland muss sich wieder um das Wohl | |
| seiner Arbeiter kümmern, statt um Ali und Mustafa". Selbst um sich bei | |
| seinen gerade mal zweihundert Zuhörern verständlich zu machen, muss Voigt | |
| brüllen. Aus einer benachbarten Schule erklingen Anti-Nazi-Songs der Band | |
| "Die Ärzte". | |
| 14.47, EXKURS nach Göttingen: Wie uns soeben aus Göttingen mittgeteilt | |
| wird, wurde die dortige Mai-Kundgebung des DGB von rund zehn Angehörigen | |
| der Burschenschaftsszene gestört. Während Mehrdad Payandeh vom | |
| DGB-Bundesvorstand einen Redebeitrag über die Finanzkrise hielt, liefen die | |
| Störer vor die Bühne am Gänseliesel. Einer von ihnen bließ in ein | |
| mitgebrachtes Blashorn, um den Redebeitrag zu unterbrechen. Mehrere | |
| Kundgebungsteilnehmer drängten die Personen daraufhin vom Marktplatz. Der | |
| Vorsitzende der DGB-Region Südniedersachsen-Harz, Lothar Hanisch, sprach | |
| den Personen einen Platzverweis aus. Störungen von Rechten könne er nicht | |
| tolerieren, sagte Hanisch. Er sprach von einer neuen Qualität der Agitation | |
| aus dem Burschenschafts-Milieu. | |
| DEMOS BISHER WINZIG | |
| 14.30, Bebelplatz, Mitte: 200 potenzielle Teilnehmer der "Mayday-Parade" | |
| lauschen den deutschen Protestsongs der Band "[2][the incredible | |
| Herrengedeck]" | |
| 14.20, Oranienplatz, Kreuzberg: Mit über einer Stunde Verspätung startet | |
| die erste sogenannte revolutionäre Mai-Demonstration in Kreuzberg. Der von | |
| türkischen, maoistisch-leninistischen Gruppen organisierte Aufzug hatte | |
| lange Zeit fast gar keine Teilnehmer gefunden, was selbst die Polizei | |
| verwunderte. Mittlerweile ziehen etwa 300 Demonstranten durch Kreuzberg. | |
| NPD ERSTMALS AUS DEM HÄUSCHEN | |
| 14.00, Mandrellaplatz, Köpenick: Die Teilnehmer des Nazi-Festes haben die | |
| Parteizentrale verlassen und sammeln sich für eine Kundgebung auf dem | |
| benachbarten Mandrellaplatz. Marschieren dürfen sie nicht. Eine | |
| Demonstration zum S-Bahnhof Spindlersfeld wurde ihnen von | |
| Polizeieinsatzleiter Michael Knape untersagt. In unmittelbarer Nähe rufen | |
| Gegendemonstranten hinter Absperrgittern: "Nazis raus!" | |
| 13.41, EXKURS nach Hannover: Rund 20.000 Menschen haben am 1. Mai in | |
| Hannover friedlich gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit | |
| demonstriert. Die Polizei sprach von 12.000 Teilnehmern, die Veranstalter | |
| von 25.000. "Das ist ein deutliches und ansteckendes Signal", sagte | |
| Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) bei einer | |
| Kundgebung. Hannover und Niedersachsen positionierten sich damit klar gegen | |
| Rassismus. Anlass waren Pläne von Rechtsextremisten zu einem Aufmarsch mit | |
| mehr als 1.000 Teilnehmern am Mai-Feiertag in Hannover. Dieser war jedoch | |
| von Polizei und Justiz mit dem Hinweis auf drohende Gewalt untersagt | |
| worden. Die NPD hatte daraufhin bundesweit zu ihrem "Familienfest" nach | |
| Berlin-Köpenick mobilisiert. | |
| 13.40, Bebelplatz, Mitte: Vor zehn Minuten war offizieller Beginn der | |
| Auftaktkundgebung für die "Mayday-Parade". Auf dem Platz neben der | |
| Staatsoper tummeln sich jedoch mehr Touristen als Demonstranten. Erst gut | |
| 150 Paradenteilnehmer haben sich eingefunden. Sie spielen Frisbee oder | |
| legen - getreu dem diesjährigen Paraden-Konzept - Masken an. "Wir rechen | |
| auch nicht mit richtig vielen Teilnehmern", sagt eine Sprecherin. Die | |
| meisten seien ja noch in Köpenick. Die eigentliche Parade werde erst so | |
| gegen 15 Uhr los ziehen. | |
| 13.35, Brandenburger Tor: Das rund zweistündige Redenprogramm bei der | |
| DGB-Kundgebung ist durch. Jetzt spielt die Band "Die Busfahrer". | |
| POLIZEI VERHAFTET SS-BILDER | |
| 13.30, vor der NPD-Zentrale, Köpenick: Ein Polizeisprecher teilt mit: In | |
| der NPD-Bundeszentrale wurden elf Bilder mit SS-Totenköpfen und Runen | |
| beschlagnahmt - wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen. Die | |
| Zahl der Festnahmen bei der Gegendemo liege derzeit "im mittleren | |
| zweistelligen Bereich". | |
| 13.20, NPD-Zentrale, Köpenick: Gerade mal 200 Rechtsextreme drängeln sich | |
| im Innenhof der NPD-Bundeszentrale auf Bierbänken bei Grillfleisch und | |
| müden Reden. Draußen vor dem Haus auf der Seelenbinderstraße plaudert | |
| Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch entspannt mit Kollegen. Sein | |
| Einsatzleiter spricht von einem insgesamt sehr friedlichen Verlauf. Das | |
| Polizeikonzept habe sehr gut gegriffen. Die Gegendemo mit - laut Polizei | |
| inzwischen - rund 1.500 Teilnehmern ist derweil weitergezogen. Die | |
| Veranstalter selbst haben 3.000 Teilnehmer gezählt. | |
| 12.50, Brandenburger Tor: Der Berliner DGB-Vorsitzende Dieter Scholz greift | |
| in einer historischen Rede über den Kapitalismus auf die Spekulationskrise | |
| mit Tulpen in den Niederlanden im Jahr 1637 zurück. "Spekulation im | |
| Kapitalismus ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel", sagt Scholz. | |
| Daraus müsse man Konsequenzen ziehen. Er fordert eine Renaissance des | |
| Sozialstaates und Umverteilung von oben nach unten. "Kapital und Vermögen | |
| müssen die Konsequenzen der Krise tragen, nicht die Arbeiter", ruft Scholz. | |
| "Wenn es denn so einfach wäre", kommentiert ein Kundgebungsteilnehmer. | |
| Schließlich hätten auch die Arbeiter und der Mittelstand vom Wohlstand | |
| profitiert. Den größten Applaus erntet Scholz für seine Forderung nach mehr | |
| Mitbestimmung in der Wirtschaft. | |
| 12.30 Uhr, Straße des 17.Juni: Eine Gruppe von Tamilen fordert mitten in | |
| der Gewerkschaftsdemo "Freiheit für Sri Lanka". "Keine Vergewaltigung von | |
| Minderjährigen" steht auf einem Plakat, auf einem anderen das Bild eines | |
| Mannes in Militärkleidung mit Munitionsgürtel, darüber steht: "Prabhakaran, | |
| unser Präsident". Nach einer Viertelstunde ziehen sie geschlossen wieder | |
| ab. | |
| ANTIFA APPLAUDIERT DER POLIZEI | |
| 12.29, Kinzerallee: Nachdem ein Anwohner minutenlang auf seinem Balkon den | |
| Hitler-Gruß gezeigt hat, wird er von Demonstranten mit Steinen angegriffen. | |
| Die Polizei geht gegen die Antifademo vor. Die Situation droht zu | |
| eskalieren. Dann verhaftet die Polizei den Balkonsteher - und erntet | |
| heftigen Applaus aus der Demonstration. Danach beruhigt sich die Lage | |
| wieder. | |
| 12.20, Kinzerallee, Köpenick: Die Gegendemonstration hat die | |
| Seelenbinderstraße überquert. Teile der Demonstranten vermummen sich. Der | |
| schwarze Block versucht nun über die Kinzerallee von hinten Richtung | |
| NPD-Zentrale zu gelangen. | |
| 12.10, Bahnhof Köpenick: Vom Bahnhof startet einen Demonstration gegen das | |
| Nazi-Fest. Vorneweg mischen sich die Fahnen von Antifa, DKP, SPD und | |
| Grünen. Dahinter laufen viele ganz normale Bürger, auch ältere Leute mit | |
| Richtung NPD-Zentrale in der Seelenbinderstraße. | |
| 12.10 Uhr, Straße des 17.Juni: Am Stand der IG-Metall und ihrer Kampagne | |
| "Gemeinsam für ein gutes Leben" streiten sich ein Westberliner Linker und | |
| ein Ostberliner über die Zukunft des Kapitalismus. Man müsse das System | |
| abschaffen, meint der eine, der andere glaubt an den humanen Kapitalismus. | |
| 12.00, Bahnhof Köpenick: Mit der ersten wieder eingefahrenen S-Bahn ist | |
| rund ein Dutzend Nazis angekommen. Sie werden unter Polizeischutz durch | |
| einen Nebenausgang zum Elcknerplatz herausgeführt. | |
| 11.55, Bahnhof Köpenick: Mittagszeit. Der Thai-Imbiss vor dem Bahnhof macht | |
| das Geschäft seines Lebens. Die Gegendemonstranten stehen Schlange zum | |
| Nudelfassen. Auf die Anfrage einer Journalistin sagt der viel beschäftigte | |
| Betreiber nur: "Hinten anstellen!" | |
| 11.50, Köpenick: Laut Polizei sind aktuell 200 Teilnehmer beim NPD-Fest im | |
| Hinterhof der Parteizentrale und 650 Menschen bei der Gegendemo. Vor Ort | |
| erscheint das wesentlich mehr. Der Bahnhof ist mittlerweile geräumt, erste | |
| Züge fahren wieder ein. | |
| 11.50, Brandenburger Tor: Ein Sprecher sagt, mittlerweile seien 20.000 bei | |
| DGB-Kundgebung. Die Verdi-Jugend und weitere Fahnenträger laufen ein, auf | |
| Transparenten wird der Mindestlohn gefordert. Ein Sprecher begrüßt speziell | |
| die Türken, da in der Türkei der 1. Mai erstmals Feiertag sei. Viele | |
| Touristen mit Bratwurst bestaunen die DGB-Demonstranten. Die rufen: "Hoch | |
| die internationale Solidarität." | |
| 11.20, Mandrella-Platz, Köpenick: Vom NPD-Maifest ist nichts zu sehen, | |
| außer den Straßensperren der Polizei. Journalisten müssen durch drei | |
| Kontrollen, um auf den leeren Platz zu gelangen. Das eigentliche Fest der | |
| Nazis soll im Hof der benachbarten NPD-Parteizentrale stattfinden. "Da | |
| werden schon Leute drin sein", sagt ein Polizist. Wieviele ist jedoch auch | |
| ihm unklar. | |
| MOMPER LOBT ZIVILEN UNGEHORSAM | |
| 11.10, Bühne vor dem Bahnhof Köpenick: Abgeordnetenhauspräsident Walter | |
| Momper (SPD) lobt den zivilen Ungehorsam, der die Anreise von NPD-lern | |
| erschwert habe. | |
| 10.35, Bahnhof Köpenick: Die Polizei beginnt den Bahnhof zu räumen. Einige | |
| Demonstranten werden weggetragen, andere flüchten über die Gleise. Auch | |
| Evrim Baba, Abgeordnete der Linken, wird weggeräumt. Die Demonstranten | |
| skandieren: "Wir sind friedlich, was seid ihr?" Die Bahn lässt durchsagen., | |
| dass der Zugverkehr in beide Richtung bis auf weiteres ausgesetzt ist. | |
| 10.28, Brandenburger Tor: Mit Motorrad, Fahrrad oder auf Skates sind gerade | |
| mal ein paar hundert Gewerkschaftler dem Aufruf des DGB gefolgt, vom | |
| Wittenbergplatz zum Brandenburger Tor zu demonstrieren. Es sind fast | |
| ausschließlich ältere Menschen zu sehen, jüngere sind allenfalls als | |
| Begleiter ihrer Eltern anwesend. "Es ist erstaunlich, dass selbst jetzt in | |
| der Krise die Leute so ruhig bleiben", sagt eine Betriebsrätin der | |
| Bundesdruckerei. "Die Krise ist halt noch nicht durchgeschlagen", meint ein | |
| ehemaliger Nokia-Mitarbeiter. | |
| ANTIFA BESETZT BAHNHOF | |
| 10.20, Bahnhof Köpenick: Mehrere hundert Antifas besetzen den Bahnhof | |
| Köpenick, an dem viele NPD-Anhänger auf dem Weg zu ihrem Mai-Fest erwartet | |
| wurden. Rund 30 Teilnehmer einer Sitzblockade am Bahnhofsausgang wurden von | |
| der Polizei weggetragen. Weitere Aufrufe der Polizei den Bahnhof zu | |
| verlassen werden mit Buh-Rufen quittiert. | |
| 9.43, Bahnhof Ostkreuz: Der Bahnsteig Richtung Köpenick ist gänzlich | |
| vollgestopft mit Schwarzgekleideten, roten Fahnen und Trommlern. Sie wollen | |
| nach Köpenick fahren, um das Mai-Fest der NPD zu verhindern. Ihr Aufruf: | |
| Leistet zivilen Ungehorsam. Wenig später startet eine bis zum Rand mit | |
| Antifas gefüllte S-Bahn. | |
| 9.30, Brandenburger Tor: Auf der Ostseite fotografieren die Touristen. Auf | |
| der Westseite wartet die Jugend des DGB auf erste Anweisungen zum | |
| Flyer-Verteilen. Die Kundgebung soll hier gegen 11 Uhr starten. Die ersten | |
| Gewerkschaftler trinken ein erstes Bier. | |
| 8:29, Polizeimeldung: In der Nacht zum 1. Mai ist es in Berlin wie in den | |
| Vorjahren zu Ausschreitungen gekommen. Nach Mitternacht stand im Stadtteil | |
| Friedrichshain eine teils aggressive und betrunkene Menge von rund 200 | |
| Personen der Polizei gegenüber. Die Beamten wurden mit Flaschen und Steinen | |
| beworfen. In zwei Straßen wurden Gegenstände in Brand gesteckt. Insgesamt | |
| nahm die Polizei bis zum Morgen 49 Randalierer fest, 48 Beamte wurden | |
| zumeist leicht verletzt. Dennoch sprach die Polizei von einer weitgehend | |
| friedlichen Walpurgisnacht. Schwere Krawalle wie in früheren Jahren seien | |
| ausgeblieben. Im Mauerpark in Prenzlauer Berg war es hingegen friedlich | |
| geblieben. Hier feierten rund 2.000 bis tief in die Nacht. Auch am | |
| Boxhagener Platz in Friedrichshain feierten rund 2000 Menschen friedlich. | |
| Bei vereinzelten Ausschreitungen erteilten die Polizisten Platzverweise, | |
| ein Großteil der Versammlung löste sich auf. Gegen 3.00 Uhr am | |
| Freitagmorgen hatte die Polizei am Wismarplatz in der Nähe des Boxhagener | |
| Platzes noch rund 100 Personen eingekesselt. Von einzelnen Randalierern | |
| sollten die Personalien festgestellt werden. Zunächst hatte sich die | |
| Polizei zurückgehalten, dann griff sie Störer gezielt heraus. Die | |
| offizielle Bilanz der Polizei findet sich [3][hier.] | |
| 8.00, Prinzenbad Kreuzberg: Raus zum 1. Mai? Zunächst mal rein ins Wasser! | |
| Aber mit dem Anbaden in Berlins beliebtesten Sommerbad wird es erstmal nix. | |
| Die Chloranlage ist defekt. Die enttäuschten Gäste, darunter der neue | |
| Pressesprecher der Berliner Bäder Betriebe (BBB), Matthias Oloew trösten | |
| sich in der Cafeteria mit Sekt und Kuchen. Als man sich aufmacht zu gehen, | |
| kommt doch noch die ersehnte Ansage: "Bahn frei". | |
| 1 May 2009 | |
| ## LINKS | |
| [1] /regional/berlin/aktuell/artikel/1/49-festnahmen-am-vorabend/ | |
| [2] http://www.myspace.com/herrengedeck | |
| [3] http://www.berlin.de/polizei/presse-fahndung/archiv/126819/index.html | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Iran | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| DGB-Landeschef über seine Flucht: „Mit 40 Pfennig nach Dänemark“ | |
| Mehrdad Payandeh floh aus dem Iran, arbeitete in Deutschland erst im | |
| Quelle-Lager und ist jetzt Chef des DGB in Niedersachsen und Bremen. | |
| Prozess wegen angeblichen Steimwurf: Der lange Schatten des 1. Mai | |
| Ein türkischer Berliner soll am 1. MAi 2009 einen Stein auf Neonazi | |
| geworfen haben und hat dafür ein Jahr Haft bekommen. Jetzt kämpft er im | |
| Berufungsprozess um seinen Freispruch. | |
| Nach dem 1. Mai in Berlin: Haftbefehl wegen Mordversuchs | |
| Staatsanwaltschaft wirft vier Männern Mordversuch an Polizisten vor. Sie | |
| sollen Brandsätze geworfen haben. Die Übergriffe überschatten den | |
| Gesamteindruck des Abends. | |
| FDP-Kritik am Polizeieinsatz: "Es wird ein Nachspiel geben" | |
| Massiv angreifende Demonstranten standen teilweise unkoordiniert | |
| vorgehenden Polizisten gegenüber, bilanziert Björn Jotzo, innenpolitischer | |
| Sprecher der FDP-Fraktion. | |
| Demo-Anmelder unzufrieden: "Führungslose Polizei" | |
| Die Krawalle seien auch Schuld der Polizei, sagt Kirill Jermak, der | |
| Anmelder der 18-Uhr-Demo. Die Beamten wären rigider vorgegangen als früher. | |
| Bilanz des 1. Mai in Berlin: Mehr Gewalt als in den Vorjahren | |
| Die Ausschreitungen in Berlin am 1. Mai waren laut dem Berliner | |
| Innensenator ausschließlich "Randale" - und keine sozialen Unruhen. | |
| ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN (3): Feierabend mit Scherben | |
| Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 3): Berichte vom Nachmittag und | |
| Abend. | |
| ++ LIVETICKER ++ DER 1. MAI IN BERLIN ++ (1): 50 Festnahmen in friedlicher Walp… | |
| Alles rund um den 1. Mai in Berlin (Teil 1): Aktuelle Berichte aus der | |
| Walpurgisnacht in Friedrichshain und Kreuzberg. |