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# taz.de -- Kommentar Pflege: Abgeschoben ins Private
> Heime und ambulante Pflegestationen, ja der gesamte Pflegebereich muss
> ausgebaut und finanziell besser ausgestattet werden. Denn Pflege ist
> etwas für Profis.
Bild: Fachkräfte fehlen überall in der Pflege
Dass Kristina Schröder Familien bei der Pflege von Angehörigen stärker
unterstützen will, ist richtig. Denn unsere Gesellschaft altert rapide und
braucht deshalb mehr Generationensolidarität. Die Frage, wer Menschen im
Alter pflegt, wird dabei immer wichtiger. Doch das Modell der
Familienministerin, über das sie zurzeit mit Pflege- und
Wirtschaftsverbänden debattiert, ist zu kurz gedacht. Es geht am Alltag
vieler Familien vorbei und verkennt die gesellschaftliche Realität.
Kristina Schröder schlägt vor, Arbeitnehmer sollten für zwei Jahre ihre
Arbeitszeit reduzieren dürfen, um Verwandte zu pflegen. Doch Angehörige,
die Verwandte pflegen, kümmern sich im Schnitt acht Jahre lang um sie. Die
Ministerin will die Pflege zu Hause erleichtern - aber viele ältere
Menschen können aufgrund bestimmter Krankheiten gar nicht zu Hause betreut
werden, selbst wenn ihre Familien das vielleicht wollten. Die meisten
pflegenden Angehörigen sind außerdem über 50, sie leisten physisch und
psychisch Schwerstarbeit. Häufig werden sie danach selbst zum Pflegefall.
Und es sind in der Regel die Frauen, die Verwandte pflegen. Eine
Pflegeteilzeit stellt für sie ein Karrierehemmnis und einen Nachteil bei
der Rente dar. Oft sind pflegende Angehörige zudem überfordert, weil sie
für die Pflege nicht ausgebildet sind. Kurz: Pflege ist etwas für Profis.
Kristina Schröder möchte ein gesellschaftliches Problem durch mehr privaten
Einsatz lösen. Besser aber wäre es, Heime und ambulante Pflegestationen, ja
den gesamten Pflegebereich auszubauen und finanziell besser auszustatten.
Alten- und Pflegeheime brauchen mehr Personal, das angemessen bezahlt wird
und genügend Zeit zur Erholung bekommt. Stattdessen herrscht allerorts ein
Pflegenotstand: Er hat dazu geführt, dass Patientinnen und Patienten in
manchen Einrichtungen und von manchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
schlecht behandelt wurden.
Ähnliches gilt für die ambulanten Pflegedienste: Für das "An- und
Auskleiden im Zusammenhang mit dem Verlassen der Wohnung sowie Hilfe beim
Treppensteigen" können ambulante Pflegedienste rund 3 Euro abrechnen, für
die "kleine Reinigung der Wohnung" etwa 4 Euro. Das ist Pflege auf
Sparflamme. Kristina Schröder will das eigentlich ändern, doch dazu reicht
ihr Modell längst nicht aus.
19 Mar 2010
## AUTOREN
Simone Schmollak
## TAGS
Rentner
Alten- und Pflegeheime
Pflege
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